183. Brief — An die Mutter Maria vom heiligen Joseph, Priorin in Sevilla
Toledo, am 15. Mai 1577
Einige Angelegenheiten des Klosters zu Sevilla.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Ihnen, meine Tochter!
Es wäre mir weit lieber gewesen, gute Nachrichten über Ihre Gesundheit zu erhalten als alle Geschenke, die Sie mir sandten, und wären sie auch Geschenke einer Königin. Unser Herr wolle Sie dafür belohnen!
Das Orangenblütenwasser ist ebenso vortrefflich als hinreichend, und es kam gerade zur rechten Zeit an. Die Korporalien sind sehr hübsch. Es scheint, Gott habe Sie zu dieser Sendung angeregt; denn sie passen zu der Palla, die mir die Priorin von Segovia geschickt hat. Als ich noch bei Ihnen in Sevilla war, habe ich, wenn Sie sich noch daran erinnern, jene bitten lassen, mir eine solche zu machen. Diese Palla ist ganz mit Gold durchwirkt und überdies mit kleinen Perlen und herrlichen Granaten geziert. Diese Handarbeit kostete sie, wie man sagt, dreißig Dukaten. Die Korporalien der Beatrix sind prachtvoll wie auch das kleine Kreuz, aber es wäre in der Schachtel noch Platz gewesen für andere. Die Korporalien sind so nett, daß sie meinem Geschmacke mehr zusagen als alles andere.
Das Orangenblütenwasser haben Sie so vortrefflich verpackt, daß es sehr gut angekommen ist; jetzt sind wir reichlich damit versehen. Ich habe nur den Wunsch, Ihnen Ihre Geschenke einigermaßen vergelten zu können, die im Grunde genommen nur Zeichen Ihrer Liebe zu mir sind. Aber mein Leben lang habe ich noch keine Gegend gesehen, die an Dingen, die Gefallen finden könnten, so arm wäre wie die Gegend von Toledo. Da ich aus dem reichgesegneten Andalusien kam, so ist mir diese Gegend noch unfruchtbarer vorgekommen, als sie wirklich ist.
Ich habe angeordnet, hier sogleich die 100 Dukaten zu zahlen, wofür mir Asensio Galiano eine Anweisung in Sevilla gegeben hatte. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern, daß man von dieser Summe 50 Dukaten nehmen mußte, um die Ausgaben zu decken, die Pater Mariano für das Haus in Sevilla machte, als wir dorthin kamen; die anderen 50 Dukaten sind bestimmt zur Bezahlung des Mietzinses. Seitdem Asensio Galiano gestorben ist, war ich um die Bezahlung dieser Schuld besorgt, und ich werde es sein, bis ich Sie ganz frei von diesen Geldsorgen sehe. Die Leiden, die Ihnen der Herr sendet, reichen schon hin, und es berührt mich sehr schmerzlich, Sie und die Subpriorin seit Beginn des Sommers krank zu wissen. Gott möge Ihnen die Gesundheit verleihen! Denn ich weiß wahrhaftig nicht, was die Schwestern anfangen sollen.
Durch den Eilboten habe ich Ihnen schon geschrieben, daß Sie die Laienschwester aufnehmen und den Leichnam dieser kleinen Heiligen im Chore belassen sollen und daß unsere Schwestern innerhalb des Klosters nicht aber in der Kirche begraben werden sollen. Ebenso habe ich Ihnen geschrieben, daß der Vater und die Mutter dieser Heiligen, die noch am Leben sind, ihr Erbe antreten werden, obwohl sie zugunsten des Klosters auf alles Verzicht geleistet hat. Wären die Eltern vor ihr gestorben, so würde das Kloster erben; allein so sind sie verpflichtet, die sie treffende Aussteuer herauszugeben. Vergleichen Sie sich darum mit ihnen, so gut Sie können! Würde man alles herausgeben, was zugesichert wurde, so wäre das für uns ein großer Gewinn. Lassen Sie Ihre Bedenken in bezug auf die Vollkommenheit beiseite, denn wir mögen tun, was wir wollen, man wird uns trotzdem für habsüchtig halten. Übrigens muß auch hier geschehen, was unser Vater befiehlt. Schreiben Sie ihm hierüber und gönnen Sie sich um der Liebe Gottes willen eine gute Pflege!
Der Zustand der Mutter Brianda geht mir sehr zu Herzen, wenn es ihr auch seit ihrer Ankunft dahier besser zu ergehen scheint. Ich habe große Freude, in ihrer Nähe zu sein. Weil sie, wie sie sagte, selbst schreiben wird, so berichte ich weiter nichts von ihr.
Sie werden schon wissen, daß der Nuntius unseren Vater zu sich beschieden hat. Unsere Angelegenheiten scheinen einen guten Fortgang zu nehmen. Empfehlen Sie diese Gott! Die göttliche Majestät erhalte Sie mir und mache Sie recht heilig! Die gute Bernarda habe ich beneidet. Man hat in unseren Klöstern viel für sie gebetet, obwohl ihr nach meinem Dafürhalten diese Gebete nicht mehr notwendig sind.
Heute ist der Vorabend von Christi Himmelfahrt.
Euerer Ehrwürden
Theresia von Jesu
An die Mutter Subpriorin, an meine Gabriela und an alle Ihre Töchter meine Empfehlungen! Schicken mir Euere Ehrwürden das Rezept zur Bereitung des Sirups, den die Schwester Theresia eingenommen hat; ihr Vater bittet darum. Vergessen Sie es aber ja nicht! Es handelt sich um den Sirup, den sie während des Tages beständig einnahm.
Anschrift: An die Mutter Priorin von Sevilla.
