85. Brief — An Pater Gracián in Toledo
Sevilla, im Oktober 1575
Einiges über die Leitung der Klöster der unbeschuhten Karmelitinnen.
....« Euere Paternität würden dem Kloster eine große Wohltat erweisen, wenn Sie dieselbe dort ließen, falls sie zu bleiben wünscht. Andernfalls versetzen Sie dieselbe hieher. Denn sie könnte dann mit den anderen Nonnen bis Malagón reisen. Ich wünsche wahrhaftig nicht, daß Sie mir einen solchen Gefallen erweisen. Kein Kloster bedarf so talentvoller Nonnen in dem Grade wie das zu Toledo. Die Priorin daselbst ist bald am Ende ihres Priorats. Allein ich glaube nicht, daß sich eine andere findet, die für dieses Kloster besser geeignet wäre als sie, obgleich es mit ihrer Gesundheit sehr schlecht steht. Sie ist voll Aufmerksamkeit und besitzt, wenn sie auch eine Freundin der Katzen ist, viele Tugenden. Weil ihr aber das heiße Klima offenbar verderblich ist, so kann sie, wenn Euere Paternität es für gut halten, auf ihr Amt verzichten, so daß man zu einer neuen Wahl schreiten wird. Ich weiß übrigens nicht, wer als Priorin dorthin gehen könnte; denn die Schwestern lieben sie fast alle so sehr, daß sie nach meinem Dafürhalten sich an keine andere gewöhnen, obwohl es an einer oder der anderen, die sich mit ihr schwer tut, nicht fehlen wird; denn solche gibt es.
Überlegen Sie dies, mein Vater, und seien Sie versichert, daß ich die weiblichen Schwachheiten besser kenne als Sie. Es ist durchaus nicht in der Ordnung, daß Euere Paternität irgendeine Nonne, sei es eine Priorin oder eine Untergebene, merken lassen, es gebe eine Mißlichkeit, sie aus ihrem Kloster in ein anderes zu versetzen, es geschehe denn aus Anlaß einer neuen Stiftung. Und selbst in diesem Falle richtet die Hoffnung auf eine Versetzung wahrhaftig so viel Unheil an, daß ich schon oft gewünscht habe, es möchten doch diese Stiftungen einmal ein Ende nehmen, damit alle für immer ruhig wären. Glauben Sie mir, daß dies Wahrheit ist, und auch nach meinem Tode soll man es nicht vergessen; denn der Teufel will bei Nonnen, die in Klausur leben, nichts mehr, als daß sie sich in den Kopf setzen, es sei so etwas möglich. Darüber gäbe es vieles zu sagen. Ich habe zwar von unserem Pater General, den ich darum ersuchte, die Vollmacht erhalten, eine Nonne, deren Gesundheit eine Gegend nicht zusagt, in eine andere versetzen zu dürfen; nachdem ich aber so viele dabei vorkommende Mißstände gesehen, bin ich der Ansicht, es nicht zu gestatten, wenn nicht das Wohl des Ordens es erfordert. Denn es ist besser, daß einige sterben, als daß alle Schaden leiden.
Wir haben gegenwärtig noch kein einziges Kloster, in dem die Zahl schon voll wäre. In einigen gehen noch viele ab, in Segovia meines Wissens drei oder vier, und ich habe, wie ich meine, bisher streng darauf gesehen. Als wir von Malagón die Nonnen mitnahmen, die für die hiesige Stiftung notwendig waren, gab ich der Priorin, ich weiß nicht wie viele, Vollmachten zur Aufnahme anderer Nonnen und legte ihr sehr ans Herz, recht vorsichtig dabei zu Werke zu gehen. Nehmen Euere Paternität ihr diese Vollmachten! Denn es ist besser, daß man sich bei jeder Aufnahme an Sie wende. Glauben Sie mir, mein Vater, daß ich jetzt gar nicht mehr beunruhigt bin, da ich sehe, mit welcher Sorgfalt Sie sich darum annehmen. Denn es wird mir ein großer Trost sein, dieser Sorge für die Leitung der Klöster los zu werden. Wie jetzt die Verhältnisse liegen, kann man auch auf bessere Ordnung sehen; aber als man die Klöster gründete, ohne jemand zu haben, und man einige (Nonnen) bald da, bald dort nötig hatte, konnte man nicht anders, als denen manches nach Wunsch zu tun, die sich dazu herbeiließen.
Seneka bekennt mit größter Freude, er habe an seinem Vorgesetzten mehr gefunden, als er sich hätte wünschen können. Er ist voll Dank gegen Gott, und was mich betrifft, so möchte ich nichts anderes tun als ihn lobpreisen. Die göttliche Majestät erhalte Sie uns noch viele Jahre! Ich versichere Sie, daß mir Ihr öfteres Stürzen unangenehm ist; es wäre gut, wenn man Sie festbinden würde, damit Sie nicht mehr vom Lasttiere stürzen können. Ich weiß nicht, was für einen Esel Euere Paternität als Reittier haben, noch auch, warum Sie zehn Meilen an einem Tage reisen müssen; es ist ja fast zum Umbringen, einen solchen Weg auf dem Saumsattel zu machen. Es tut mir leid, wenn Sie deswegen gestürzt sind, weil Sie wegen der schon beginnenden Kälte mehr Kleider mitschleppen mußten. Der Herr gebe, daß dieser Unfall Ihnen nicht geschadet habe! Weil Ihnen doch an der Förderung der Seelen viel gelegen ist, so bedenken Sie, welch ein Nachteil für viele daraus erfolgen müßte, wenn Sie erkrankten; darum sorgen Sie um der Liebe Gottes willen für Ihre Gesundheit. Elias ist jetzt furchtloser. Der Pater Rektor und Pater Rodrigo Alvarez haben die beste Hoffnung, daß alles sehr gut vonstatten geht. Mich hat alle meine frühere Furcht verlassen, und ich könnte keine mehr haben, wenn ich auch wollte. In diesen Tagen stand es mit meiner Gesundheit schlecht. Ich habe deshalb ein Führmittel eingenommen; denn es war nicht mehr zum Ertragen. Im übrigen war ich seit vier Monaten gesund.
Euerer Paternität unwürdige Tochter
Theresia von Jesu
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