55. Brief — An die Mutter Maria Baptista, Priorin in Valladolid
Segovia, am 14. Mai 1574
Einige Angelegenheiten des Klosters in Valladolid.
Jesus sei mit Ihnen, meine Tochter!
Der von Ihnen gesandte Diener ist ein wahrer Schnelläufer. Ich dachte, er werde erst morgen von Madrid zurückkommen, wohin ich ihn gesandt hatte, weil ich niemand wußte, dem ich diese Geschäfte anvertrauen konnte; und siehe, er kam schon heute, Donnerstag, wieder zurück. Weil ich aber auch zugleich auf Briefe von Ávila antworten muß, so wird er erst morgen mittags abgefertigt werden können; denn weder meine Augen noch mein Kopf wollen ihre Dienste tun. Gott gebe, daß er wenigstens morgen fortkommt! Ihnen und der Doña Maria möchte ich recht mit Muße schreiben. Ich bin schon fast wieder gesund. Der Sirup, von dem ich unserem Vater geschrieben, hat mich von jener peinlichen Melancholie und, wie ich glaube, auch vom Fieber ganz befreit.
Über den Brief, den mir Pater Dominikus eigenhändig geschrieben, mußte ich, als ich von meiner melancholischen Stimmung frei war, ein wenig lachen; sagen Sie es ihm aber nicht, da ich ihm selbst darüber recht scherzhaft schreibe. Vielleicht läßt er Ihnen meinen Brief lesen. Beide Briefe, der seinige und der Ihrige, haben mir wahrlich Freude gemacht; weit mehr jedoch der Ihrige, weil ich daraus vernahm, daß jene Heilige eines so seligen Todes gestorben und in die ewige Ruhe eingegangen ist. Da wundere ich mich nur, wie man über ein so großes Glück nur trauern kann und wie man nicht vielmehr die Dahingeschiedene beneiden muß. Ich bedauere, meine Tochter, daß Sie so große Mühe bei so vielen und schweren Geschäften gehabt haben und noch haben werden; denn ich weiß, was man da zu tragen hat. Allein ich meine nicht, daß Sie gesünder wären, wenn Sie Ruhe hätten, von der Sie sprechen; vielmehr habe ich die sichere Überzeugung, daß Sie dabei weniger gesund wären; denn ich kenne Ihre Körperbeschaffenheit. Darum ertrage ich es gerne, Sie in Mühen zu sehen; denn auf irgendeine Weise müssen Sie ja doch heilig werden, und das Verlangen nach Einsamkeit ist Ihnen nützlicher als die Einsamkeit selbst.
O könnten Sie doch die Rührigkeit sehen, die sich, wenn auch im stillen, zugunsten der Unbeschuhten bemerkbar macht! Es stimmt dies zur Lobpreisung des Herrn! Und dies alles haben die Väter angeregt, die nach Andalusien gereist sind, nämlich Gracián und Mariano. Was meine Freude hierüber herabstimmt, ist der Verdruß, den unser Pater General darüber haben wird; denn ich liebe ihn gar sehr. Andererseits aber sehe ich das Verderben, dem wir preisgegeben werden. Empfehlen Sie diese Sache Gott! Pater Dominikus wird Ihnen sagen, was vorgeht, und Sie können es auch aus einigen Papieren ersehen, die ich mitsende. Was Sie mir schreiben, das schicken Sie mir nur durch einen ganz zuverlässigen Boten, wenn auch Ihr Brief einige Tage dort liegenbleiben müßte. Es ist für uns ein großer Mißstand, daß der Pater Visitator so weit entfernt ist; denn es gibt Angelegenheiten, um derentwillen ich ihm, auch wenn er noch weiter entfernt wäre, nach meinem Dafürhalten doch einen Boten senden müßte, weil der Vorgesetzte, den wir haben, dazu nicht bevollmächtigt ist. Möge er es noch viele Jahre sein!
Fürchten Sie nicht, daß mich das erregen könnte, was Pater Medina sagt, auch wenn es noch weit mehr wäre; ich mußte im Gegenteil darüber lachen. Ein halbes Wort von Pater Dominikus würde ich schmerzlicher empfinden; denn Pater Medina hat gegen mich gar keine Verpflichtung, und ich mache mir gar nicht viel daraus, wenn er mir nicht dieselbe Freundschaft bewahrt wie jener. Er hat mit unseren Klöstern noch nichts zu schaffen gehabt und kennt ihre Verhältnisse nicht; auch darf er sich in der Liebe zu ihnen nicht mit Pater Dominikus messen, der sich um sie annimmt wie um seine eigene Sache und ihnen in Wahrheit eine Stütze geworden ist.
Hier hat man uns in eine Menge von Geschäften verwickelt; diese würde aber jede Schwester für ihr Kloster übernommen haben. Melden Sie der Doña Maria de Samago meine freundlichsten Grüße und sagen Sie ihr, diese Welt sei nun einmal so, daß wir uns allein auf Gott verlassen müssen. Ich glaube alles, was Ehrwürden mir von ihr und ihrer Schwester schreiben. Es ist aber gut, daß nicht mehr geschehen ist; denn wir sind ihnen verbunden, und es wäre dies ein großer Undank auch gegen den Bischof gewesen. Mit der Zeit wird der Herr diese Angelegenheit in anderer Weise ordnen, und man könnte auch jetzt schon etwas tun, um diese Damen zu befriedigen. Daß dies der Doña Maria nicht gefallen würde, sehe ich wohl ein. Ich hatte im Sinne, an sie zu schreiben; aber ich glaube nicht, daß ich dazu kommen werde. Es diene Ihnen zur Kenntnis, daß Doña Maria Cibrián gestorben ist; empfehlen Sie und Ihre Tochter dieselbe Gott! Der Priorin vom Kloster der Mutter Gottes wollen Sie meine beste Empfehlung sagen lassen; denn auf ihre Verwendung hin erweist man uns hier viele Liebesdienste. Sie möge verzeihen, daß ich jetzt nicht an sie schreibe; denn ich bin unwohl, weil ich an den Augen leide. Was Euere Ehrwürden betrifft, so sorgen Sie für Ihre Gesundheit! Denn ich möchte nicht, daß Sie für so viele Mühe und schlimme Nächte zu büßen hätten.
O wie sehr sehne ich mich darnach, einige Tage von hier abkommen zu können, um bei Ihnen zu sein, da wir nicht weit voneinander entfernt sind; aber ich sehe keine Möglichkeit dazu. Recht freundliche Grüße an meine Casilda. Wenn es Ihnen gut scheint, so möge sie den beiligenden Brief von ihrer Tante lesen, der ich jenen, den sie an mich geschrieben, zugesendet habe. Schon seit langer Zeit bin ich dieser Dame sehr ergeben und habe ein unbegrenztes Vertrauen zu ihr.
Ich werde wohl manches vergessen. Gott sei mit Ihnen und erhalte Sie mir! Denn Sie legen eine ganz besondere Freundschaft gegen mich an den Tag.
Ich weiß nicht, wie ich es ertragen kann, daß Sie mit meinem Vater so gut stehen. Da sehen Sie, wie er mich täuscht; ich denke mir aber, Sie seien eine sehr eifrige Dienerin Gottes. Der Herr mache Sie heilig! Heute ist der 14. Mai. Recht sehr wünschte ich, meine gute Maria vom Kreuze zu sehen. Sagen Sie ihr meine freundlichsten Grüße, sowie auch der Stephanie, über die Paul Fernández, und zwar mit Recht, voll Staunen war.
Ihre
Theresia von Jesu
Als ich von den Ratschlägen hörte, die Ihnen Elisabeth vom heiligen Paulus gab, mußte ich über sie und ihre Klöster lachen. Sie hat mir in meiner Krankheit das Leben gerettet; denn ihr ganzes Wesen und ihre Heiterkeit haben mich in eine freudige Stimmung versetzt und mich so aufgerichtet, daß ich das Brevier beten konnte. Ich versichere Sie, daß sie in jeder Weise Ausgezeichnetes leisten wird; und wenn sie gesund bleibt, kann man ihr leicht ein Kloster anvertrauen.
