402. Brief — An Pater Hieronymus Gracián in Salamanka
Ávila, im Dezember 1581
Freude, ihn bald zu sehen. Gewisse Heilige, die man nicht versteht. Ungewißheit über die Zukunft der Beatrix. Kanonikus Castro und das »kostbare« Buch. Dank.
Jesus sei mit Euerer Hochwürden, mein Vater!
Ihr Brief mit den Skapulieren, den man mir gestern abend überbrachte, hat mich sehr gefreut und ebenso auch die Nachricht, daß Sie so fest entschlossen sind, mich bald zu besuchen. Möge Ihnen, mein Vater, Gott eine glückliche Reise schenken! Wenn noch etwas fehlen sollte beim Druck der Satzungen, so beauftragen Sie jemand, sich darum anzunehmen. Wenn Sie am ersten Weihnachtsfeiertage predigen sollten, bitte ich Sie um der Liebe willen, erst am folgenden Tage wieder abzureisen, damit Sie nicht krank werden; ich weiß nicht, woher Sie Ihre Kraft nehmen. Gepriesen sei der, der sie Ihnen schenkt! Ich habe lachen müssen, als Sie mir mitteilten, daß Sie reich werden. Möge Sie Gott mit Reichtümern für die Ewigkeit überhäufen!
Jetzt will ich Ihnen sagen, daß ich gewisse Heilige nicht verstehe; ich meine jenen, der an Euere Hochwürden nicht schreibt, und den anderen, der vorgibt, daß alles nach seinen persönlichen Ansichten gehen müsse. Das war für mich wirklich eine Versuchung. O mein Jesus, wie wenig Vollkommenheit gibt es doch in diesem Leben! Da der Bote sogleich abgehen wird, werde ich mich nur kurz fassen; ich habe soeben einen langen Brief an die Marquise de Villena geschrieben, auf den ein eigener Bote wartet.
Ich halte es für gut, daß Sie mir, sobald meine Schwester nach Alba zurückgekehrt ist, einen Eilboten schicken, wenn Sie es für gut finden, daß ich sie kommen lasse. Falls jedoch diese Kleine unter jenen Bedingungen aufgenommen werden sollte, die Sie kennen, so gestehe ich Ihnen, daß ich keine Lust habe, sie hieher zu bringen; ich weiß auch nicht, warum sie hieher kommen sollte, außer um mir lästig zu fallen. Sie in das Kloster zur Menschwerdung zu tun, ist wohl ein Spaß, da dies meiner Ansicht nach nicht gut für sie ist; dazu wären auch noch die Kosten sehr bedeutend. Gott sei mit ihr und ihrer Mutter! Sie lassen mich ein herrliches Leben führen.
Theresia ist schon wieder gesund; wir können, wie ich glaube, ihretwegen beruhigt sein. Sie hat, wie Sie wissen, ihren Wunsch, Ordensschwester zu werden, klar an den Tag gelegt. Ich bin ziemlich gesund.
Die Herzogin hat mir wieder durch ihren Kaplan schreiben lassen. Ich habe ihr nur in Kürze geantwortet und ihr mitgeteilt, daß ich Ihnen einen langen Brief für sie gesandt hätte. Ich sage Ihnen das, damit Sie ihr diesen Brief zukommen lassen, der übrigens sonst nichts Bedeutendes enthält außer der Nachricht, daß Euere Hochwürden die geplante Reise mit ihr nicht unternehmen werden.
Lassen Sie, bitte, beiliegenden Brief meiner Schwester überbringen, wenn Sie es für gut finden! Gott wird vielleicht der Beatrix, wenn sie zurückgekehrt ist, bessere Gesinnung beibringen, falls sie nicht nach Ávila kommen sollte. Wenn sie und ihre Eltern immer auf dem Lande bleiben würden, hätte ich wenig Sorge; aber wenn der Sommer wieder kommt, werden sie alle nach Alba zurückkehren, und dann geht die alte Geschichte von neuem an.
Mehrere Personen werden morgen nach Madrid abreisen; ich werde bei dieser Gelegenheit alle Ihre Aufträge mitgeben lassen. Die Skapuliere sind geeignet, zur Erbauung beizutragen, und stimmen zur Andacht. Don Franz bat seine Schwester um eines; er tut mir leid. Ich erinnere Sie nochmal daran, es nicht zu unterlassen, mir irgendwie Nachricht zu geben, wenn Sie es für notwendig erachten, daß ich diese Familie kommen lasse. Gott sei mit Ihnen! Es ist schon sehr spät.
Ich will Ihnen mitteilen, daß wir für Sie ein Zimmerchen hergerichtet haben; allein Doktor Castro wird nach meinem Dafürhalten seine Zustimmung nicht geben, daß Sie bei uns bleiben. Ich bin mit ihm sehr zufrieden. Ich habe ihm einen Teil des Buches zu lesen gegeben, den ich hier hatte. Was das andere Buch betrifft, so kommt er fortwährend auf den Nutzen zu sprechen, den er daraus gezogen hat. Ich selbst kann keine Worte finden, um auszusprechen, wie glücklich ich bin, daß er mit Euerer Hochwürden befreundet ist; alles geht also ausgezeichnet. Um meinen Seelenzustand zu begreifen und ihn ohne irgendeine Befürchtung zu beurteilen, hat meiner Ansicht nach ein Beichtvater kein besseres Mittel, als wenn er diese meine Schriften liest; das erspart mir außerdem eine große Unannehmlichkeit. Möge Ihnen Gott den Frieden geben, um den ich ihn für Sie bitte, und Sie behüten! Amen, Amen.
Euerer Hochwürden Dienerin und Untergebene
Theresia von Jesu
Ich schreibe Ihnen nicht ausführlicher; denn meine innige Freude über Ihr Kommen erlaubt es mir nicht. Ich will Ihnen nur meinen ehrfurchtsvollen Gruß entbieten und Ihnen danken sowohl für die Besorgnis, die Sie für meine Gesundheit tragen, als auch für die sorgsame Pflege, die Sie mir haben angedeihen lassen. Es geht mir gut, und überdies habe ich Hoffnung, Sie bald zu sehen. Sie haben mir durch Übersendung des Breviers eine große Freude bereitet. Möge Gott Sie dafür belohnen, wie ich ihn darum bitte!
Der Auftrag der Theresia hat mir sehr gefallen; für den Augenblick kann ich Ihnen nach meiner Ansicht keine bessere Nachricht senden als die Versicherung unserer Liebe. Möge Gott seine Liebe und sich selbst uns schenken!
