222. Brief — An Pater Hieronymus Gracián von der Mutter Gottes
Ávila, am 11. März 1578
Verfolgung der Nonnen im Kloster der Menschwerdung. Not und Bedrängnisse einiger Klöster der Reform.
Jesus sei mit meinem Vater und befreie ihn von diesen Ägyptern!
Ich versichere Sie, daß mich das Verfahren dieser Beschuhten mit den armen Nonnen entsetzt. Ich habe sie zu bewegen gesucht, sich zu unterwerfen, da das Ärgernis schon einen hohen Grad erreicht hatte. Dies hielten viele andere, besonders die Dominikaner, in diesem Falle für das beste. Es ist mir nämlich der Verdacht gekommen, daß diese Beschuhten einander unterstützen, um mit vereinten Kräften die Reform dieses Klosters hintanzuhalten; ich war wirklich schon müde, ihr arges Lärmen und Geschrei zu hören. Diese Nonnen hatten in der Tat schon lange zu leiden gehabt. Dennoch aber würden sie, wie ich glaube, nicht nachgegeben haben, wenn ich ihnen nicht den Rat übersandt hätte, sich zu unterwerfen mit dem Hinweis darauf, daß sie dadurch ihre gerechte Sache keineswegs schädigen würden.
Seitdem die unbeschuhten Väter nicht mehr hier sind, ist die Angelegenheit der Nonnen wenig gefördert worden. Ich habe auch in der Tat an Rochus und an Padilla geschrieben, daß es nicht nötig sei, diese Angelegenheit beim Königlichen Ratskollegium zu beschleunigen, wenn die Sache der Unbeschuhten keine gute Wendung nehmen und die Beschuhten Visitatoren bleiben sollten; denn in diesem Falle hielte ich es für töricht, mich als Priorin in das Kloster zu begeben, selbst wenn der Prozeß für die Nonnen gut ausgehen würde; andererseits schien es mir wieder sehr unrecht, dieses Amt nicht anzutreten und die Nonnen im Stiche zu lassen, nachdem sie meinetwegen so vieles ausgestanden hatten. Immerhin werde ich mich, wie ich glaube, nicht weigern können, wenn auch nach meiner Ansicht die Angelegenheit keinen guten Ausgang nimmt, falls der Herr diesen Seelen nicht irgendwie zu Hilfe kommt. Ich habe großes Mitleid mit ihnen; denn sie sind sehr betrübt, wie Sie aus beiliegenden Zetteln ersehen können.
Senden Sie doch um der Liebe willen diese Zettel an Pater Germanus, damit er diese Nonnen Gott empfehle! Es ist ein Glück, daß dieser Pater wieder in Freiheit gesetzt wurde. Aber die Leiden des Paters Johannes vom Kreuz gehen mir sehr zu Herzen. Wenn sie nur nicht wieder eine neue Verleumdung gegen ihn erheben! Gott verfährt doch recht schrecklich mit seinen Freunden; allein er tut ihnen in Wahrheit nicht unrecht, weil er ebenso auch mit seinem Sohne verfahren ist.
Lesen doch Euere Paternität den beiliegenden Brief, den mir ein Edelmann von CiudadRodrigo gebracht. Er kam zu keinem anderen Zweck, als um die Angelegenheit jener Nonne zu betreiben, von der er viel Lobenswertes berichtet. Wenn dies wirklich so ist, so wäre sie ein großer Gewinn für uns. Sie bringt vierhundert Dukaten mit und noch dazu eine bedeutende Ausstattung. Die Schwestern in Alba ersuchen mich, ihnen eine Nonne zu senden. Diese Postulantin wünscht in das Kloster Salamanka zu kommen; sie wird aber auch ins Kloster zu Alba eintreten, obwohl man sie in Salamanka notwendiger brauchen würde, da durch ihre Mitgift dem schlechten Zustand des Klosters abgeholfen werden könnte. Sie kann nur da eintreten, wohin Euere Paternität sie senden. Ich verspreche Ihnen, daß ich sie dazu bestimmen werde. Sie scheint mir für beide Häuser tauglich zu sein.
Ins hiesige Kloster zu Ávila wollen auch zwei Kandidatinnen aus Burgos eintreten, die, wie man sagt, sehr tugendhaft sein sollen; sie bringen fünfzehnhundert Dukaten mit. Diese Aussteuer wäre sehr notwendig für die Erweiterung des Klosters und für den Bau der Klostermauer. Käme noch eine Nonne mit solcher Aussteuer, so könnte man alles vollenden! Wollen Euere Paternität die Erlaubnis zur Aufnahme geben!
Sehen Sie doch auf den Lärm, den die Gesellschaft Jesu wegen der Schwester der Priorin von Veas in Szene setzt! Ich habe der Priorin von Malagón sagen lassen, sie möge sich erkundigen. Hier werden Sie sehen, was man sagt, und man muß noch viel mehr wissen. Überlegen darum Euere Paternität, was zu tun ist; denn ich versichere Sie, diese Naturanlage bleibt immer dieselbe. Wenn auch Anna von Jesu sie nur zwei oder dreimal gesehen hat, so muß man doch alles berichtet haben. Ich habe ihr so geantwortet, wie wenn ich schon alles gewußt hätte, was ich setzt weiß. Im Drange der Verhältnisse hat, wie ich sah, weder der Bruder noch die Schwester mit ihr geredet. Der Bruder ist nämlich ein Mitglied der Gesellschaft Jesu, und da ist es mir leicht erklärlich, daß alle zusammenhelfen.
Es fällt mir sehr schwer, daß ich schon so lange nicht mehr bei Euerer Paternität beichten kann. Denn hier finde ich das nicht, was ich in Toledo hatte; und das ist eine große Prüfung für mich. —
So weit schrieb ich gestern; heute erzählt man mir, mit welch großer Ungerechtigkeit die Beschuhten gegen die Nonnen des Klosters der Menschwerdung vorgehen; es ist dies wirklich zum Erbarmen. Einige Nonnen des Klosters zum heiligen Joseph sind, wie mir scheint, in Furcht, sie möchten in die Hände dieser Menschen fallen, und ich wundere mich nicht, daß sie dies befürchten; denn es ist Grund dazu vorhanden. Möge Gott ihnen zu Hilfe kommen und Euere Paternität erhalten! Es ist jetzt schon spät in der Nacht, und morgen früh wird der Bote abgehen.
Heute ist der 11. März.
Euerer Paternität unwürdige Dienerin
Theresia von Jesu
