313. Brief — An die Mutter Maria vom heiligen Joseph, Priorin in Sevilla
Malagón, am 8. und 9. Februar 1580
Betrübnis über einen Unfall des Paters Pantoja. Verschiedene Ratschläge zur guten Leitung des Klosters in Sevilla. Ankauf eines neuen Hauses. Sonstige Angelegenheiten dieses Klosters.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Euerer Ehrwürden, meine Tochter!
Heute, am 8. Februar, erhielt ich den Brief, den Sie mir zuletzt
geschrieben haben und der vom 21. Januar datiert ist. Die Nachricht von dem Unfall, der unserem heiligen Prior zugestoßen ist, hat mich aufs tiefste betrübt, und es würde mich, wie ich glaube, mehr schmerzen, wenn er an den Folgen dieses Unfalles sterben müßte, als wenn ihn Gott infolge seines hohen Alters oder einer Krankheit zu sich nähme. Doch ich erkenne, daß dies ein törichtes Gerede ist; denn je mehr er zu leiden hat, um so mehr Gewinn wird er daraus ziehen. Allein wenn ich bedenke, wieviel ich ihm schulde und wieviel Gutes er uns erwiesen hat, so muß ich es sehr bedauern, daß bald wieder ein Heiliger von dieser Erde scheidet, während jene, die nur Gott zu beleidigen wissen, am Leben bleiben. Seine Majestät verleihe ihm, was seiner Seele am meisten zuträglich ist! Um dies sollen wir, die wir ihm so vieles verdanken, den Herrn bitten, anstatt an den Verlust zu denken, den Ihr Kloster durch seinen Tod erleidet. Wir alle werden ihn recht angelegentlich Gott empfehlen. Es tut mir nur leid, daß ich nicht weiß, wie Sie nach la Roda oder nach dem nahe dabei gelegenen Villanueva de la Jara über sein Befinden Nachricht geben können. Es wäre ein Wunder, wenn Gott ihn wieder aufkommen ließe.
Sie nehmen an, daß unsere Klöster Ihnen gegenüber es an der nötigen Aufmerksamkeit fehlen ließen, weil sie Ihnen nicht geschrieben haben; doch wenn sie es getan hätten, so wäre es nur eine Art Kompliment gewesen, dergleichen bei uns vermieden werden muß. Aber seien Sie überzeugt, daß alle Schwestern sich sehr angelegen sein ließen, Sie Gott zu empfehlen, und alle großes Mitleid mit Ihren Prüfungen hatten. Als ich ihnen aber mitgeteilt hatte, daß der Herr in allem wieder seine hilfreiche Hand geboten habe, waren sie alle hocherfreut. Es ist jedoch auch so viel gebetet worden, daß ich mich der frohen Hoffnung hingeben kann, man werde jetzt in Ihrem Kloster mit neuem Eifer dem Herrn dienen; denn das Gebet bringt immer Nutzen.
Die Krankheit der neuen Subpriorin bedauere ich sehr. Weil ich meinte, sie sei noch so gesund wie früher, so hatte ich den Wunsch, sie sollte dieses Amt übernehmen, damit Sie ihr einen Teil Ihrer Mühe und Arbeit übertragen könnten. Wie ich von einem erfahrenen Arzte vernommen habe, trinken die Leute, die hier an diesem Übel leiden, vier oder fünf Schluck Rosenwasser, und zwar so oft, als es wiederkehrt, und es soll ihnen sehr wohl bekommen. Ich selbst habe seine guten Wirkungen schon erfahren, während mir der Genuß des Orangenblütenwassers sehr geschadet hat. Daran riechen, ist zwar herzstärkend, aber trinken kann ich es nicht. Empfehlen Sie mich dieser Schwester recht sehr! Aber trotz ihres Leidens hoffe ich zu Gott, daß sie ihr Amt gut versehen werde. Geben Sie ihr nur immer Ihre Vollmacht, wenn Sie am gemeinschaftlichen Leben nicht teilnehmen können, und strafen Sie die Nonnen, wenn sie ihr nicht gehorchen, ebenso als wenn sie sich Ihnen widersetzten; denn dies wird ihr Ansehen heben und ist durchaus notwendig.
Um die Schwester Eleonora war ich immer etwas besorgt. Sie tun gut, wenn Sie ihr gegenüber vorsichtig sind, ich will sagen, wenn Sie sich in acht nehmen. Denn sie könnte mit ihrer Base gemeinsame Sache machen. Die Alte, die mich am meisten dauert, scheint mir sehr aufrichtig zu sein. Empfehlen Sie mich ihr vielmals!
Dem Serrano gab ich einen langen Brief an Euere Ehrwürden mit; er will bald wieder nach Sevilla zurückkehren, weil er sich, wie er mir sagte, hier nicht niederlassen kann. Nehmen Sie sich seiner an! Er hat nämlich dem Lizentiaten, wie ich von ihm erfuhr, seine Absicht, nach Indien zu gehen, mitgeteilt; dies würde mir recht leid tun, da es eine Torheit wäre. Ich kann ihm nie genug danken für die treuen Dienste, die er Ihnen zur Zeit jener großen Prüfungen erwiesen hat. Durch ihn sandte ich auch einen Brief an Pater Nikolaus, der nach meinem Dafürhalten noch nicht abgereist ist; ich habe indessen seine Briefe nicht in Händen, um mich dessen zu versichern. Über die Klosterstiftung, zu der ich mich begebe, habe ich Ihnen schon ausführlich Mitteilung gemacht.
In einem meiner Briefe an Pater Prior glaube ich erwähnt zu haben, daß man über den Ankauf eines Hauses nicht in Unterhandlung treten sollte, bis es Euere Ehrwürden in Augenschein genommen und genau geprüft hätten; dazu wird Ihnen unser Oberer ohne Anstand die Erlaubnis erteilen. Denken Sie nur daran, wie es uns das erstemal in Sevilla ergangen ist, und vergessen Sie nicht, wie wenig die dortigen Patres es verstehen, ein Haus auszusuchen, das für uns passend ist. Alles will seine Zeit haben, und mit Recht sagt das Sprichwort: Zuvor getan und nach bedacht...
Behalten Sie immer die Fallstricke im Auge, die der Teufel zur
Vernichtung Ihres Klosters gelegt, sowie auch, was wir erdulden mußten, um es zu erhalten! Unternehmen Sie darum nichts, ohne vorher sich hinreichend bei anderen erkundigt und die Sache reiflich überlegt zu haben! Dem Prior in Sevilla würde ich bei derlei Geschäftsangelegenheiten wenig Vertrauen schenken. Denken Sie ja nie, daß es einen Menschen gebe, der sich über die Besserung Ihrer Lage so sehr freuen könnte wie ich. Aber beachten Sie stets, daß eine gute Aussicht einer schönen Lage vorzuziehen ist und womöglich auch ein Garten erworben werden soll.
Die unbeschuhten Franziskanerinnen von Valladolid glaubten sehr klug zu handeln, als sie ihr früheres Kloster verließen und dafür ein anderes in der Nähe des Gerichtshofes bezogen. Aber sie sind noch bis zum heutigen Tage mit Schulden überlastet und in größter Bedrängnis. Sie sind gleichsam in einer Höhle eingeschlossen, wissen nicht, was sie anfangen sollen, und können sich kaum rühren, ohne daß man sie hört. Ich liebe Sie wahrhaftig mehr, als Sie sich denken, ja ich liebe Sie zärtlich, und darum wünsche ich, daß Sie es in allem, besonders in einer so wichtigen Sache, gut treffen möchten. Das schlimmste ist nur dies, daß ich an einer Person um so weniger einen Fehler ertragen kann, je mehr ich sie liebe. Ich sehe wohl ein, daß dies eine Torheit ist; denn durch Fehler gewinnt man an Erfahrung. Allein wenn die Fehler groß sind, muß man auch deren Folgen auf sich nehmen; darum ist es gut, wenn man mit Furcht zu Werke geht.
Ich bedauere sehr, daß Sie noch Renten zu bezahlen haben; es ist dies eine große Last, und man kommt dabei nicht vorwärts. Allein weil der Pater Prior dies für gut hält, muß es wohl das bessere sein. Möge der Herr hier bald Hilfe schaffen! Diese Lage führt zu großer Beunruhigung. Ich wünschte sehr, daß mein Bruder mit der Bezahlung noch zuwarten könnte, und ich bin überzeugt, daß er es auch tun würde, wenn er Sie in Not sähe, auch wenn die seinige noch größer wäre. Ich versichere Sie, daß ich niemals etwas von der Unterstützung gesagt habe, die Sie aus Indien erhalten haben. Er mußte in Valladolid viel Geld aufnehmen, das er jetzt zu verzinsen hat, und er hat einen Teil der Renten von den 1000 Dukaten, die er von Sevilla bezieht, verkauft, so daß er jetzt um 100 Dukaten weniger Einkommen hat. Darum hat er sich auf das von ihm erworbene Landgut zurückgezogen, um dort einfacher leben zu können. Da er viele Auslagen hat, an Überfluß gewohnt ist und sein Stand es ihm nicht erlaubt, jemand um etwas zu bitten, so ist er voll Kummer. Schon in zwei Briefen, die ich in Malagón erhielt, hat er mir diese seine Not geklagt. Ich bin daher sehr erfreut über das, was Euere Ehrwürden gaben, obwohl er nur um die Hälfte der Summe bat, und zwar unter der Bedingung, daß es Ihnen auf keine Weise schwerfiele. Empfehlen Sie ihn recht angelegentlich dem Gebete des Paters Prior!
Sie haben sich sehr freigebig gezeigt in Ihrer Spende für die Bedürfnisse des Ordens. Gott vergelte es Ihnen! In keinem Kloster hat man soviel beigesteuert außer in Valladolid, wo um 50 Dukaten mehr gespendet wurde. Ihr Geld kam gerade zur rechten Zeit an; denn ich wußte nicht mehr, was ich für unsere Väter tun sollte, die in Rom sich befinden. Sie klagen sehr, und gerade jetzt ist der Augenblick, wo ihre Anwesenheit in Rom überaus notwendig ist. Gott sei gepriesen für alles!
Senden Sie die Briefe an Pater Gracián! Er hat, wie er mir schrieb, dem Pater Nikolaus von dieser Angelegenheit Mitteilung gemacht. Es ist für mich ein großer Trost, daß wir wenigstens wieder an ihn schreiben können. Wenn er nach Sevilla kommt, so seien Sie, meine Tochter, ja in allem, was Sie tun, vorsichtig! Bedenken Sie, daß im Kloster sich jemand findet, der Sie beobachtet! Erinnern Sie sich, in welchen Gefahren wir uns wegen Mangel an Vorsicht befunden, obwohl wir dabei nur eine gute Absicht hatten! Wenn wir jetzt durch die Erfahrung, die uns so teuer zu stehen kam, noch nicht gewitzigt worden sind, dann weiß ich nicht, was aus uns noch werden wird. Um der Liebe unseres Herrn willen bitte ich Sie, ja nicht anders zu handeln, als ich gesagt habe. Seitdem Pater Gracián nicht mehr Visitator ist, haben wir nichts mehr für ihn zu fürchten in betreff der Nahrung, die man ihm geben wird. Es ist darum nicht notwendig, [ihm Speise vorzusetzen] wie damals, als er noch Visitator war.
Ich weiß nicht, wie Sie sagen können, ich hätte es im Geiste vorausgesehen, daß Sie mir Korporalien verfertigen. Sie haben mir dies ja selber geschrieben in dem Briefe, den mir Serrano überbracht hat. Schicken Sie mir jedoch diese noch nicht, bis ich sehe, ob wir sie nötig haben! Sie sorgen doch für alles. Gott behüte Sie und mache Sie recht heilig! Hindern Sie den Pater Prior nicht, zu kommen, und seien Sie nicht betrübt über seine Abreise! So lange die so wichtige Angelegenheit nicht zum Abschluß gekommen ist, wäre es unrecht, auf Ihr persönliches Interesse allein Rücksicht zu nehmen. Empfehlen Sie und Ihre Töchter diese Angelegenheit unablässig Gott, und beten Sie auch für mich! Ich bedarf jetzt mehr als sonst des Gebetes, damit die neue Stiftung zustande kommt. Nehmen Sie die Grüße von der Priorin und den Schwestern als empfangen an, da mich das Schreiben allzusehr ermüdet.
Heute ist der 9. Februar.
Euerer Ehrwürden Dienerin
Theresia von Jesu
Wenn Pater Nikolaus schon abgereist ist, um zu uns zu kommen, so zerreißen Sie, bitte, den beiliegenden Brief! Sie können ihn zwar lesen, wenn Sie wollen, aber dann zerreißen Sie ihn sofort!
Anschrift: An die Mutter Priorin vom heiligen Joseph in Sevilla.
