360. Brief — An Pater Hieronymus Gracián in Alcalá de Henares
Palencia, am 12. März 1581
Eine melancholische Nonne. Projekt der Gründung von Burgos. Einladung zum Besuch des Don Franz. Lob des Paters Angelus de Salazar.
...Man darf die Priorin nicht beleidigen, da sie ihre Nonnen in guter Zucht hält; sie möchte nicht, daß diese Nonne dem Kloster schade. In Medina gibt es ohnehin viele, die an Melancholie leiden, und in jedem anderen Kloster würde man sich besinnen, eine solche aufzunehmen, was mich auch gar nicht wundert. Indessen müssen sich die Nonnen gegenseitig unterstützen. Meiner Ansicht nach geht es nicht an, diese Schwester in eine Neugründung zu schicken. Ich hatte auch schon den Gedanken, sie mit nach Burgos zu nehmen, zwar nicht als Stifterin, sondern als Büßerin. Kommt diese Stiftung wirklich zustande, so gedenke ich, die Mutter Agnes von Jesu als Priorin dort zurückzulassen. Sie geht doch lieber nach Burgos als nach Madrid, obgleich sie sich sehr gegen dieses Amt sträubt. Als Subpriorin werde ich ihr die Subpriorin von Valladolid beigeben, weil beide ganz damit einverstanden sind. Zudem kennen diese die genannte Schwester und werden in deren Behandlung mit Klugheit zu Werke gehen, obgleich es für die Mutter Agnes von Jesu sehr peinlich sein wird, sie annehmen zu müssen. Überlegen Euere Hochwürden um der Liebe Gottes willen, was hier das beste sein wird! Denn man muß schleunigst ein geeignetes Mittel anwenden, damit sie nicht ganz unheilbar wird. Bis jetzt ist sie aus ihrer Zelle noch nicht gekommen, und es wäre auch nicht gut, wenn sie diese verlassen würde.
Euere Hochwürden werden wohl meiner Ansicht nach viel Arbeit haben, und darum halte ich es nicht für gut, Ihnen einen ausführlichen Brief zu schreiben. Aus diesem Grunde verweigerte ich auch der Priorin die Erlaubnis, an Sie zu schreiben; nehmen Sie den Brief, den sie schicken wollte, als empfangen an! Sie empfiehlt sich recht angelegentlich in Ihr Gebet, und ich empfehle mich auch in das des Paters Mariano und aller übrigen Väter.
Ich möchte Sie gerne um eine Gunst bitten. Falls Sie nach Madrid kommen, würde ich Sie ersuchen, dem Don Franz und seiner Gemahlin einen Besuch abstatten zu wollen. Er schrieb mir, wie sehr er über die jüngsten Ereignisse erfreut sei; aber er schämt sich sehr und wird es nicht wagen, bei Euerer Paternität vorzusprechen. Haben darum Sie die Güte, ihn zu besuchen, um ihn zum Dienste Gottes zu ermahnen, und geben Sie sich nicht den Anschein, als ob Sie über ihn ungehalten seien, weil er den Orden verlassen hat. Er muß meiner Ansicht nach wohl große Geldverluste erleiden, da er wenig Fähigkeit hat, seine Güter zu verwalten. In dieser Hinsicht sind seine Frau und seine Schwiegermutter gar nicht gut versorgt. Es wäre mein sehnlichster Wunsch, diese Leute los zu sein; allein die Schwiegermutter meines Neffen liebt mich sehr und frägt mich um allerlei Dinge, die ich zu beantworten gezwungen bin, obwohl es mir recht unangenehm ist. Auf diese Weise, wie sie zu Werke geht, läuft sie Gefahr, das ganze Hab und Gut zu verlieren. Man hat ihr nämlich beigebracht, mein Neffe habe eine Jahresrente von zweitausend Dukaten. Ich habe ihr in diesem Punkte die Wahrheit gesagt, damit man sieht, wieviel ausgegeben werden darf. Pater Angelus de Salazar hat sie sogleich nach seiner Ankunft in Madrid besucht, ohne daß ich ihn darum gebeten hätte. Darum würde es, wie gesagt, von Ihrer Seite als ein Zeichen von Feindseligkeit angesehen werden, wenn Sie diesen Besuch unterließen. Unser Herr behüte Sie!
Unterlassen Sie es doch nicht, mir zu schreiben! Denn Sie wissen ja, welch großen Trost mir Ihre Briefe bereiten. Teilen Sie mir auch recht ausführlich mit, wie sich Makarius benommen hat, und zerreißen Sie diesen Brief sogleich, wenn Sie ihn gelesen haben!
Wir kommen mit dem Ankauf des Hauses nicht zum Abschluß, aber wir arbeiten immer darauf hin. Ich habe, wie ich es sonst gewöhnlich tat, zwei Laienschwestern ausgenommen; ich bediente mich nur der Erlaubnis, die mir meine Vollmachtsbriefe erteilen, um mich nicht an jenen wenden zu müssen, der doch nur noch so kurze Zeit unser Oberer war. Ich kann Gott nicht genug danken wegen der Güte, die dieser Pater, wie Sie mir sagen, an den Tag gelegt hat, und wegen der Umsicht, womit er sein Amt verwaltet hat.
Heute ist der 12. März.
Euerer Hochwürden Dienerin, Tochter und Untergebene — und wie gerne bin ich dies!
Theresia von Jesu
Mit Ausnahme meiner gewöhnlichen Leiden befinde ich mich wohl. Den Brief der Juliana finde ich nicht. Ihr ganzes Verlangen geht darauf hinaus, daß sie nicht mehr in das Kloster der Menschwerdung zurückkehren will, weil ihr das als ein Rückschritt erscheinen würde. Sie hat einzig nur in diesem Sinne geschrieben, weil sie sah, daß die Priorin und ich es wünschten. Es ist darum nicht nötig, ihren Worten einen Wert beizulegen.
