174. Brief — An Don Laurentius de Cepeda in Ávila
Toledo, am 27. oder 28. Februar 1577
Unterweisung über Gebet und Abtötung und einige schon früher erteilte Belehrungen.
Jesus sei mit Ihnen!
Um es nicht wie sonst zu vergessen, so bitte ich Sie, dem Don Franz sagen zu wollen, er möchte mir einige gut geschnittene Schreibfedern schicken; denn die hiesigen sind schlecht, sie passen mir nicht und ermüden mich. Hindern Sie ihn ja nie daran, mir zu schreiben, da ihm dies vielleicht ein Bedürfnis ist; mit einem kleinen Briefe, der mir keine Mühe macht, ist er zufrieden.
Meine Krankheit gereicht mir, soviel ich glaube, zum Vorteil. Denn ich fange jetzt an, zum Schreiben mich einer fremden Hand zu bedienen; ich werde dabei bleiben und ich hätte dies schon früher tun können, wenigstens in Sachen, die von geringer Bedeutung sind. Seitdem ich einige Pillen genommen habe, befinde ich mich viel besser. Nach meiner Ansicht hat es mir geschadet, daß ich seit Beginn der Fastenzeit fastete. Denn ich hatte nicht allein Kopfschmerzen, sondern auch Herzleiden. In letzterer Hinsicht geht es mir jetzt um vieles besser, und seit zwei Tagen ist auch das Kopfleiden fast verschwunden. Ich schlage dies nicht gering an, denn gerade das Kopfleiden hat mir am meisten Sorge gemacht. Ich fürchtete nämlich, ich würde dadurch für immer zu allem unfähig sein. In diesem Zustand wäre es eine große Vermessenheit gewesen, mich dem innerlichen Gebete zu widmen. Glücklicherweise ist es unserem Herrn bekannt, wie sehr ich mir dadurch hätte schaden können; denn ich habe jetzt gar keine übernatürliche Sammlung mehr, und es scheint, als ob ich niemals eine solche gehabt hätte. Darüber wundere ich mich sehr, da es sonst gar nicht in meiner Macht lag, Widerstand zu leisten. Haben Sie indessen meinetwegen gar keine Sorge; denn mein Kopf wird allmählich wieder an Kraft gewinnen. Ich benütze jede Erleichterung, die ich zu meiner Wiedergenesung für notwendig erachte, und dies ist nicht wenig, sogar mehr, als andere sich hier [in ihrer Krankheit] gewöhnlich gestatten. Sonst könnte ich unmöglich der Übung des innerlichen Gebetes obliegen.
Ich habe ein großes Verlangen nach Wiedergenesung; denn mein Kranksein würden nur Sie zu büßen haben. Deshalb halte ich es auch für gut, mich in solcher Weise zu pflegen, da dies für meinen Zustand notwendig ist. Da das Schaffleisch so schlecht ist, so muß ich, um keinen Ekel zu bekommen, immer Geflügel essen; denn meine ganze Krankheit ist nur eine Folge der Schwäche, da ich trotz meines Alters und meiner vielfachen Geschäfte seit dem Feste Kreuzerhöhung, also seit September, gefastet habe. Überhaupt bin ich jetzt zu allen Arbeiten so wenig zu gebrauchen, und mein Körper hat mir immer übel mitgespielt und mich am Guten gehindert. Indessen ist meine Schwäche doch nicht so groß, daß ich es unterliege, Ihnen mit eigener Hand zu schreiben. Ich werde Ihnen heute zu einer Abtötung keine Gelegenheit geben, da der Brief nicht von einer fremden Hand geschrieben ist; übrigens würde diese Abtötung für mich selbst groß sein.
Dagegen müssen Sie mir jene Abtötung verzeihen, die ich Ihnen dadurch auferlege, daß ich Ihnen den Gebrauch des Bußgürtels nicht mehr gestatte; denn Sie dürfen in diesem Punkte nicht Ihrem Eigenwillen folgen. Was die Geißelung betrifft, so dürfen Sie diese nur selten anwenden; sie schmerzt dann um so mehr und schadet um so weniger. Wenden Sie dieselbe auch nicht so gewaltsam an; denn dies fördert wenig, ja ich möchte es vielmehr als ein Zeichen großer Unvollkommenheit ansehen. Um Ihrem Wunsche einigermaßen zu entsprechen, sende ich Ihnen einen anderen Bußgürtel, den Sie an zwei Tagen in der Woche tragen können; ich meine jedesmal vom Morgen bis zum Abend; aber Sie müssen ihn ablegen, wenn Sie sich zur Ruhe begeben. Ergötzlich war es für mich, zu sehen, mit welcher Genauigkeit Sie die Tage zählen. Das ist etwas Neues, und ich glaube nicht, daß die unbeschuhten Karmelitinnen es hierin schon so weit gebracht haben. Suchen Sie jedoch den anderen Bußgürtel nicht mehr zu gebrauchen und heben Sie ihn für jetzt auf!
Der Theresia schicke ich auch einen Bußgürtel nebst einer sehr scharfen Geißel, um welche sie mich bat. Lassen Sie ihr beides mit Empfehlungen von mir übergeben! Julian de Ávila schreibt mir viel Gutes über sie, was mich zum Preise des Herrn stimmt. Gott halte sie immer in seiner Hand! Er hat ihr und uns allen, die wir sie innig lieben, eine große Gnade erwiesen.
Ich hatte dieser Tage in der Tat den Wunsch, Sie möchten an sich erfahren, was eine geistige Trockenheit sei. Darum habe ich mich sehr gefreut, als ich Ihren Brief las, obwohl das, was Sie mir darin berichteten, eigentlich nicht Trockenheit genannt werden kann. Glauben Sie es mir, dieser Zustand ist in vieler Hinsicht sehr heilsam.
Wenn dieser Bußgürtel den ganzen Leib umschließt, so legen Sie über den Magen ein Stückchen Linnen, sonst würde er Ihnen sehr schädlich sein. Sollten Sie Schmerz an den Lenden verspüren, so machen Sie weder vom Bußgürtel noch von der Geißel Gebrauch, da Sie sich dadurch sehr schaden würden. Gott ist Ihre Gesundheit und Ihr Gehorsam lieber als Ihre Bußübungen. Denken Sie daran, was dem Saul gesagt wurde, und gehen Sie nicht von dem ab, was ich Ihnen vorschreibe! Sie werden kein geringes Werk vollbringen, wenn Sie das Temperament dieses Mannes ertragen; denn ich bin der Ansicht, daß alle seine großen Leiden und Plagen von der Melancholie herrühren, die ihn stark beherrscht. Darum ist in diesem ganzen Betragen nichts Sündhaftes, und wir sollten uns darüber nicht einsetzen, sondern vielmehr den Herrn preisen, daß er uns vor einer solchen Prüfung bewahrt hat.
Geben Sie sorgfältig darauf acht, daß Sie sich des notwendigen Schlafes nicht berauben und genügende Nahrung zu sich nehmen. Denn bei dem Verlangen, etwas für Gott zu tun, achtet man nicht auf die Fehler, die man in dieser Hinsicht begeht, und man merkt den Schaden erst dann, wenn er schon erfolgt ist. Ich versichere Sie, diese Erfahrung habe ich an mir selbst gemacht zur Warnung für mich und für andere. Den Bußgürtel alle Tage zu tragen, ist weniger ratsam; denn durch die Gewohnheit würde er allmählich seine Wirkung verlieren, wie Sie selber es bemerken; Sie sollten ihn auch nicht so fest an die Schultern anlegen, wie Sie es zu tun gewohnt sind. Sehen Sie bei all diesen Bußübungen darauf, daß Sie Ihrer Gesundheit nicht schaden! Daß Sie den Abgang des [Ihnen von Gott verliehenen] Gebetes so leicht ertragen, ist eine große Gnade Gottes. Es ist das ein Zeichen, daß Sie ergeben sind in seinen Willen, und diese Ergebung halte ich für das größte Gut, das die Übung des innerlichen Gebetes mit sich bringt.
Bezüglich meiner Schriften habe ich gute Nachrichten erhalten. Der Großinquisitor liest sie selbst, was noch nie vorgekommen ist. Es muß dies daher kommen, daß man sie ihm sehr empfohlen hat. Er teilte der Doña Luise mit, daß in ihnen nichts enthalten sei, was von den Inquisitoren zu beanstanden wäre; denn sie enthielten nur Gutes und nichts Verderbliches. Dann fragte er sie auch, warum ich nicht in Madrid ein Kloster gegründet habe. Er ist den Unbeschuhten sehr gewogen und eben jetzt zum Erzbischof von Toledo ernannt worden. Nach meiner Ansicht ist Doña Luise mit ihm an dem Orte zusammengetroffen, an dem er sich befindet, und hat ihm diese Angelegenheit sehr ans Herz gelegt; denn sie sind einander sehr befreundet. Sie hat mir selbst darüber geschrieben. Wenn sie kommt, was bald der Fall sein wird, werde ich Näheres erfahren. Sagen Sie dies dem Herrn Bischof, der Mutter Subpriorin und der Schwester Elisabeth vom heiligen Paulus, aber ganz im Vertrauen, damit sie es niemandem mitteilen, sondern die Angelegenheit Gott empfehlen. Außer diesen sagen Sie es keiner Person. Es sind das sehr erfreuliche Nachrichten. Daß ich hier geblieben bin, war in jeder Beziehung gut, aber nicht für meinen Kopf, da ich hier mehr Briefe zu schreiben hatte als an einem anderen Orte.
Aus dem beiliegenden Brief der Priorin werden Sie ersehen, daß man bereits die Hälfte der auf dem Hause lastenden Schuld bezahlt hat und man mit Hilfe des Herrn bald den ganzen Rest abtragen wird, ohne die Mitgift der Beatrix und ihrer Mutter angreifen zu müssen. Darüber sowie über den Brief des Augustin, den ich gleichfalls beilege, habe ich mich sehr gefreut. Gott sei Dank, daß er nicht in der Festung war, als sie erstürmt wurde. Es hat mir nur leid getan, daß Sie Ihren Brief fortschickten, ohne auf den Meinigen zu warten. Ich hoffe jedoch, von der Marquise de Villena einen Brief an den Vizekönig zu erhalten, dessen Nichte sie ist und bei dem sie sehr viel gilt, und mit diesem Brief werde ich den meinigen an Augustin senden, sobald sich eine günstige Gelegenheit dazu bietet. Trotz alledem ist es für mich recht peinlich, den Bruder in einer solchen Stellung zu wissen. Empfehlen Sie diese Angelegenheit dem Herrn, was ich auch meinerseits mir angelegen sein lassen werde.
Für meine Mitteilung über die Kraft des Weihwassers weiß ich keinen anderen Grund anzugeben als die Erfahrung, die ich gemacht. Ich habe mich darüber schon mit gelehrten Männern besprochen, und ich fand bei ihnen keinen Widerspruch. Es genügt uns, wie Sie selbst bemerken, daß die Kirche den Gebrauch desselben billigt.
So schlecht es auch den Schwestern ergehen mag, die zur Reform des Klosters nach Paterna gesandt wurden, sie verhindern doch viele Sünden.
Was Franz de Salcedo von der Frau Ospedal sagt, ist wahr, wenigstens wenn er behauptet, daß ich in dieser Hinsicht ebenso bin wie sie. Grüßen Sie mir ihn sowie den Peter de Ahumada recht freundlich!
Ich beschließe diesen Brief. Sehen Sie, ob Sie nicht dem Don Johann de Ovalle etwas Geld geben können zum Kaufe etlicher Schafe. Es wäre dieser Familie damit viel geholfen, und Sie würden dadurch ein großes Werk der Liebe tun; aber ich bitte Sie darum nur unter der Bedingung, daß Sie es leicht tun können.
Ich habe zum Schreiben dieses Briefes meine Feder so oft gewechselt, daß Ihnen meine Schrift schlechter vorkommen wird als sonst gewöhnlich. Wenn also die Buchstaben schlecht ausgefallen sind, so ist dies der Grund davon und nicht meine Krankheit.
Gestern schrieb ich diesen Brief, und heute bin ich, Gott sei Dank, wohler aufgestanden. Die Furcht, immer so armselig bleiben zu müssen, ist größer als die Krankheit selber.
Meine Gefährtin hat sich köstlich benommen in ihrer Unterredung mit dem Pflasterer; sie hat mir soviel von seiner Geschicklichkeit erzählt, daß ich ihr auftrug, es nach Ávila zu berichten. Übrigens glaube ich, daß er, wie die Priorin mich versichert, ein vortrefflicher Arbeiter ist; sie muß es wissen, daß er seine Arbeit nicht schlecht machen wird. Sie kennt diesen Arbeiter und auch den Vitoria; ich meinerseits habe letzteren immer für den geschicktesten in dieser Arbeit gehalten. Gott gebe, daß die Sache gut ausgehe! Er erhalte Sie in seinem Dienste, wie ich ihn darum bitte! Amen.
Heute ist der 28. Februar.
Der Pater Visitator befindet sich wohl; Pater Tostado kommt, wie man sagt, jetzt wieder zurück. So muß denn die Welt die Angelegenheiten unseres Ordens erfahren; es kommt mir dies vor wie eine Komödie. Es wäre mein innigster Wunsch, daß der Pater Visitator endlich einmal von diesen Leuten befreit wäre. Der Herr wolle dies bewirken, wenn er es für notwendig erkennt!
Die Priorin und alle Schwestern empfehlen sich Ihnen. Die Priorinnen von Sevilla und von Salamanka sind voll Sorgfalt für meine Gesundheit. Auch die von Veas und Caravaca haben nicht unterlassen zu tun, was sie konnten; sie zeigen wenigstens ihren guten Willen. Ich wünschte nur, bei Ihnen zu sein, damit Sie sehen könnten, was man mir zusendet, und damit ich die Freude hätte, Ihnen einiges von ihren Geschenken mitzuteilen. Vor kurzem sind einige Alsen von Sevilla angekommen, die in Teig eingehüllt waren. Sie haben uns gut gemundet. Es hat mich diese Sendung recht gefreut, da hier der Mangel an Fischen groß ist. Der gute Wille, den diese Priorinnen dadurch an den Tag legen, rührt mich sehr.
Ihre unwürdige Dienerin
Theresia von Jesu
