386. Brief — An Don Sancho Dávila in Alba de Tormes
Ávila, am 9. Oktober 1581
Die Heilige tröstet ihn wegen des Todes seiner Mutter und gibt ihm einige Ratschläge fürs geistliche Leben. Angelegenheit der Doña Beatrix, ihrer Nichte.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei allezeit mit Euerer Gnaden!
Es war zwar für mich eine große Gnade und ein besonderes Vergnügen, Ihre Schrift zu sehen; da ich Sie aber dieser Tage selbst erwartete und nun sehe, daß mir dieses Vergnügen nicht zuteil werden wird, so ist mir die Freude, die Ihr Brief mir bereitete, verbittert worden. Unser Herr sei gepriesen!
Was Sie als Fehler ansehen, halte ich für eine große Gnade; denn jenes übermäßige Leid kann weder der Seele noch der leiblichen Gesundheit Nutzen bringen. Somit können Euere Gnaden Seiner Majestät dankbar sein; denn durch die Wegnahme dieser Trauer wird der Dienst Gottes nicht behindert, und das ist die Hauptsache. Euere Gnaden fühlen in sich nicht jenen festen Entschluß, den Herrn nicht zu beleidigen; aber wenn sich Gelegenheit bietet, ihm zu dienen oder sich von jenen abzuwenden, die ihm mißfallen, so fühlen Sie sich stark: Dies ist meines Erachtens ein sicherer Beweis, daß auch das Verlangen, ihn nicht zu beleidigen, in Ihnen sich findet. Die geistige Freude, die Sie beim täglichen Empfang der heiligen Kommunion empfinden, sowie die Betrübnis, wenn sie daran verhindert sind, deuten darauf hin, daß Sie eine innigere und keine gewöhnliche Freundschaft, von der Sie sprechen, mit Gott verbindet.
Denken Sie doch immer an die Gnaden, die Sie aus der Hand des Herrn empfangen, damit die Liebe in Ihnen zunehme, und quälen Sie sich nicht mit jenen Armseligkeiten ab, die sich bei uns allen, zumal bei mir, in recht großer Zahl vorfinden.
Was meine Zerstreuungen beim göttlichen Offizium betrifft, so will ich, obwohl ich vielleicht die ganze Schuld daran trage, doch denken, daß sie von der Schwäche des Kopfes herrühren; denken darum auch Euere Gnaden ebenso! Der Herr weiß es ja, daß wir, wenn wir beten, auch recht gut beten möchten. Heute habe ich dies dem Pater Magister Dominikus gebeichtet, und er sagte mir, ich sollte dies nicht beachten; und so bitte ich auch Euere Gnaden, es ebenso zu halten; es ist dies meiner Ansicht nach ein unheilbares Übel.
Bezüglich Ihrer Zahnschmerzen habe ich mit Ihnen das innigste Mitleid, da ich aus Erfahrung weiß, welch empfindlicher Schmerz das ist. Haben Euere Gnaden einen kranken Zahn, so ist der Schmerz derart, als ob alle krank wären oder wenigstens als ob alle schmerzen würden; ich fand kein besseres Mittel, als den schadhaften Zahn herausnehmen zu lassen; ist es jedoch rheumatisches Zahnweh, dann nützt auch dies nichts. Möge Gott Sie davon befreien, wie ich ihn darum bitten werde!
Sie haben gut getan, ein so heiliges Leben zu beschreiben; ich könnte gut Zeugnis geben von der Wahrheit Ihres Berichtes. Ich küsse Ihnen die Hand dafür, daß Sie mich diese Lebensbeschreibung lesen lassen. Mein Befinden ist jetzt besser, und im Vergleich mit dem, was ich im vorigen Jahre ausgestanden habe, kann ich sagen, daß ich gesund bin, wenn auch nur wenige Augenblicke ohne Leiden. Da ich einsehe, daß Leiden das beste ist auf Erden, so ertrage ich es gern, wenn man doch einmal leben muß.
Ich möchte gerne wissen, ob der Herr Marquis bei Ihnen ist, sowie auch, wie es seiner Tochter, der Doña Johanna de Toledo, und der Frau Marquise ergeht. Ich ersuche Euere Gnaden, diesen Herrschaften sagen zu wollen, daß ich es, obgleich ich so ferne von ihnen bin, doch nicht vergesse, sie in meinen armseligen Gebeten unserem Herrn zu empfehlen. Für Euere Gnaden tue ich nicht zu viel; denn Sie sind mein Vater und Gebieter.
[Ich danke Euerer Gnaden von Herzen, daß Sie mir die Versicherung geben, zu tun, um was ich Sie bitten würde; ich will nun davon Gebrauch machen, da ich das feste Vertrauen habe, daß Sie Wort halten, wenn Sie sehen, daß es zweckdienlich ist. Euerer Gnaden allein will ich den großen Kummer mitteilen, der mich seit beinahe einem Jahre quält; vielleicht könnten Sie mir in etwa behilflich sein.]
[Ich denke, Euere Gnaden werden schon wissen — man sagt nämlich, es sei meiner Sünden wegen allgemein bekannt —, von welch großer Leidenschaft die Gemahlin des Don Gonzalo erfaßt worden ist. Man hat ihr nämlich gesagt, oder sie hat es sich selbst eingebildet, daß ihr Gemahl mit Doña Beatrix, der Tochter meiner Schwester, schlechten Umgang habe, und sie versichert das und sagt es so öffentlich, daß die meisten ihr Glauben schenken. Was die Ehre des Mädchens betrifft, so scheint sie schon so vernichtet zu sein, daß nichts mehr daran zu ändern ist.] Aber daß Gott dadurch so schwer beleidigt wird [und daß eine meiner Verwandten Gelegenheit dazu gibt], das schmerzt mich tief. Ich habe mir schon Mühe gegeben, ihre Eltern zu bewegen, daß sie diese von Alba entfernen; denn einige Geistliche sagten mir, sie seien dazu verpflichtet; und wenn sie es auch nicht wären, so halte ich es dennoch für klug, vor der Zunge eines leidenschaftlichen Weibes zu fliehen wie vor einem wilden Tiere. Allein andere sagen ihnen, es würde das den Anschein haben, als ob wahr wäre, was eine Lüge ist, weshalb sie keine Änderung treffen sollten. Man teilte mir mit, daß Mann und Frau geschieden seien. Auch höre ich, daß hier in Ávila durch ihre Schwester die Sache bereits bekannt geworden ist und daß viele Lügen ausgestreut werden; auch in Salamanka weiß man es schon. Das Übel nimmt immer mehr zu, ohne daß weder von der einen noch von der anderen Seite Abhilfe geschaffen wird. Ihre Eltern achten in keiner Weise auf das, was ich sage, und ich habe schon viel darüber geschrieben; sie erwidern nur, daß man mich täusche. Ich bitte nun Euere Gnaden, mir mitteilen zu wollen, welches Mittel ich wohl anwenden könnte, damit die Beleidigungen Gottes ein Ende nehmen. Denn die Ehre läßt sich, wie gesagt, in der öffentlichen Meinung nicht mehr retten. Ich dachte an ein Mittel, aber ich finde keine Unterstützung dazu. Wenn Euere Gnaden etwa irgendeine Verbindung hätten mit Don Gonzalo, so könnten Sie ihm vielleicht den Vorschlag machen, er möge, da er ja doch den Schaden sehe, der seinetwegen dem Mädchen erwachse, und auch anderswo einen passenden Wohnsitz habe, sich dorthin begeben; wenigstens sollte er für ein Jahr oder ein halbes sich entfernen, bis seine Frau wieder zur Besinnung käme. Inzwischen könnte es ja der Herr fügen, daß Beatrix sich nicht mehr dort befinde, wenn er zurückkäme. Falls dies nicht geschieht, so befürchte ich nach der jetzigen Lage der Dinge ein großes Übel; übrigens ist das Übel jetzt schon schlimm genug.
Ich bitte darum Euere Gnaden, mir, wenn möglich, diese Gunst zu erweisen und mich von diesem Leide zu befreien! Möge der Herr handeln, wie er es vermag, Euerer Gnaden aber verleihe er die Heiligkeit, um die ich zu ihm flehe! Amen.
Heute ist der 9. Oktober.
Euerer Gnaden unwürdige Dienerin und Tochter
Theresia von Jesu
Dürfte ich Euere Gnaden nicht bitten, dem Don Fadrique und meiner Gebieterin Doña Maria meine Empfehlungen zu übermitteln?
Mein Kopfleiden hindert mich nämlich, an diese Herrschaften zu schreiben. Verzeihen mir dies Euere Gnaden um der Liebe Gottes willen!
Anschrift: An den sehr erlauchten Herrn Don Sancho Dávila,
meinen Gebieter in Alba.
