181. Brief — An die Mutter Maria vom heiligen Joseph, Priorin in Sevilla
Toledo, am 6. Mai 1577
Besondere Angelegenheiten des Klosters zu Sevilla.
Jesus sei mit Euerer Ehrwürden und vergelte Ihnen die vielen und schönen Geschenke!
Alles ist ganz frisch und gut angekommen. Ich will hierüber in dem Briefe, den ich durch den Maultiertreiber senden werde, mehreres berichten, für diesmal soll nur das Wichtigste zur Sprache kommen.
Jene Engelseele beneide ich. Gott sei gepriesen, daß sie schon so bald für würdig befunden wurde, ihn zu genießen, woran ich durchaus nicht zweifle. Was die übrigen Einzelheiten betrifft, von denen Sie sprechen, so seien Sie überzeugt, daß es offenbar nur Verrücktheit war; machen Sie sich nichts daraus und reden Sie mit niemandem darüber, auch nicht über das, was Ihnen Beatrix gesagt hat. An dieser Schwester schätze ich besonders die ausgezeichnete Liebe; danken Sie ihr in meinem Namen, und empfehlen Sie mich ihr sowie ihrer Mutter und allen Schwestern!
Ihr Fieber und die Krankheit der Subpriorin machen mir viele Sorge. Gepriesen sei der Herr, der uns in diesem Jahre so sehr prüfen und Sie mit so vielen Leiden heimsuchen will! Das Schlimmste ist eine zerrüttete Gesundheit; ist man gesund, so erträgt man alles leicht. Schreiben Sie mir recht bald, wie es sich mit Ihrem Fieber und der Krankheit der Subpriorin verhält! Der Herr gebe, daß das Übel nicht so lang andauere wie gewöhnlich! Denn da ihrer so wenig Schwestern sind, so weiß ich nicht, wie sie sich zurechtfinden. Möge Gott Fürsorge treffen, da er es vermag, denn ich bin darüber sehr in Sorge!
Was Sie in Hinsicht auf das Begräbnis der Schwestern bemerken, so haben Sie ganz recht getan. Auch wir in Toledo begraben sie innerhalb des Klosters; ich werde unseren Vater veranlassen, daß er dies durchwegs anordnet. Nonnen ohne Klausur mögen es anders halten! Pater García Alvarez hat also ganz richtig entschieden. Sagen Sie ihm meine Empfehlungen! Er kann in diesem Notfall die Klausur betreten, aber nicht in jenem bestimmten Fall, von dem Sie sprechen. Es wird also immer besser sein, den Pater García Alvarez um diesen Liebesdienst zu ersuchen, da das Kloster der unbeschuhten Karmeliten zu weit entfernt ist, so daß ich es nicht für angemessen halte, sie zu rufen. Ich ziehe auch den Pater García Alvarez vor, da er ganz der rechte Mann und zudem der beständige Beichtvater der Nonnen ist. Ich werde nächstens mit unserem Vater darüber sprechen und dem Pater García eine Vollmacht zusenden. So Gott will, werde ich unseren Vater noch vor Pfingsten sehen. Der Nuntius hat ihn schon eingeladen, zu kommen, und unsere Angelegenheiten nehmen, wie es scheint, einen guten Verlauf. Sie können sich denken, welche Freude mir [sein Wiedersehen] bereiten wird. Unser Vater ist nach Caravaca und Veas gereist; ich lege Ihnen hier einen Brief von der Mutter Alberta bei, damit Sie sehen, wie es den Schwestern in Caravaca ergeht. Wir sind mit dieser Klostergründung noch nicht zu Ende gekommen. Empfehlen Sie und Ihre Töchter diese Angelegenheit sowie auch die Nonnen in Veas Gott! Die Prozesse, die diese zu führen haben, sind mir recht unangenehm.
Ihren Brief habe ich gestern erhalten, und ich fand sogleich Gelegenheit, ihn an unseren Vater zu senden. Jetzt kann ich Ihnen die vielen Mühen, die Sie mit der Beförderung meiner Briefe gehabt haben, in etwa vergelten, solange nämlich unser Vater in unserer Nähe sein wird.
Nehmen Sie die Laienschwester nur auf, und Gott gebe, daß Ihnen mit ihr allein schon gedient ist! Ich habe unseren Vater schon benachrichtigt, daß ich Ihnen nahelegen werde, sie aufzunehmen.
Was die Verzichtleistung der guten Schwester Bernarda betrifft, so müssen Sie beachten, daß das Kloster nicht erbt, da die Eltern noch leben und diese die Erben sind. Wären diese vor ihr gestorben, so würde das Kloster das Erbe antreten. Dies ist gewiß, ich weiß es von sehr gelehrten Männern. Eltern und Großeltern sind gesetzliche Noterben und erst, wenn diese nicht mehr leben, erbt das Kloster. Die Eltern der Schwester Bernarda sind nur zur Herausgabe ihrer Aussteuer verpflichtet. Wenn dies die Eltern nicht wissen, so werden sie Gott danken, daß sich das Kloster wegen einer weiteren Forderung in keinen Prozeß einläßt. Wenn sie nur geben, was sie zu zahlen versprochen haben, so ist das für uns von großer Bedeutung. Sehen Sie darauf, was sich in dieser Beziehung tun läßt! Es geht nicht an, daß man ihnen die Zahlung der ganzen Aussteuer erläßt. Pater Nikolaus wird sehen, was am besten ist. Empfehlen Sie mich ihm und dem Pater Gregor recht sehr! Grüßen Sie mir auch alle, wie Sie es für gut halten, und Gott sei mit Ihnen! Seit einigen Tagen hat sich zwar mein Kopfleiden sehr gebessert, allein das ungestüme Sausen hat sich noch nicht verloren, und dies ist für mich sehr beschwerlich, wenn ich schreiben muß.
An der Mutter Priorin von Malagón habe ich eine sehr liebe Gefährtin, nur bedauere ich sehr, daß ihr Leiden so hoffnungslos ist. Zwar hat sich ihr Zustand schon um vieles gebessert, da sie mehr essen und sich auch außer Bett halten kann; allein solange das Fieber sie nicht verläßt, hat dies, wie der Arzt sagt, wenig Wert.
Gott vermag alles; er kann uns auch die Gnade schenken, ihr wieder die Gesundheit zu verleihen. Beten Sie nur mit den Schwestern inständig darum! Da Mutter Brianda selber schreibt, so sage ich weiter nichts von ihr.
Heute ist der 6. Mai.
Euerer Ehrwürden unwürdige Dienerin
Theresia von Jesu
An meine Gabriela einen freundlichen Gruß; ihr Brief hat mir große Freude bereitet, und ebenso freut es mich, daß sie gesund ist. Gott verleihe auch allen Schwestern Gesundheit, denn er kann es! Amen, Amen.
