246. Brief — An Pater Hieronymus Gracián in Madrid
Ávila, am 19. August 1578
Reformangelegenheiten. Pater Waldemar und die Karmelitinnen zu Medina. Pater Mariano und die Jesuiten in Ávila.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Euerer Paternität, mein Vater!
Wir haben uns außerordentlich über den Brief gefreut, den Peter gebracht hat. Er ist ja voll guter Hoffnungen, die allem Anscheine nach sich verwirklichen müssen. Möge unser Herr sie erfüllen, wie es zu seiner größeren Ehre gereicht! Indessen kann ich doch nicht ohne Sorge sein, bis ich weiß, daß Paulus mit Mathusalem gesprochen hat und wie es ihm dabei ergangen ist. Ich bitte Euere Paternität um der Liebe willen, mir davon Nachricht zu geben, sobald Sie es in Erfahrung gebracht haben!
Recht tief betrübt bin ich über die Nachricht von dem Tode des so katholischen Königs von Portugal, und ich bin sehr unwillig über jene geworden, die es zuließen, daß er einer so großen Gefahr sich aussetzte. Die Welt erteilt uns auf alle mögliche Weise die Lehre, daß wir nur geringe Sicherheit in den Freuden finden, außer wir suchen sie im Leiden.
Suchen Euere Paternität mit allen möglichen Mitteln, wie Sie es für gut finden, und ohne Rücksicht auf die gestellten Bedingungen die Errichtung einer eigenen Provinz zu erwirken! Es wird dann zwar nicht an anderen Prüfungen fehlen; allein wir hätten wenigstens Ruhe, und dies wäre schon etwas Großes. Wenn jetzt auch die Beschuhten den Nuntius in derselben Angelegenheit dringend ersuchen würden, und sie täten es, wie ich glaube, auch gerne, so wäre das von großer Bedeutung. Ich wünschte, daß Sie es nicht unterließen, einen Versuch zu machen; denn wenn der Nuntius keinen Widerspruch von seiten der Beschuhten sieht, so wird er gerne dazu bereit sein. Uns hat die Antwort sehr gefallen, die er ihnen bezüglich ihres Verhaltens in Medina und bezüglich ihrer dringenden Bitten, die Nonnen möchten sich unter den Gehorsam ihres Provinzials stellen, gegeben hat. Dort befindet sich nämlich Pater Waldemar als Vikar. Er hat die nötige Stimmenmehrheit als Prior nicht erhalten, und so ernannte ihn der Provinzial zum Vikar, um dem dortigen Kloster wieder aufzuhelfen. Seit jenem Verfalle ist er auf die Mutter Priorin Alberta sehr schlecht zu sprechen. Diese Väter verbreiten das Gerücht, daß sie die Schwestern leiten wollen und anderes mehr. Was die Schwestern betrifft, so sterben sie vor Furcht, so sehr scheuen sie den Pater Waldemar. Ich aber habe sie schon beruhigt.
Wenn Euere Paternität es für gut erachten, daß wir uns dem Nuntius gegenüber auf irgendeine Weise erkenntlich zeigen, so wollen Sie es uns gütigst mitteilen! Berichten Sie uns auch um der Liebe willen recht bald, wie es Ihnen in der Besprechung mit dem Nuntius ergangen ist! Denn bis dahin bin ich fortwährend in Sorge, obgleich ich zum Herrn hoffe, daß so viele Gebete Erfolg haben werden und daß alles einen guten Ausgang nimmt.
Es hat mich sehr gefreut, daß Euere Paternität eine so gute Wohnung haben. Dies alles war für Sie wirklich notwendig, nachdem so viele Prüfungen über Sie ergangen sind. Ich wünschte, daß Sie in Begleitung des Grafen de Tendilla sich zum Nuntius begäben, wenn Sie den ersten Besuch bei ihm machen. Falls letzterer Ihre Entschuldigung annimmt, können Sie sich leicht gegen alle Verleumdungen rechtfertigen, die man über Sie ausgestreut hat. Ich für meine Person glaube sicher, daß der Nuntius, wenn sich eine angesehene Person für den Pater Johannes bei ihm verwendete, sogleich die Anordnung treffen würde, ihn freizulassen und ihn in eines unserer Klöster zu schicken; man dürfte ihm nur sagen, er möchte sich über die Tugenden dieses Paters erkundigen, und ihm zeigen, auf welch ungerechte Weise man ihn gefangenhalte. Ich weiß nicht, wie es kommt, daß sich niemand um diesen heiligen Mann annimmt. Die Fürstin de Eboli würde sich wohl gerne für ihn verwenden, wenn Pater Mariano sie darum ersuchen würde.
Die Väter der Gesellschaft drängen sehr, daß Pater Mariano kommt; denn sie benötigen ihn recht sehr. Wenn seine Anwesenheit in Madrid nicht notwendig ist, so bitte ich Sie um der Liebe willen, ihn zu senden; sie haben nämlich schon seit langem um ihn gebeten. Sie reichen jetzt beim Nuntius ein Bittgesuch ein, damit er ihm die Erlaubnis gebe. Die ganze Reise hierher und wieder zurück beträgt nur fünf oder sechs Tage; hier braucht er nicht länger als einen halben oder höchstens einen Tag zu bleiben. Vergessen Euere Paternität dies nicht bei Ihren anderweitigen Geschäften! Halten Sie es für ein großes Glück, daß Sie ihm den Auftrag geben können, ihnen diese Gefälligkeit zu erweisen; wenn auch die Sache, um die es sich handelt, von geringer Bedeutung zu sein scheint, so ist doch diesen Vätern sehr viel daran gelegen.
Ich weiß nicht, womit wir dem Don Didakus die große Liebe vergelten können, die er Ihnen erweist. Die Bezahlung dafür muß von oben kommen. Entrichten Sie ihm eine recht freundliche Empfehlung von mir und sagen Sie ihm, daß ich ihn bitten würde, er möchte Sie nicht verlassen, bis er Sie in Sicherheit gebracht habe; denn ich bin noch in Schrecken über jene Todesgefahren, die Ihnen auf Ihren Reisen begegnet sind. Der Herr wolle Euere Paternität in seiner göttlichen Güte vor solchen Gefahren bewahren! Ich empfehle mich in das Gebet der Doña Johanna; entrichten Sie dem Herrn Sekretär und den dortigen Damen meine Grüße! Ich wünschte recht sehr, daß wir ihnen nicht mehr zu so großen Leiden Ursache werden.
Ich teile Ihnen mit, daß unser Pater General an Doña Quiteria geschrieben hat, wie Sie aus beiliegendem Briefe ersehen werden. Gott verzeihe dem, der ihm in so übelwollender Weise berichtet hat! Erweist uns Seine Majestät die Gnade, daß eine eigene Provinz errichtet wird, so wird es angemessen sein, daß wir sogleich eine Deputation von einigen Patres an ihn senden, und ich glaube, daß wir noch seine besonderen Lieblinge werden. Seien wir indessen vor allem Lieblinge Gottes, dann mag kommen was da wolle! Der Herr behüte Euere Paternität! Amen.
Man läutet schon zur Mette; darum berichte ich nur noch, daß die Priorin und die Schwestern gesund sind. Alle leben in tiefem Frieden und empfehlen sich wie auch mein Bruder in Ihr Gebet. Sie sind sehr erfreut darüber, daß es mit unseren Angelegenheiten so gut vorangeht; die größte Freude für mich aber wäre, es möchte diese unselige Visitation, die mich soviel gekostet hat, einmal ein Ende nehmen, so daß Euere Paternität nichts mehr damit zu schaffen hätten. Aber trotz dieses sehnlichen Wunsches lebe ich immer in Furcht, es möchte ein so großes Glück nicht von langer Dauer sein.
Heute ist der 19. August.
Euerer Paternität unwürdige Dienerin und Tochter
Theresia von Jesu
