135. Brief — An die Mutter Maria vom heiligen Joseph,
Priorin in Sevilla
Toledo, am 11. November 1576
Besondere Angelegenheiten des Klosters in Sevilla.
Jesus sei mit Euerer Ehrwürden!
Schreiben Sie mir doch immer auf einen besonderen Zettel, was ich Ihnen beantworten soll. Ihre Briefe sind lang, sie scheinen mir aber nicht lang zu sein, wenn ich die Freude erwäge, die sie mir bereiten; wenn ich aber in der Eile Ihnen schreiben und sie wieder lesen soll, dann kommen sie mir doch zu lang vor.
Es war vor zwei, drei oder vier Tagen, daß ich Ihnen durch den Eilboten Briefe gesendet habe. Die Briefe an unseren Vater bezeichnete ich mit zwei Kreuzen; die Adresse richtete ich an Euere Ehrwürden. Geben Sie mir Nachricht, ob Sie meine Bemerkung hierüber gelesen haben; bis dahin werde ich diese Bezeichnung nicht mehr vornehmen.
Ihr Fieber macht mir, ich versichere Sie, großen Kummer. Warum schreiben Sie mir denn, daß Sie sich wohl befinden? Das verdrießt mich. Sehen Sie, ob dies nicht von Verstopfung herrührt. Gebrauchen Sie ein Gegenmittel und lassen Sie die Krankheit nicht feste Wurzel fassen! Hoffentlich wird das Fieber nicht anhaltend sein, und das tröstet mich. Wenden Sie einige Mittel zum Einreiben oder etwas Derartiges an, um die Hitze [des Fiebers] zu lindern, und unterlassen Sie nicht, den Arzt zu befragen. Sie lassen sich, wie ich glaube, alle Jahre Ader; vielleicht wird dies helfen, wie die Mutter Subpriorin meint. So darf es, ich sage es Ihnen, nicht bleiben, sonst könnte das Heilmittel umsonst sein. Möge Gott Besserung schaffen!
Von Malagón erhielt ich schon lange keine Nachricht mehr. Ich bin sehr in Sorge; denn die hiesigen Ärzte geben mir bezüglich der Rettung der Priorin keine Hoffnung. Alle Erscheinungen und Anzeichen weisen auf Schwindsucht hin. Der Herr ist das Leben und kann das Leben geben. Beten Sie doch ohne Unterlaß für diese Kranke und auch für eine andere Person, der ich viel verdanke. Ermahnen Sie auch alle Schwestern dazu und entrichten Sie ihnen meine Empfehlungen! Die Briefe von ihnen haben mir große Freude gemacht. Ich weiß nicht, ob ich Zeit finde, ihnen zu antworten. Ich beneide Sie um das Glück und den Frieden, den Sie durch die Anwesenheit unseres Vaters genießen.
Ein solches Glück verdiene ich nicht, und darum habe ich auch keinen Grund, mich zu beklagen. Dennoch freut es mich sehr, daß Sie diesen Trost haben; denn ich wüßte nicht, wie Sie ohne diesen Trost die vielen Widerwärtigkeiten ertragen könnten.
Trotz all Ihrer Gründe sagen Sie in meinem Namen der Subpriorin, es möchten alle Ausgaben für unseren Vater auf Rechnung der vierzig Dukaten geschrieben werden, die Sie dem St. Josephskloster schuldig sind. Handeln Sie ja nicht anders; es wäre nur zum Nachteil Ihres Klosters. Auf diese Weise zahlen Sie ab. Sehen Sie also, wie Sie mit dem, was Sie für ihn ausgeben, Ihre ganze Schuld abtragen können. Ich mußte darüber lachen, daß die gute Subpriorin alles, sogar das Wasser verrechnet. Es ist dies übrigens ganz recht; und ich will es so, daß alles mit Ausnahme der kleinen Almosen, die die Schwestern erhalten, verrechnet werde. Es würde mich verdrießen, wenn man anders handelte.
Sie sagen mir nie, wer der Gefährte unseres Vaters ist. Das ist die einzige Sorge, die Sie mir jetzt bereiten. Es wäre mein Wunsch, daß es im Kloster unserer Lieben Frau de los Remedios nicht bekannt würde, wo unser Vater seine Mahlzeit einnimmt. Es freut mich sehr, daß Sie ihn so gut verpflegen und niemand etwas davon erfährt; denn diese Pforte dürfte für keinen anderen Vorgesetzten geöffnet werden. Glauben Sie es mir; wir müssen auf die Zukunft sehen, damit wir es nicht einst vor Gott zu verantworten haben, daß wir so etwas einführten.
Ich bin darüber bekümmert, daß die Nonnen, die Sie aufnehmen, von der Schuldenlast nichts abzahlen können. García Alvarez wird wohl den Brief erhalten haben, worin ich ihm mitteilte, daß seine Verwandten aufgenommen werden sollen. Euerer Ehrwürden habe ich schon geschrieben, Sie möchten dafür sorgen, daß sie einiges Geld mitbringen als Beisteuer zur Bezahlung der Zinsen; denn auf jene Erbschaft wird nicht zu rechnen sein. Ich möchte nämlich nicht, daß Sie zuwarten, bis Sie sich nicht mehr helfen können, sondern daß Sie Vorkehrungen treffen, bevor das Wasser über Ihrem Kopfe zusammenschlägt.
Ich habe in Salamanka eine Nonne aufgenommen, von der man mir sagte, sie bringe ihre Aussteuer mit. Von dieser Aussteuer hätte ich Ihnen dreihundert Dukaten schicken wollen, damit Sie abtragen, was Sie in Malagón schuldig sind, und auch dem Asensio Galiano die hundert Dukaten bezahlen könnten, allein diese Postulantin ist nicht gekommen. Bitten Sie Gott, daß er sie uns zuführe. Ich versichere Sie, Sie sind mir sehr verpflichtet wegen meines Verlangens, Sie sorgenfrei zu wissen.
Warum lassen Sie sich denn die Aussteuer der Johanna vom Kreuze nicht sogleich geben? Sie werden dann von keiner solchen Schuldenlast mehr niedergedrückt werden. Glauben Sie mir, man darf in diesem Punkte nicht gleichgültig sein. Sorgen Sie dafür, daß wenigstens jene Vanegas ihre Aussteuer mitbringt, damit Sie den Alfons Ruiz bezahlen können; denn es wäre, wie ich Ihnen schon geschrieben habe, eine Gewissenssache, wenn man ihm das Geld nicht bald geben würde, da man doch sieht, wie notwendig er es braucht.
Den Brief des Paulus habe ich wieder gelesen. Er soll ja nicht glauben, daß man seine Tochter aufnehmen wolle, wenn sie nicht [auf das Erbe] verzichtet. Seien Sie überzeugt, daß dies aus vielen Gründen das beste ist. Jene, die sich mit solchen Angelegenheiten beschäftigen, scheinen heute reiche Leute, und morgen haben sie nichts mehr. Sie vergrößern zwar ihr Vermögen um vieles mehr, als ihre Eltern besaßen, allein schließlich bleibt ihnen sehr wenig. Das beste wird sein, daß er die Zahlung dessen übernimmt, was Sie für das Kloster schuldig sind, vorausgesetzt, daß die Mitgift seiner Tochter 1500 Dukaten beträgt. Aber lassen Sie sich auf kein Erbe ein! Was die Mitgift betrifft, so dürfen Sie in keiner Weise auf einen Vergleich eingehen, der auf weniger lautet. Im Gegenteil, können Sie erreichen, daß die Mitgift größer wird, so lassen Sie sich darauf ein! Schicken Sie jemand zu ihm, der ihm folgendes mitteilt: »Warum wollen Sie denn Ihren Kindern dadurch einen Verdruß bereiten, daß Sie ihre Güter einem Kloster hinterlassen?« Selbst dann, wenn er zweitausend Dukaten gäbe, wäre es nicht zu viel.
Von jener Portugiesin sagt man, daß ihre Mutter ihr die Aussteuer mitgeben könne. Ich glaube, daß diese sich mehr eignet als die anderen. Übrigens werden Sie nie Mangel haben. Falls Sie nicht selbstsüchtig sind, wird Ihnen Gott eine senden, die mehr mitbringt, als man verlangt.
Wenn jener Hauptmann die große Kapelle für sich behalten will, so wäre das nicht übel. Senden Sie ihm Empfehlungen, um sich gegen ihn erkenntlich zu erzeigen, wenn Sie auch keinen Grund dazu haben.
Um es nicht zu vergessen, teile ich Ihnen mit, was ich von gewissen Abtötungen gehört habe, die man in Malagón übt. Da befiehlt nämlich die Priorin einer Schwester, der anderen unversehens eine Ohrfeige zu geben. Diese Unart hat man in Toledo selbst ausgedacht. Es scheint, daß der Teufel den Seelen offenbar unter dem Vorwand höherer Vollkommenheit Netze legt, damit sie Gott beleidigen. Befehlen Sie nie etwas Ähnliches! Lassen Sie auch nicht zu, daß sich die Schwestern wie in Malagón kneifen, was man mir auch von dort berichtete. Mit einem Worte, führen Sie Ihre Töchter nicht mit einer Strenge, wie Sie es in jenem Kloster wahrgenommen haben; denn die Nonnen sind keine Sklaven, und der Zweck jeder Abtötung ist, den Fortschritt der Seelen zu fördern. Ich versichere Sie, meine Tochter, daß man notwendigerweise achtgeben muß, was so kleinliche Priorinnen in ihrem Kopfe aussinnen. Denn ich erfahre jetzt Dinge, die ich sehr beklagen muß. Gott mache Sie mir heilig! Amen.
Mein Bruder ist wohl und ebenso Theresia. Der Brief, in dem Sie ihm von den vier Realen schrieben, ist nicht in seine Hände gekommen; die anderen hat er erhalten und sich sehr darüber gefreut. Die Nonnen von Sevilla sind ihm lieber als die von hier.
Heute ist der 11. November.
Euerer Ehrwürden Dienerin
Theresia von Jesu
Mahnen Sie unseren Vater, daß er mir über die Angelegenheiten, über die ich im beiliegenden Briefe an ihn schreibe, eine Antwort gibt. Erinnern Sie ihn öfters daran, damit er es nicht vergißt.
Anschrift: An die Mutter Priorin Maria vom heiligen Joseph.
