302. Brief — An Pater Nikolaus von Jesu Maria (Doria) in Sevilla
Malagón, am 21. Dezember 1579
Umzug der Nonnen in ihr neues Kloster. Ihr Glück. Die Karmelitinnen zu Sevilla und zu Malagón.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Euerer Hochwürden!
Heute, am Feste des heiligen Thomas, kam Serrano hier an. Ich habe Ihren Brief mit großer Freude empfangen; denn ich wünschte zu wissen, wie Sie in Sevilla angekommen sind. Gott sei gepriesen für die uns erwiesene große Gnade, daß Sie glücklich eingetroffen sind! Möge er Sie auch ebenso glücklich wieder zurückgeleiten! Sie werden wohl nicht mit jener Freude zurückreisen, die die Beschwerden der Reise erleichtert. Meiner Berechnung nach müssen Sie schon zwei Briefe oder wenigstens einen erhalten haben, den ich Ihnen fast gleich nach meiner Ankunft dahier, am Feste der heiligen Katharina, übersandte. Beide schickte ich an Herrn Franz Doria.
Am Feste der Empfängnis der allerseligsten Jungfrau sind wir
mit Gottes Gnade in das neue Kloster eingezogen. Es hat viele
Arbeit gekostet; denn es gab noch viel zu tun, um es beziehen zu können. Ich war darum acht Tage vor diesem Einzuge recht ermüdet. Indessen halte ich diese Mühe für gut angewendet; und wenn auch bis zum Ausbau des Hauses noch manches fehlt, so finden sich doch die Schwestern darin ganz wohl. Das übrige hat der Herr besser gelenkt, als ich es verdiene.
Ich muß staunen, wenn ich bedenke, welches Verderben der Teufel in diesen Seelen angerichtet hat, die unter einer schlechten Leitung standen, und welche Furcht er den Nonnen dahier eingejagt oder welches Schreckbild er ihnen vorgegaukelt hat. Sie sind in der Tat alle fromme Seelen und streben eifrig nach Vollkommenheit. Die meisten von ihnen, ja fast alle, waren wegen der Fehler, die sie wahrnahmen, in großer Unruhe; allein sie fanden kein Mittel, sie abzustellen. Jetzt sind sie dem bisherigen Zauber entrissen, und ich halte für gewiß, daß keine einzige nach anderen Verhältnissen Verlangen trägt, als die jetzigen sind; sie wünschen selbst nicht die Schwester der Mutter Brianda. Was diese [letztere] betrifft, so freute sie sich sehr, nicht wieder zurückkehren zu müssen.
Ich versichere Sie, mein hochwürdiger Vater, man muß sehr darauf achten, wem man solche Ämter überträgt. Denn die Nonnen sind äußerst unterwürfig, und es bereitete ihnen die größte Gewissensunruhe, weil sie das, was die Oberin tat, nicht für gut hielten; und es war dies in der Tat von ihrer Seite unrecht. Jetzt sind sie mit ihrer [neuen] Priorin überaus zufrieden, und sie haben auch allen Grund dazu. Mit Ausnahme von zwei oder drei Nonnen, denen die Entfernung des Beichtvaters schwerfiel, waren die anderen — ich glaube fast alle — darüber sehr erfreut. Gleich bei meiner Ankunft erklärte ich ihnen, daß es nun nicht mehr gestattet sei, bei ihm zu beichten. Doch sorgte ich dafür, daß alles Aufsehen nach außen hin vermieden wurde; mit ihm aber sprach ich ganz offen. Dabei erkannte ich, daß er wirklich ein Diener Gottes ist und in keiner Weise böswillig gehandelt hat. Da er weit von unserem Kloster entfernt wohnt und viel zu tun hat, so ist die Sache ohne jedes Aufsehen abgegangen. Ich habe ihn ersucht, bei uns zu predigen, und ich sehe ihn auch sonst manchmal.
Etwas aber macht mir noch Kummer, nämlich die vielen Schulden des Klosters. Es ist dort infolge der schlechten Leitung, die zu lange dauerte, alles in Unordnung gekommen; die Nonnen sahen wohl ein, daß es so kommen müsse, allein man gewährte ihnen nur wenig Einblick in die Angelegenheiten. Da jene Vikarin noch nicht lange Nonne war, so wird sie es wohl nicht besser verstanden haben. Will man aber nur seiner eigenen Ansicht folgen, so verursacht man großen Schaden.
Haben Euere Hochwürden die Güte, der Priorin, die jetzt aufs neue dieses Amt antritt, zu sagen, sie möge sich genau über alle Verpflichtungen dem Orden gegenüber unterrichten, ihnen nachkommen und die Satzungen beobachten; wenn dies geschieht, dann kann man nicht irregehen. Handeln die Oberinnen anders, dann läßt Gott zu, daß ihre besten Freundinnen ihre Anklägerinnen werden. Die Oberinnen dürfen nicht meinen, sie könnten nach Belieben schalten und walten wie die Eheleute. Wollen Euere Hochwürden diesen Brief der Priorin zeigen! Manchmal wurde ich verdrießlich über sie und auch über die anderen, die ich von hier nach Sevilla mitgenommen habe. Sie haben mir nie ein Wort gesagt von dem, was vorfiel; wohl war damals manches noch nicht geschehen, was später geschah.
Ich antworte nun auf die Frage, die Euere Hochwürden mir vorgelegt haben. Will eine der Nonnen einem anderen Pater als dem von Ihnen bezeichneten gewöhnlichen Beichtvater beichten, so erlaube man es ihr, wenn es nur einer aus dem Kloster de los Remedios, und zwar ein solcher ist, den Sie für geeignet halten. Die Nonnen in Malagón hatten bisher in dieser Beziehung große Qual auszustehen; diese Seelen hatten viel gelitten und Schweres ertragen müssen.
Die Nonnen von Sevilla, sagt man mir, hätten an die von Malagón geschrieben und sie aufgefordert, fest darauf zu bestehen, daß Brianda zurückkehre; durch dieses Mittel hätte man in Sevilla etwas erreicht, und man würde ebenso auch in Malagón etwas erreichen. Legen Euere Hochwürden der Priorin eine ordentliche Buße auf! Sie hätte bedenken sollen, daß ich keine so schlechte Christin bin, um mich ohne wichtige Gründe der Rückkehr der Brianda entgegenzusetzen, und daß ich keine so großen Ausgaben für den Ankauf des Klosters gemacht haben würde, wenn mir der Nutzen nur gering vorgekommen wäre. Ich verzeihe den Nonnen, was sie in dieser Beziehung geurteilt haben mögen; möge ihnen auch Gott verzeihen! Wäre es der Wille Seiner Majestät gewesen, daß ich in der Rückkehr der Brianda irgendeinen Vorteil für die Nonnen gefunden hätte, ich würde ebenso dafür gearbeitet haben, wie ich auch für die Wiedereinsetzung der Priorin in Sevilla gewirkt habe. Aber ich versichere Euren Hochwürden, daß es um den Frieden des Hauses vollständig geschehen ist, wenn sie wieder zurückkehrt; von anderen schlimmen Folgen rede ich gar nicht. In einer so wichtigen Sache hätte man von der Ferne aus nicht das Verdammungsurteil über eine Person fällen sollen, die bereit wäre, ihre Ruhe zum Opfer zu bringen für das Wohl und den Frieden einer einzigen Seele.
Von Pastrana erfuhr ich vor einigen Tagen, daß die dortigen Väter krank seien; mehr habe ich seitdem nicht mehr gehört. Sie werden wohl jetzt wieder gesund sein. Machen sich Euere Hochwürden deshalb keine Sorge und unterlassen Sie nicht, in Sevilla alle jene Maßregeln zu treffen, die Sie für notwendig erachten! Das, was bis zum Feste der Heiligen Drei Könige nicht fertig gebracht ist, wird wohl ein längeres Verweilen dortselbst erfordern. Wenn aber Gott es fügt, daß von Rom das Erwartete eintrifft, so müssen Sie schon beizeiten in Kastilien sein.
Vor dem Feste der Empfängnis kam der Prior von la Roda, Pater Gabriel, hieher, um mich zu besuchen. Er gab mir zu verstehen, daß er wegen der Angelegenheit der Doña Elisabeth Osorio gekommen sei. Ich schiebe den Eintritt dieser Dame noch hinaus, um zu sehen, ob sie uns nicht mit ihrem Vermögen bei der beabsichtigten Stiftung in Madrid behilflich sein kann; denn die Frau Doña Luise sagte mir, daß der Erzbischof die Erlaubnis nicht erteile, bis das Kloster ein gesichertes Einkommen habe. Ich weiß aber noch immer nicht, wie man das bewerkstelligen sollte, selbst wenn Doña Elisabeth ihr ganzes Vermögen opfern würde; denn da müßten wir jemand haben, der uns über ihr ganzes Barvermögen, das sie mitbringen wird, eine Versicherung gibt, da sie vor ihrem Eintritt nicht frei verfügen kann. Wir werden uns, wenn Sie hierher kommen, darüber besprechen.
Die so geheimgehaltene Absendung eines Geschäftsträgers nach Rom gefällt mir. Pater Gabriel sagt mir, daß er schon abgereist sei; diese Mitteilung habe ihm Don Ludwig gemacht. Er hat die Überzeugung, daß man, wenn der König einmal ein Bittgesuch einreicht, ohne Verzug Antwort erhalten und man nicht erst das Kapitel abwarten werde. Gebe Gott, daß es so geschehe! Ich tat, als ob mir seine Mitteilung etwas Neues wäre. Er behauptet, daß er darüber sehr erfreut sei, und er hat wahrlich auch Grund dazu. Das übrige mündlich, wenn wir uns treffen.
Die Priorin von Veas sandte mir Briefe für Casademonte, worin sie ihm erklärt, daß sie auf eine Anweisung warte, an wen sie die hundert Dukaten abgeben sollte, die dort bereitlägen. Wir brauchen somit hierfür keine Sorge mehr zu haben.
Was Euere Hochwürden mir vom Erzbischof berichten, gereicht mir zu großem Trost. Sie haben gar nicht gut gehandelt, daß Sie ihm nicht meine ehrfurchtsvollsten Empfehlungen übermittelten; tun Sie das jetzt! Sie können ihm auch sagen, daß ich ihn alle Tage bei der heiligen Kommunion unserem Herrn besonders empfehle. Seine Majestät erhalte Euere Hochwürden und führe Sie recht gesund hierher zurück! Denken Sie ja nicht, daß ich Sie so bald wieder von hier fortlassen werde! Die Priorin empfiehlt sich Ihnen angelegentlich. Einige von den übrigen Schwestern sehnen sich sehr nach Ihrer Ankunft.
Euerer Hochwürden unwürdige Dienerin
Theresia von Jesu
Pater Philipp versieht sein Amt als Beichtvater vortrefflich. An Pater Gregor viele Empfehlungen von mir und seiner Schwester; sie ist eine ausgezeichnete Nonne und könnte nicht zufriedener sein. Überlegen Euere Hochwürden, ob es nicht gut sei, das Amt der Novizenmeisterin für jetzt der Priorin anzuvertrauen. Da es nämlich in diesem Kloster so viele Veränderungen gegeben hat, so darf sich die Liebe der Schwestern nicht zersplittern, sondern soll einzig der Priorin zugewendet werden. Sie könnte sich eine Schwester an die Seite stellen, die sie im Unterricht der Novizinnen unterstützt. Was die inneren Schwierigkeiten in bezug auf das Gebet und die Versuchungen betrifft, so sagen Sie ihr, sie möge keine Eröffnung des Gewissens verlangen, sondern sich mit dem zufrieden geben, was ihr die Schwestern gerne anvertrauen, wie es in der Unterweisung heißt, die Euere Hochwürden bestätigen ließen; es ist dies ein Punkt von Wichtigkeit. Daß der Prior de las Cuevas befriedigt ist, hat mich sehr gefreut. Es ist doch etwas Großes um die Wahrheit! Übermitteln ihm Euere Hochwürden meine Empfehlungen!
