403. Brief — An Don Laurentius de Cepeda, ihren Neffen, in Amerika
Ávila, am 15. Dezember 1581
Glückwunsch zu seiner Verehelichung und Aufforderung, an Doña Orofrisia zu schreiben. Vollkommenheit der kleinen Theresia. Armut des Klosters zum heiligen Joseph. Rat für Augustin de Ahumada.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Ihnen, mein Sohn!
Ihren Brief habe ich erhalten. So hoch mich auch die Nachricht von dem großen Glück, das Ihnen Gott zuteil werden ließ, erfreute, so hat sich doch mein Kummer wieder erneuert angesichts des Schmerzes, den Sie billigerweise [über den Tod Ihres Vaters] empfinden. Da ich Ihnen schon ausführlich über den Tod meines Bruders — Gott habe ihn selig! — Nachricht gegeben habe, so will ich diesmal die schmerzlichen Wunden nicht wieder aufreißen. Es tat mir sehr leid, sehen zu müssen, daß die Angelegenheiten in einer meinen Wünschen ganz entgegengesetzten Weise sich abwickelten. Dem Don Franz ist es indessen, wie ich Ihnen schon mitgeteilt habe, geglückt, eine ausgezeichnete Ehe zu schließen, und das war für mich ein großer Trost; denn seine Gemahlin ist nicht nur nach allen Seiten hin mit den vornehmsten Familien Spaniens verwandt, sie ist auch persönlich mit Eigenschaften ausgestattet, die allein schon hinreichen, die Wahl eine glückliche zu nennen. Schreiben Sie ihr, bitte, in aller nur möglichen Liebenswürdigkeit, und bezeigen Sie ihr Ihre Hochachtung durch irgendein Geschenk! Denn sie verdient es. Hätte Don Franz nur ein großes Vermögen, so wäre er, ich versichere Sie, sehr glücklich in seiner Ehe. Allein nachdem er die testamentarischen Bestimmungen seines seligen Vaters erledigt, die Mitgift der Theresia und die Schulden ausbezahlt hatte, blieb ihm nur ein geringes Vermögen, und ich weiß nicht, wie er leben kann, wenn Gott nicht Hilfe schafft.
Gott sei immerdar dafür gepriesen, daß er Ihnen eine so große
Gnade erwiesen hat, indem er Ihnen eine Gemahlin zuführte, mit der Sie in vollkommenem Frieden leben können. Ich beglückwünsche Sie von ganzem Herzen; es ist für mich ein großer Trost, denken zu können, daß Sie glücklich sind. Der Doña Maria entbiete ich stets meine ehrfurchtsvollen Grüße; sie besitzt hier jemanden, der für sie betet, und eine Menge Schwestern, die sie Gott empfehlen. Wir hätten den innigsten Wunsch, uns an ihrer Gegenwart erfreuen zu können. Aber wenn sie zu diesem Zwecke unsere Leiden teilen müßte, so wäre es mir lieber, sie dort in Frieden als hier in Ávila leiden zu sehen.
An Ihrer [Schwester] Theresia von Jesu erlebe ich nur Freude. Sie ist bereits eine vollkommene Frau und nimmt beständig an Tugend zu. Sie dürfen ihre guten Ratschläge wohl annehmen. Ich mußte unwillkürlich lachen, als ich den Brief sah, den sie an Sie richtete. Gott legt ihr in der Tat die Worte in den Mund, und sie handelt genau so, wie sie spricht. Möge Gottes Hand sie führen! Sie ist für alle Schwestern ein Gegenstand der Erbauung. Ihr Urteil ist sicher, und sie scheint zu allem geeignet zu sein. Unterlassen Sie nicht, ihr zu schreiben, da sie sehr verlassen ist! Wenn ich an die Liebe und an die Zärtlichkeiten denke, die ihr Vater ihr erwies, so empfinde ich inniges Mitleid mit ihr, da niemand mehr an sie denkt, um ihr Liebe zu erweisen; Don Franz liebt sie zwar sehr, aber er kann weiter nichts für sie tun.
Didakus Suárez hat sich in seinem Briefe weit mehr verbreitet
als Sie und Ihr Bruder, um uns von den Eigenschaften der Doña Maria und von all Ihren Erfolgen zu erzählen. In Anbetracht Ihrer so weiten Entfernung von uns sind Ihre Briefe all zu kurz. Es ist ein großes Werk der Barmherzigkeit Gottes, daß Sie es so gut getroffen haben und Sie sich so bald verheiraten konnten. Denn Sie begannen schon frühzeitig mutwillig zu werden, so daß uns mit Ihnen große Schwierigkeiten erwachsen wären. Darin erkenne ich, wie sehr ich Sie liebe. Ich bin gewiß tief betrübt über die Beleidigung, die Gott zugefügt wurde; aber wenn ich bedenke, daß dieses Mädchen Ihnen so sehr gleicht, muß ich es bewillkommnen und innig lieben. Es ist auffallend, wie sehr dieses Kind an die Geduld der Theresia erinnert, so klein es auch ist. Möge Gott aus ihm eine treue Dienerin machen! Denn es trägt keine Schuld. Sie dürfen darum nichts vernachlässigen, damit es gut erzogen wird. Wenn dieses Kind älter wäre, würde es da nicht gut erzogen werden, wo es sich fest befindet; bei seiner Tante wäre es besser aufgehoben. Wir wollen abwarten, um zu sehen, was Gott mit ihm vorhat. Sie können von Zeit zu Zeit eine gewisse Summe Geldes hieher senden, da Ihnen ja Gott solches gegeben hat. Man würde es anlegen und die Zinsen zum Unterhalte dieses Kindes verwenden. Sobald es zwölf Jahre alt ist, wird Gott bestimmen, was mit ihm zu geschehen hat. Denn es ist etwas Großes für eine Seele, wenn sie tugendhaft erzogen wird. Wir hätten also auf diese Weise hier ein Einkommen, um für die Bedürfnisse dieses Kindes zu sorgen. Gewiß verdient es diese Sorge; denn es ist sehr artig, und so klein es auch ist, so möchte es doch nicht fort von hier.
Es wäre nicht nötig gewesen, uns Geld für diesen Zweck zu senden, wenn sich das Kloster augenblicklich nicht in der größten Not befinden würde. Denn der verstorbene Don Franz de Salcedo — Gott habe ihn selig! — hat uns zwar ein Vermächtnis hinterlassen, aber es ist für unseren Unterhalt ganz unbedeutend und reicht nicht einmal hin, um das Nachtessen zu bestreiten; sobald diese Bestimmung bekannt wurde, nahmen alle bisherigen Almosen ein Ende. Mit der Zeit wird sich diese Lage wohl bessern; aber bis jetzt hat man uns noch nichts gebracht, und wir leiden viel. Mit der Mitgift der Theresia wird uns sehr viel geholfen, wenn ihr Gott die Gnade verleiht, die Ordensgelübde abzulegen, wonach sie großes Verlangen trägt.
Was mich betrifft, so geht es mir manchmal besser als sonst gewöhnlich. Gott hat seit Ihrer Abreise ein Kloster der unbeschuhten Karmelitinnen in Palencia, ein weiteres in Soria und neuestens eines in Granada gegründet. Nach Weihnachten werde ich von hier abreisen, um das Kloster in Burgos zu gründen; ich hoffe mit Gottes Hilfe, bald wieder nach Ávila zurückzukommen.
Augenblicklich erwarte ich meine Schwester und ihre Tochter. Sie befinden sich in solcher Armut, daß Sie das innigste Mitleid mit ihnen haben müßten. Ich bedauere Doña Beatrix aufrichtig; sie möchte gerne Nonne werden, allein sie hat keine Mitgift. Es wäre ein großes Almosen für sie, wenn Sie ihr etwas schicken könnten; mag es auch noch so wenig sein, so hat es doch für sie eine große Bedeutung. Ich brauche kein Geld; ich benötige nur die Hilfe Ihres Gebetes, um von Gott die Gnade für mich zu erlangen, seinen Willen in allem zu vollziehen. Möge er Sie beide zu hoher Heiligkeit führen! Alles andere geht bald vorüber.
Alle Schwestern des hiesigen Klosters und besonders Mutter [Maria] vom heiligen Hieronymus lassen Sie herzlichst grüßen; wir werden nicht unterlassen, Sie Gott zu empfehlen. Da Sie den Namen eines so ausgezeichneten Vaters tragen, so bemühen Sie sich auch, mein Sohn, Werke zu vollbringen, die seiner würdig sind!
Wenn dieser Brief bei Ihnen ankommt, wird mein Bruder Augustin de Ahumada Ihren Mitteilungen gemäß wohl schon auf der Rückreise sich befinden. Möge Gott ihn glücklich heimführen! Sollte er noch nicht abgereist sein, so bitte ich, ihm diesen Brief zu übersenden; heute gestattet mir mein Kopf nicht mehr zu schreiben. Wenn er nicht die nötigen Mittel zu seinem Lebensunterhalt mitbringt, so wird er, ich versichere Sie, in große Verlegenheit kommen; er wird auf niemand rechnen können, der für seine Bedürfnisse aufkommt. Für mich aber wird es sehr schmerzlich sein, ihm nicht helfen zu können.
Der Vizekönig ist schon zurückgekehrt. Dem Pater García geht es gut, aber ich habe ihn noch nicht gesehen. Es ist sehr unklug von meinem Bruder Augustin, daß er bei seinem vorgerückten Alter noch eine so gefahrvolle Expedition unternimmt, bloß zu dem Zwecke, um sich Vermögen zu erwerben; er sollte setzt an sonst nichts denken, als sich auf die Reise in den Himmel vorzubereiten. Möge uns Gott dorthin führen und Sie so heilig machen, wie ich ihn darum bitte! Amen, Amen. Meine herzlichsten Grüße an alle dortigen Herren und Damen! Weiter will ich Ihnen nichts mitteilen, sondern mich berufen auf den Brief der Theresia von Jesu. Tun Sie, was sie Ihnen rät, und ich werde zufrieden sein!
Aus unserem Kloster zum heiligen Joseph in Ávila am 15. Dezember des Jahres 1581.
Ihre Dienerin
Theresia von Jesu
