353. Brief — An Pater Hieronymus Gracián in Alcalá de Henares
Palencia, am 17. Februar 1581
Wohlmeinender Rat in betreff des Paters Gabriel. Ratschläge für das kommende Kapitel. Mahnung zur klugen Mäßigung in seinen Arbeiten.
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Nach meiner Ansicht wird Makarius seine Versuchung nicht verbergen können. Daß Pater Gabriel in la Roda bleibt, habe ich Ihnen schon geschrieben. Es ist dies meiner Ansicht nach ein großes Glück für das Nonnenkloster in Villanueva. Er hat für die Schwestern ein anderes Haus mitten in der Stadt gekauft, das, wie man sagt, ganz vortrefflich sein soll. Ich bin jedoch in Sorge, weil ich glaube, es habe weder eine gute Aussicht noch einen freien Platz. Erkundigen Sie sich bei ihm, wie wenn dies von Ihnen ausgehen würde, und erzeigen Sie sich freundlich gegen ihn! Denn er ist ein guter Mann, der vortreffliche Eigenschaften besitzt; und wenn er Ihnen gegenüber auch ein etwas unfreundliches Wesen zeigt, so kommt dies meiner Ansicht nach daher, weil er in der Meinung lebt, Sie würden andere mehr als ihn lieben.
Mir ist auch der Gedanke gekommen, Sie sollten, falls Sie zum Provinzial erwählt werden, dafür Sorge tragen, den Pater Nikolaus als Gefährten zu bekommen; denn für diese Anfänge ist es sehr wichtig, daß Sie beide zusammen wirken, da ja Pater Bartholomäus infolge seiner Kränklichkeit notwendig Fleisch essen muß und ihn deshalb einige schon mit schiefen Augen anschauen. Ich werde jedoch dem apostolischen Kommissär nichts davon sagen. Dieser Vorschlag würde, ich versichere Sie, wenigstens für den Anfang von großer Bedeutung sein, da Pater Nikolaus in allem einen guten Rat zu geben weiß. Wer wie Sie andere zu ertragen hat, der kann sich nur freuen, einen Gefährten zu haben, von dem er nichts zu erdulden haben wird.
Entrichten Sie, bitte, meine besten Grüße an Pater Bartholomäus! Nach meinem Dafürhalten muß er wohl infolge seiner Kränklichkeit in Ihrer Begleitung recht müde geworden sein, da Euere Hochwürden gar niemals ausruhen. Es ist das eine Marter für Sie und für den, der bei Ihnen ist. Ich habe schon oft daran gedacht, wie krankhaft Ihr Aussehen vor einem Jahre in der Karwoche war. Mäßigen Sie doch um der Liebe Gottes willen in der kommenden Fastenzeit Ihren Eifer mit Ihren Predigten, und genießen Sie keine Fische, die schwer zu verdauen sind! Die nachteiligen Folgen werden sich bald einstellen, wenn Sie es auch nicht eingestehen wollen, und dann kommen die Versuchungen.
Es diene Ihnen zur Kenntnis, daß man sich mit der Kapelle des Sancho de Ávila noch immer beschäftigt. Die Ansichten der Theologen sind in diesem Punkte geteilt; wenn sie auch die Kapelle uns schenken, so verlieren sie doch nichts von ihrem Erbe. Nach meiner Ansicht wird ein Prozeß daraus entstehen. Ich habe erklärt, man möge sich mit dieser Angelegenheit nicht beschäftigen, bis wir einen Provinzial haben. Ich bemerke dies hier, obwohl es nicht passend zu sein scheint; aber Euere Hochwürden sollten den Provinzial, der erwählt wird, darauf aufmerksam machen, in dieser Sache keine Anordnungen zu treffen, ohne sich vorher nach Alba zu begeben und alles genau in Augenschein zu nehmen. Denn die Sache ist für jenes Kloster sehr wichtig. Don Sancho de Ávila gibt jetzt schon mehr, als er müßte; andererseits sind die Nonnen mit dieser Kapelle in einer solchen Notlage, daß man sie nach meiner Ansicht bauen muß. Jedenfalls ist es gut, Bedingungen zu stellen und verschiedene andere Punkte genau zu bestimmen, weshalb es nötig sein wird, mit mir die Angelegenheit zu besprechen und davon Einsicht zu nehmen.
Hier geht es, Gott sei Dank, mit jedem Tage besser. Wir stehen eben in Unterhandlungen betreffs des Kaufes eines sehr passenden Hauses. Das Haus neben der Einsiedelei zu unserer Lieben Frau ist nicht so gut und überdies auch sehr teuer; darum nehmen wir es nicht. Das andere hat eine sehr gute Lage.
Meine Gesundheit ist besser als gewöhnlich, und auch alle Schwestern sind wohl. Die Schwester vom heiligen Bartholomäus und die Mutter Agnes von Jesu senden Ihnen die freundlichsten Grüße. So sehr auch Euere Hochwürden der Ihnen drohenden Bürde des Provinzialats zu entkommen sich bemühen, so ist die letztgenannte Nonne, wie sie sagt, doch davon überzeugt, daß man sie Ihnen infolge des Fürbittgebetes der Karmelitinnen auferlegen werde. Der Herr leite alles so, daß Euere Hochwürden ihm um so treuer dienen mögen! An allem übrigen ist wenig gelegen, sollte es auch für uns noch so schmerzlich sein.
Ich wollte mich kurz fassen; aber da sehen Sie, wie schlecht mir dies glückt. Den Pater Mariano habe ich bereits heftig getadelt wegen seiner Versuchung, den Makarius zu wählen, wovon er mir geschrieben hatte. Ich begreife diesen Mann nicht; übrigens möchte ich mich betreffs dieses Falles mit keinem anderen verständigen als mit Ihnen. Darum bewahren Sie das, was ich Ihnen hierüber geschrieben habe, für sich allein; denn es ist dies von großer Bedeutung! Unterlassen Sie nicht, sich an Pater Nikolaus zu wenden, und geben Sie allen Vätern zu verstehen, daß Sie das Amt des Provinzials für sich nicht wünschen! Ich weiß wirklich nicht, wie die Väter mit gutem Gewissen einem anderen ihre Stimme geben können außer einem von Ihnen beiden.
Ihren Brief habe ich schon an die Klöster gesendet. Alle Nonnen sind darüber hoch erfreut, und ich noch am meisten. Ich werde Ihnen die Berichte, die diese mir schickten, zusenden. Wenn einige Klöster ihren Bericht Ihnen unmittelbar zuschicken, so tun Sie damit, was Ihnen beliebt, und verwerfen Sie, was Ihnen nicht zusagt! Gott behüte Sie und mache Sie so heilig, wie ich ihn darum bitte! Amen.
Heute ist der 17. Februar.
Wenn uns bezüglich unserer Klöster noch mehr einfällt, so werde ich Ihnen davon Mitteilung machen. Denn die Angelegenheiten des Kapitels werden offenbar nicht so schnell geregelt werden, daß uns nicht noch Zeit bliebe.
Euerer Paternität unwürdige Dienerin und Tochter
Theresia von Jesu
