234. Brief — An Pater Hieronymus Gracián
Ávila, am 14. Mai 1578
Verlangen, den Pater Gracián zu sehen. Einkleidung der Schwester Maria vom heiligen Joseph. Projekt der Gründung der Klöster zu Villanueva de la Jara und Madrid.
Jesus sei mit Euerer Paternität!
Ich hatte den beiliegenden Brief schon geschrieben und wollte ihn eben absenden, als die unbeschuhten Karmeliten hier ankamen und mir die Briefe von Ihnen überbrachten. Ich versichere Sie, diese Briefe haben mich wieder gesund gemacht. Denn seit gestern abend, wo ich die beiliegenden Briefe von Malagón erhielt, hat sich mein Katarrh noch verschlimmert, da ich mich mit Lesen und Schreiben so sehr abmühen mußte. Ihre Briefe aber haben mich so erfreut, daß ich jetzt eine große
Erleichterung verspüre. Gott sei dafür gepriesen, daß er Ihnen Gesundheit verleiht, um so vieles zu seiner Ehre zu vollbringen und das Heil so vieler Seelen zu fördern! Es ist das für mich ein überaus großer Trost.
Trotz alledem möchte ich, daß Sie hier wären. Denn da es in jener Gegend so lange nicht mehr geregnet hat, so muß es dort sehr ungesund sein, und ich sehe nicht ein, warum Sie es vorziehen, dort zu bleiben, als hierher zu kommen. Ohne Zweifel hat der Herr, der die Ereignisse voraussieht, diese Zeit zur Förderung der Seelen ausersehen; Ihre Mitwirkung mußte notwendigerweise die reichlichsten Früchte bringen.
Ich habe vergessen, im beiliegenden Brief zu bemerken, wie unangenehm es mir war, daß Pater Ferdinand Medina unsere Nonne eingekleidet hat. Ich begreife nicht, wie diese kleine Priorin versucht sein kann, diesen beschuhten Vätern sich gefällig zu erzeigen. Aus dem Briefe des Paters Angelus werden Euere Paternität ersehen, daß jene schon gewußt hatten, daß Sie Ihre Schwester begleiten sollten. Deshalb hat es mich gefreut, daß Sie nicht gekommen sind; jetzt können Sie sehr gut kommen. Ich habe dem Ardapilla schon geschrieben, er möge dahin wirken, daß Sie kommen; auch machte ich ihn auf einige Gründe aufmerksam, die Ihre Anwesenheit bei uns notwendig erheischen. Wenn Sie auch nicht wollen, so müssen Sie sich am Ende doch dazu entschließen, da sich die Sache anders nicht machen läßt.
Ich habe mir schon gedacht, wie sehr meine Tochter Maria vom heiligen Joseph geeignet wäre, mir meine Last abzunehmen; durch ihre Schrift, ihre Geschicklichkeit und Heiterkeit könnte sie mir einige Erleichterung verschaffen. Gott kann dies fügen, wenn sie einmal Profeß abgelegt hat, wenn sich auch jüngere Leute mit alten gerade nicht so ganz leicht zurechtfinden; ich bin selbst erstaunt, daß Euere Paternität meiner nicht überdrüssig werden. Ohne Zweifel ist dies eine Fügung Gottes, damit mir das Leben noch erträglich ist, das mir so wenig Gesundheit und nur die einzige Freude gewährt, daß Sie mit mir so große Geduld haben. Ich glaube auch, daß ein Mann, der wie Sie mit Gnaden Gottes bereichert ist und Gott von ganzem Herzen liebt, auch Freude haben wird an einer Seele, die Gott zu dienen verlangt.
Es wäre mir recht unangenehm, wenn Ardapilla wieder mit seinem alten Liede von der Annahme des Priorats im Kloster der Menschwerdung käme. Ich ließ Euere Paternität fragen, ob er kraft seiner Vollmachten mir dieses Amt auferlegen könne, aber Sie haben mir keine Antwort gegeben. Ich erkläre Ihnen jetzt, daß ich mich aus allen Kräften dagegen sträuben werde. Denn dessen Annahme wäre eine Torheit, wenn man nicht die früheren Beichtväter wieder hinsendet und das Kloster vom Gehorsam der Beschuhten befreit. Verpflichtet er mich aber unter einer Sünde, dann können Sie schon erraten, welche Angst mich befallen wird. Schreiben Sie mir doch um der Liebe willen bestimmt, was ich tun soll und tun kann; in solchen Angelegenheiten dürfen Sie nicht so unklar antworten! Empfehlen Sie mich recht inständig Gott! Wenn auch meine Wünsche feurig sind, so bin ich doch schon alt und müde. Den Schwestern werde ich Ihre Empfehlungen entrichten. Ich wünschte, Euere Paternität kämen mit dem Prior von Mancera. Denn nach meiner Ansicht vergeuden Sie da, wo Sie jetzt sind, die Zeit, da wohl keine Predigten mehr zu halten sind.
Welchen Lärm machen doch diese Nonnen wegen der hundert Realen! Urteilen Sie, ob ich da nicht recht habe, wenn ich sage, daß man bei diesen Visitationen mit der größten Vorsicht zu Werke gehen soll! Es wird nach Ihnen wieder ein anderer Oberer kommen, und da ist es von Wichtigkeit, ihm keinen Anlaß zu einer Klage zu geben. Diese Sache mit den Realen hat mich sehr verdrossen; denn jene Schwester, die Ihnen das Geld geliehen hat, hätte es Ihnen auch schenken können, da sie es ist, die in Wirklichkeit alles leitet; sie wäre dadurch nicht zu arm geworden. Die Angelegenheit mit Pater Anton ist ohne Bedeutung. Aber wenn er mich tadelt, um dadurch auch nur im geringsten meinen Paulus angreifen zu können, so kann ich es nicht ertragen; geht es jedoch nur mich allein an, dann mache ich mir wenig daraus.
Gott erhalte Sie, mein Vater! Er erweist mir dadurch eine große Gnade, daß Sie trotz Ihrer vielfachen Arbeiten doch ein so gutes Aussehen haben, wie mir diese Väter berichten. Er sei immerdar gepriesen! Doña Guiomar wird sich über Ihren Brief sehr freuen. Ihre Gesundheit ist gut.
Heute ist der 14. Mai; ich verbleibe
Euerer Paternität wahre Tochter
Theresia von Jesu
Alles, was ich hier geschrieben habe, verursacht mir nicht soviel Weh wie mein Brief nach Malagón; im Gegenteil fühle ich mich dadurch erleichtert. Was die Klosterstiftung in Villanueva betrifft, so ist es in keiner Weise zuträglich, wenn sich die Franziskaner eingemischt haben. Für sie ist der Ort geeignet; sie werden es verstehen, den Nonnen betteln zu helfen. Euere Paternität haben recht, wenn Sie sagen, daß es an so kleinen Orten für uns etwas Erschreckliches ist. Auf die Stiftung in Madrid müssen wir vor allem unser Augenmerk richten.
Es sind schon alle Vorbereitungen getroffen, um die Stiftung, sobald wir können, ins Werk zu setzen. Glauben Sie mir, es ist dies eine Sache von Wichtigkeit sowie auch, daß man dem Huerta ein Geschenk gibt! Wenn ich mit Euerer Paternität zusammentreffe, werden wir dazu Anweisungen geben.
