338. Brief — An die Priorin und die Nonnen des St.JosephsKlosters in Ávila
Valladolid, am 7. Oktober 1580
Verfügung über das Erbe des Don Laurentius. Erklärung über das Testament, insoweit es den jungen Don Laurentius betrifft. Guter Rat betreffs der Verwaltung des Gutes Serna.
Jhs
Jesus sei mit Euerer Ehrwürden!
Mit meiner Gesundheit steht es nicht besonders gut; allein wenn ich auch ganz gesund wäre, so ist dies doch kein Grund, mich in diesem Leben sicher zu fühlen, in dem alles so schnell vorübergeht. Darum hielt ich es für gut, Ihnen schriftlich folgende Bestimmung bezüglich dessen zu hinterlassen, was zu geschehen hat, falls Don Franz mit Gottes Hilfe die Ordensgelübde ablegt.
Die Urkunden bezüglich der Erbschaft des dortigen Klosters sind in voller rechtlicher Form ausgefertigt. Gott weiß es, wie viel Mühe und Sorge es mich gekostet hat, bis die Angelegenheit so weit gediehen war. Er sei dafür gepriesen, daß alles so glücklich abgeschlossen ist! Die diesbezüglichen Aktenstücke sind unumstößlich. Sie werden in diesem Kloster in dem mit drei Schlüsseln verschließbaren Kasten aufbewahrt. Weil ich sie manchmal brauche, darum schicke ich sie jetzt nicht. Bei ihnen befindet sich auch das Testament meines seligen Bruders und alle übrigen Papiere, die zur Protokollaufnahme der Aktenstücke notwendig waren. Von hier wird man sie Ihnen später schicken; denn es ist unumgänglich notwendig, daß sie im St.JosephsKloster in dem mit drei Schlüsseln verschließbaren Kasten wohlverwahrt werden.
Falls Don Franz die Profeß ablegt, muß man wissen, welches Testament er macht, und ihm von den Einkünften des Jahres alles geben, was er nicht verbraucht hat. Er kann nämlich nur über die Einkünfte dieses Jahres, und wie ich glaube, auch über die Einrichtungsgegenstände eine Verfügung treffen. Unmittelbar nach seiner Profeß muß das Vermögen zwischen Laurentius und Theresia von Jesu geteilt werden. Diese kann bis zur Ablegung ihrer Gelübde über den ihr zukommenden Erbteil nach Belieben verfügen. Es ist klar, daß sie hierin Ihrem Rate folgen wird; aber es ist billig, daß sie auch an ihre Tante Doña Johanna denkt, die sich in sehr großer Not befindet. Hat sie einmal Profeß abgelegt, dann gehört alles dem Kloster.
Der Erbteil des Don Laurentius wird demselben Verwalter anvertraut werden, der über alle Ausgaben eine spezielle Rechnung führen wird. Bezüglich der Ausgaben selbst muß er sich mit der Priorin und den Schwestern ins Benehmen setzen, die sich nach den Bestimmungen des Testamentes zu richten haben.
Vor allem müssen Sie eine Kapelle bauen, wie es mein Bruder, Gott hab‘ ihn selig, angeordnet hat. Sollten die hierzu bestimmten vierhundert Dukaten, die unsere Nonnen in Sevilla noch zu zahlen schuldig sind, nicht ausreichen, so muß das Fehlende aus dem Anteil des Don Laurentius ergänzt werden. Es soll auch ein Altarbild, ein Gitter und alles, was sonst noch notwendig ist, angeschafft werden. Die Priorin von Sevilla hat mir sagen lassen, daß sie in Bälde wenigstens zweihundert Dukaten senden werde.
Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber ich meine, daß es im Testamente heißt, ich könnte über die dem Don Laurentius zukommenden Erträgnisse bei deren Verteilung zum Teil nach Belieben verfügen. Ich berufe mich darauf, weil ich weiß, daß dies der Wille meines Bruders war; Sie selbst wissen, daß er das Gewölbe der großen Kapelle erhöhen wollte, da Sie den Plan gesehen haben, den er selbst entworfen hat. Darum erkläre ich in diesem mit meinem Namen unterzeichneten Briefe: Es ist mein Wille, daß bei Gelegenheit des Baues der Kapelle meines seligen Bruders auch das erwähnte Gewölbe in der großen Kapelle hergestellt und ein eisernes Gitter angefertigt werde, das zwar nicht sehr teuer, aber doch schön und sehr passend sein soll.
Ist es Gottes Wille, den Don Laurentius kinderlos zu sich zu nehmen, so muß die große Kapelle so gebaut werden, wie es das Testament anordnet. Seien Sie vorsichtig, und setzen Sie kein zu großes Vertrauen auf den Verwalter! Tragen Sie vielmehr Sorge, daß Ihre Kapläne öfters in Serna nachsehen, um zu erfahren, wie dieses Gut bewirtschaftet wird! Denn es könnte viel Gewinn abwerfen. Wenn man ihm aber nicht viel Sorgfalt zuwendet, wird der Ertrag bald nichts mehr zu bedeuten haben. Sie sind im Gewissen verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß es in gutem Stande erhalten bleibt.
O meine Töchter, wie groß ist doch die Ermüdung, die diese zeitlichen Güter mit sich bringen, und welche Streitigkeiten rufen sie nicht hervor! Ich habe mir das schon immer gedacht, und jetzt sehe ich es aus eigener Erfahrung. Meines Erachtens haben mich all die Sorgen, die ich bei den Klosterstiftungen auf mich nehmen mußte, in gewisser Beziehung nicht so mit Widerwillen erfüllt und ermüdet wie diese Erbschaftsstreitigkeiten. Vielleicht sind daran meine schweren Krankheiten schuld, ich weiß es nicht; sie könnten indessen dazu beigetragen haben. Bitten Euere Ehrwürden Gott, es möge dies zu seiner Ehre gereichen; denn hauptsächlich um Ihretwillen ist mir diese Angelegenheit so sehr am Herzen gelegen. Empfehlen Sie mich recht angelegentlich Seiner Majestät! Ich hätte nie gedacht, daß meine Liebe zu Ihnen so groß wäre. Der Herr möge alles so leiten, daß es zu seiner größeren Ehre und Verherrlichung gereiche! Möchten doch die irdischen Reichtümer uns nicht der Armut des Geistes berauben!
Heute ist der 7. Oktober des Jahres 1580.
Euerer Ehrwürden Dienerin
Theresia von Jesu
Diese Erklärung soll in dem mit drei Schlüsseln verschließbaren Kasten aufbewahrt werden.
