62. Brief — An die Mutter Maria Baptista, Priorin in Valladolid
Segovia, am 16. Juli 1574
Angelegenheiten des Klosters in Valladolid und die Klosterstiftung von Segovia. Schwierigkeiten mit dem Kanonikatskapitel zu Segovia.
Jesus sei mit Ihnen, meine Tochter!
Ihren Verdruß finde ich ergötzlich; denn ich versichere Sie, daß es mir keineswegs ein großes Vergnügen ist, Sie nicht besuchen zu können; vielmehr ist mein Verlangen darnach so groß, daß ich mir schon gedacht habe, es wäre eine Unvollkommenheit, davon zu reden, weil ich keine zwingende Notwendigkeit dazu erkenne. Wie kann ich auch da noch vermißt werden, wo der Pater Magister ist! Darum werde ich nur kommen, wenn es mir befohlen wird, sonst aber werde ich gar nicht mehr davon reden. Es scheint mir zwar, ich könnte dort, wenn ich hingehe, etwas nützen, obgleich man meinen möchte, es gebe für mich nichts zu tun; weil Sie aber so verständig sind, hätte ich bei Ihnen vielleicht nichts anderes zu tun, als mich zu freuen; zu etwas anderem würde ich wohl kaum taugen.
Bezüglich der Laienschwester habe ich nichts mehr zu sagen; denn die Sache ist schon geschehen. Ich muß aber doch bemerken, daß es arg ist, wenn sozusagen drei Nonnen so viele Laienschwestern haben. Das geht doch ganz und gar nicht an. Ich glaube, man werde beim Visitator dahin wirken, daß er, wie bei den Nonnen, so auch hier die Zahl festsetze.
Ich weiß nicht, was ich sagen soll, daß Sie mir von Ihrer schlechten Gesundheit, die mir sehr zu Herzen geht, gar nichts berichten. Es wäre doch recht ungeschickt, wenn Sie in Hinsicht auf die Pflege Ihrer Gesundheit stets nur auf das Vollkommenere sehen wollten, da Sie doch wissen, wie viel an Ihrer Gesundheit gelegen ist. Ich weiß nicht, was mein Vater dort tut; bedenken Sie aber, daß es mich sehr verdrießen würde, wenn Sie der Maria vom Kreuze hierin nicht folgen wollten. In solchen Stücken weiß ich für mich sehr gut zu unterscheiden, und ich hatte in Wahrheit immer nur wenig Vollkommenes an mir; jetzt aber glaube ich noch mehr Grund zu haben, da ich alt und schwach bin, so daß Sie staunen würden, wenn Sie mich sähen. Da ich in diesen Tagen an Magenschwäche litt, so kamen die Nüsse, die sehr vortrefflich sind, gerade recht an, obgleich ich noch Vorrat an jenen hatte, die man mir hierher sandte. Essen Sie aus Liebe zu mir die Ihnen gebliebenen selber, und übermitteln Sie der Gräfin de Osorno meine herzlichsten Grüße. Ich glaube von ihr nur einen einzigen Brief erhalten zu haben, so wie auch ich an sie nur einen geschrieben habe. Sobald ich kann, werde ich ihr schreiben, jetzt aber ist es mir unmöglich; denn ich habe heute wieder drei Pakete Briefe erhalten, nachdem man mir erst gestern ebenso viele gebracht hat. Zudem wartet mein Beichtvater am Gitter, und weil Sie wünschen, ich sollte den Boten bald abfertigen, so kann ich mich auch nicht weiter verbreiten.
Ach, wie trübselig ist der Brief von meinem Vater Erkundigen Sie sich sogleich bei ihm, ob er die Vollmacht vom Pater Visitator schriftlich erhalten habe; denn diese Kanoniker, die jetzt die Erlaubnis des Obern verlangen, daß wir uns zum Zins verpflichten, ermüden mich. Vorausgesetzt, daß mein Vater sie geben kann, muß es schriftlich geschehen, und zwar durch einen Notar, der bezeugen muß, daß er die Vollmacht in Augenschein genommen habe. Kann er die Erlaubnis geben, so wolle er sie mir um der Liebe willen sogleich zusenden wenn er nicht will, daß sie mich ganz aufreiben. Wir wären schon im Hause, wenn es sich nicht um diese armseligen dreitausend Maravedi handelte, und es würde mir vielleicht noch Zeit bleiben, Sie zu besuchen, wenn ich den Auftrag erhielte. Ich wünschte dies schon aus dem Grunde, um Ihre Nonne näher kennenzulernen. Der Maria vom Kreuze wollen Sie sagen, daß mich ihr Brief gefreut hat; denn das ist es gerade, was ich jetzt als Liebesdienst von ihr wünsche, die Liebe, die sie Euerer Ehrwürden erweist.
Unterlassen Sie nicht, mit dem Rektor der Theatiner zu verkehren; dem; ich versichere Sie, daß Sie an ihm vielleicht einen besseren Freund haben als an irgendeinem anderen, und am Ende nutzen diese Patres immerhin doch etwas. Der Rektor dahier hat den Kauf [des Hauses] zustande gebracht; er hat sich beim Kapitel verwendet und besorgt alles vortrefflich. Gott mache Sie gesund, meine Tochter, und seien Sie nicht böse über mich! Denn ich habe Ihnen schon gesagt, wie es sich bezüglich meines Verlangens, Sie zu besuchen, verhält, und ich würde lügen, wenn ich sagte, ich wollte Sie nicht besuchen. Freilich würde mir, wenn ich dorthin käme, der Verkehr mit so hohen Herrschaften und so viel Lärm recht lästig sein; aber dies alles wollte ich ertragen, um Sie zu sehen.
Gestern abend hatte ich Ihnen schon einige Zeilen geschrieben, und jetzt war es mir bei der Eile, die ich habe, nichts Geringes, diese zu schreiben. Alle Schwestern empfehlen sich Ihnen. Gott mache Sie heilig! Sehr witzig sind die Antworten, die Sie dem Briefe meines Vaters beigefügt haben; ich weiß nicht, wem ich glauben soll. Bemühen Sie sich nicht, ihn zu veranlassen, daß er mir schreibe, wenn Sie mir nur berichten, wie es mit seiner Gesundheit steht, kann ich es gar wohl ertragen, daß er mir nicht schreibt. Sagen Sie mir, woher er ist; denn wäre er von Medina, so würde es gar nicht schön von ihm sein, hier nicht durchzureisen. Der Bote kam heute, am 16. Juli, um 10 Uhr an, und am selben Tage um 4 Uhr habe ich ihn abgefertigt. Warum schreiben Sie mir nichts von den Angelegenheiten der Doña Maria? Grüßen Sie mir diese freundlichst! Gott erhalte Sie mir!
Ihre.
Theresia von Jesu
Anschrift: An die Mutter Maria Baptista, meine Tochter, Priorin des Klosters zur unbefleckten Empfängnis.
