152. Brief — An Pater Ambrosius Mariano vom heiligen Benedikt in Madrid
Toledo, am 12. Dezember 1576
Erklärung einiger Vorschriften in den Satzungen der Brüder und einige Aufschlüsse über damalige Vorfälle.
Jesus sei mit Euerer Hochwürden!
Die Briefe, mit denen Sie auch jenen von der Priorin in Paterna schickten, habe ich erhalten. Die vielen anderen Briefe, von denen Sie sprechen, werden vielleicht morgen, Donnerstag, ankommen; sie werden auf diesem Wege sicher eintreffen und nicht verlorengehen. Die übersandten Briefe sowie auch der von Euerer Hochwürden haben mich sehr gefreut. Gott sei gepriesen für alles!
O mein Vater, welch große Freude erfüllt mein Herz, wenn ich sehe, daß durch ein Glied unseres Ordens, in dem Gott so schwer beleidigt wurde, so Großes zur Ehre und Verherrlichung des Herrn und zur Verhütung so vieler Sünden gewirkt wird! Nur der Gedanke, daß ich zu gar nichts tauge, macht mich überaus traurig und erweckt heftigen Neid in mir; denn mein Verlangen geht dahin, von Gefahren und Mühseligkeiten umgeben zu sein, um teilnehmen zu können an der reichen Beute derer, die für die Sache Gottes streiten. Manchmal, wenn ich meine Armseligkeit betrachte, freue ich mich, hier in Ruhe zu sein; allein wenn ich dann wieder erfahre, welche Leiden und Mühseligkeiten andere ausstehen, möchte ich vergehen vor Verlangen, daran teilzunehmen, und ich beneide insbesondere unsere Schwestern in Paterna. Meine größte Freude besteht darin, daß Gott anfängt, sich der unbeschuhten Nonnen zu seiner Verherrlichung zu bedienen; und oftmals, wenn ich so mutige Seelen in diesen Klöstern sehe, meine ich, daß Gott ihnen unmöglich solchen Mut verleihen würde, wenn er nicht eine besondere Absicht dabei hätte. Und wenn auch die Schwestern, die im Kloster zu Paterna sich befinden, dortselbst nichts anderes erreichen, als daß diese Beleidigungen Gottes ein Ende nehmen, so bin ich schon ganz zufrieden. Um wieviel mehr muß ich mich aber freuen, da ich die Hoffnung habe, Seine Majestät werde sich ihrer bedienen, um noch größeren Nutzen zu schaffen.
Vergessen Euere Hochwürden nicht, zu veranlassen, daß in der Erklärung der Satzungen [für die Brüder] die Bestimmung beigefügt werde, man könne auch zur Stiftung von Nonnenklöstern die Erlaubnis geben. Hier habe ich den Doktor Velásquez, einen Kanonikus an der Domkirche, zum Beichtvater. Dieser ist ein sehr gelehrter Theologe und ein großer Diener Gottes, wie Sie es erfahren können. Er ist durchaus dagegen, daß man mit der Stiftung von Nonnenklöstern noch länger aussetze, und er hat mir befohlen, durch Vermittlung der Doña Luise den Gesandten in Rom zu bestimmen, daß er vom Pater General, und wenn es ihm bei diesem nicht gelinge, vom Papste selbst die Erlaubnis erwirke, dem man in diesem Falle vorstellen sollte, wie diese Klöster Spiegel der Vollkommenheit für ganz Spanien seien. Er selbst, sagt er, werde das Bittgesuch aufsetzen.
Ich habe Ihnen schon berichtet, daß uns eine Stiftung angeboten wurde; ich bitte Sie, mir hierüber und über den Vorschlag des Doktor Velásquez ihre Ansicht mitzuteilen. Mit dem mir zugesandten Billette haben Sie mir großen Trost bereitet. Gott vergelte es Ihnen! Übrigens war das, was Sie mir sagten, schon tief in meinem Herzen eingewurzelt. Aber warum berichten Sie mir denn gar nichts über Pater Balthasar? Entrichten Sie allen meine Empfehlungen!
Wenn Pater Johannes von Jesu sagt, es sei mein Wille, daß unsere Brüder barfuß gehen, so kommt mir dies sonderbar vor; denn gerade ich habe es dem Pater Anton immer untersagt. Da hätte er sich doch gewaltig geirrt, wenn er dies im entgegengesetzten Sinn verstanden hätte. Mein Verlangen ging dahin, es möchten tüchtige Männer in unseren Orden eintreten, die nicht durch allzugroße Strenge abgeschreckt würden. Was aber bezüglich der Kleidung neu eingeführt wurde, war notwendig, damit sich unsere Brüder von denen der milderen Observanz unterscheiden. Es könnte sein, daß ich einmal gesagt hätte, die Brüder würden mit Sandalen ebenso Frost leiden als ohne sie. Was ich aber in dieser Beziehung sicher sagte, besteht darin, daß es sich für unbeschuhte Brüder keineswegs schicke, sich stattlicher Maultiere zu bedienen. Dies dürfe nie gestattet werden, außer bei einer weiten Reise und im Falle einer großen Not; denn das eine passe nicht zum anderen. Es waren nämlich einige junge Brüder auf Maultieren hier angekommen, die nur eine kurze Strecke Weges zu machen hatten und wohl auch zu Fuß hätten gehen können. Ich behaupte immer wieder, daß es unpassend ist, wenn solch junge, unbeschuhte Brüder sich gut gesattelter Maultiere bedienen. Das andere aber ist mir gar nicht in den Sinn gekommen; denn unsere Brüder sind barfüßig genug, wenn sie auch Sandalen tragen. Machen Euere Hochwürden diese Brüder aufmerksam, sie sollen sich nur an das Gewöhnliche halten und schreiben Sie darüber an unseren Vater!
Was ich diesem besonders ans Herz legte, war dieses, daß er dafür sorgen möchte, den Brüdern reichliche Nahrung zukommen zu lassen. Ich denke immer daran, was Euere Hochwürden mir hierüber gesagt haben, und es macht mir dies oft großen Kummer. Erst gestern oder heute, bevor mir Ihr Brief zu Gesichte kam, fiel mir dieser Gedanke recht schwer. Denn es schien mir, daß die Reform bei einer solchen Lebensweise der Brüder in kurzer Zeit wieder in sich zusammenfallen würde. Um mich zu trösten, nahm ich meine Zuflucht zu Gott; denn er, der die Reform in die Wege geleitet hat, wird auch alles ordnen. Und so freute ich mich, zu sehen, daß Euere Hochwürden ganz derselben Ansicht sind.
Die andere Angelegenheit, die ich unserem Vater dringend ans Herz gelegt habe, betrifft die Handarbeiten, wenigstens während der Rekreationszeit, wenn man keine andere Zeit dazu findet. Mögen nun diese im Korbflechten oder in etwas anderem bestehen, so sind sie, wenn man nicht den Studien obliegt, etwas sehr Wichtiges. Sie müssen mich recht verstehen, mein Vater. Ich dringe auf alles, was die Tugend fördert, aber nicht auf körperliche Strengheiten, wie Sie dies in allen unseren Klöstern sehen können. Es mag dies daher kommen, weil ich selber so wenig bußfertig bin. Ich lobpreise den Herrn von ganzem Herzen, daß er Ihnen soviel Licht in so wichtigen Sachen verleiht. Es ist etwas Großes, in allen Dingen seine Ehre und Verherrlichung im Auge zu behalten. Möge uns Seine Majestät für ihre Verherrlichung tausendfachen Todes sterben lassen! Amen, Amen.
Heute ist Mittwoch, der 12. Dezember.
Euerer Hochwürden unwürdige Dienerin
Theresia von Jesu
Sie erweisen mir durch Übersendung der Briefe, die Ihnen unser Vater schreibt, eine große Liebe; denn in den Briefen an mich faßt er sich immer sehr kurz; aber ich verdenke ihm das nicht, sondern bitte ihn sogar, so zu handeln. Ich lobpreise unseren Herrn, so oft ich seine Briefe lese, und auch Sie sind verpflichtet, ihn mit mir zu preisen; denn Sie waren ja der eigentliche Urheber jenes Werkes zu Paterna. Unterlassen Sie nicht, sich mit dem Archidiakon über jenes Werk zu besprechen. Wir haben auch den Dekan und andere Kanoniker auf unserer Seite; denn allmählich gewinne ich auch andere Freunde.
