327. Brief — An Pater Hieronymus Gracián in Madrid
Toledo, am 3. Juni 1580
Bittgesuch an den Erzbischof von Toledo. Wiedergenesung des Paters Anton. Die Prinzessin de Eboli. Bevorstehende Abreise nach Segovia. Verschiedene Angelegenheiten.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Euerer Paternität, mein Vater!
Ich weiß nicht, was unser Herr vorhat, daß er mir so viele Hindernisse in den Weg legt, die mir die Abreise von hier und die Unterredung mit diesem Engel unmöglich machen.
Heute habe ich auf den Rat meiner Freunde hin an den Erzbischof selbst eine Art Bittgesuch gerichtet. Wir wollen warten, um noch vor der Abreise zu sehen, wozu er sich entschließt, ob er die Gründung von Madrid genehmigt oder nicht. Nun aber kommt ein weiteres Hindernis; ich fürchte nämlich, wir werden den Pater Angelus auf dem Wege nicht treffen, da er mir geschrieben hat, daß er nach den Festtagen sich nach Madrid begeben werde. Wir werden uns indessen deshalb, soviel ich glaube, von der Reise nicht länger abhalten lassen, wenn die Angelegenheit mit dem Erzbischof geregelt ist, sondern am nächsten Dienstag uns auf den Weg begeben.
Pater Anton befindet sich jetzt wieder bedeutend besser, so daß er Messe lesen kann. Sie können darum bleiben und wohl zufrieden sein. Wir werden uns in Madrid sprechen, und wenn nicht, uns im Himmel wiedersehen. Der Grund, warum ich Ihre Ankunft hauptsächlich gewünscht, war der, weil Pater Anton so krank war, daß ich es nicht gewagt hätte, mit ihm allein zu reisen; ich hätte gefürchtet, er bliebe mir auf dem Wege. Was aber meinen Schmerz noch etwas vermehrte, war der Gedanke, der Freude beraubt zu sein, den Ihre Begleitung mir verschafft hätte; aber ich weiß nicht, wie es kommt, daß jedesmal, so oft ich mir in diesem Leben eine Freude verschaffen will, das Gegenteil eintritt. Da Pater Anton so krank war, hätten Sie wohl eine gute Gelegenheit gehabt, zu seinem Besuche hieher zu kommen; es würde dies jedermann gebilligt haben. Übrigens wäre es sehr am Platze, wenn Sie ihm schreiben würden, daß Sie sich über seine Wiedergenesung freuten; denn er befand sich auch in einem Zustand großer Verlassenheit des Geistes.
Pater Ferdinand von Kastilien ist in Toledo. Man hatte mir gesagt, die Fürstin de Eboli sei in ihrem Hause zu Madrid, und jetzt berichtet man mir, sie befinde sich in Pastrana. Ich weiß nicht, ob das eine oder das andere auf Wahrheit beruht; indessen wäre beides sehr gut für sie.
Meine Gesundheit ist, Gott sei Dank, gut. Benachrichtigen Sie mich doch, wenn Pater Angelus in Madrid angekommen sein wird! Die fahrenden Boten bringen die Briefe am schnellsten und am sichersten. Ich habe Euerer Paternität zweimal geschrieben und Ihnen mitgeteilt, daß ich den Brief des Paters Nikolaus und die übrigen, die zugleich mit diesem ankamen, erhalten habe. Jenen, den Sie am Dienstag vor dem Fronleichnamsfeste geschrieben, übergab man mir heute am Freitag nach diesem Feste. Ich sende die Antwort darauf durch einen Bruder der Mutter Brianda. Letztere befindet sich wohl. Alle Schwestern empfehlen sich in Ihre Gebete und ich auch in das Gebet des Herrn Velasko, dem ich jetzt nicht schreibe, da ich es erst vor kurzem getan habe. Ich wünschte recht sehr, es möchte mein Brief an ihn nicht verlorengegangen sein; er war deshalb wichtig, weil ich darin diesen Herrn bat, es möchte seine Schwester sich in Madrid einfinden, wenn ich dort durchreisen würde.
Pater Nikolaus hat, wie er mir schrieb, in Sevilla achthundert Dukaten zum Aufbewahren hinterlegt, die nach Aussage der Priorin dort bleiben sollen, um damit die notwendigen Ausgaben für die Angelegenheiten des Ordens bestreiten zu können. Dies sage ich Ihnen deshalb, damit jener, der Ihnen die hundert Dukaten leihen wird, sicher sein kann, sein Geld bald wieder zurückzuerhalten. Sollte da, wo Sie sich befinden, eine Anleihe nicht möglich sein, so darf ich nur an Casademonte schreiben, und er wird sogleich das Geld senden. Möge Gott alles leiten, da er sieht, in welcher Not wir uns befinden, und Euere Paternität behüten, wie ich ihn darum bitte!
Euerer Paternität Dienerin
Theresia von Jesu
Senden Sie, bitte, beiliegenden Brief an Pater Nikolaus und er-
kundigen Sie sich im Kloster der Karmeliten, was man dort über den Pater Generalvikar weiß! Geben Sie mir dann, wenn möglich, darüber Nachricht! Jedenfalls werden wir nach meinem Dafürhalten am Dienstag oder Mittwoch von hier abreisen, falls nicht aufs neue etwas dazwischentritt; ich komme mir nämlich wie bezaubert vor, [weil ich immer wieder hingehalten werde].
