278. Brief — An die Mutter Elisabeth vom heiligen Hieronymus und an die Mutter Maria vom heiligen Joseph in Sevilla
Ávila, am 3. Mai 1579
Zuneigung zur früheren Priorin. Der Kaplan. Die Schwestern Beatrix und Margareta. Verschiedene Ratschläge.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Euerer Ehrwürden, meine Tochter!
Ihren Brief und auch jenen meiner Schwestern habe ich vorgestern erhalten. O mein Jesus, welch ein Trost wäre es für mich, wenn ich jetzt in Ihrem Kloster sein könnte! Nicht minder groß wäre der Trost gewesen, wenn ich schon in den letzten Zeiten bei Ihnen hätte sein können, um teilzunehmen an den Schätzen, womit der Herr Sie in so überfließender Weise bereichert hat. Er sei immerdar gepriesen! Amen.
Die große Liebe, die ich stets zu den Schwestern in Sevilla und besonders zu Euerer Ehrwürden getragen habe, hat sich außerordentlich gesteigert, weil Sie diejenige waren, die am meisten gelitten hat. Aber Sie dürfen sicher glauben, daß es für mich eine ganz besondere Freude war, als ich erfuhr, daß man Ihnen Sitz, Stimme und Amt abgenommen habe; denn obwohl ich weiß, daß meine Tochter Josepha ein armseliges Geschöpf ist, so habe ich doch die Überzeugung, daß sie Gott fürchtet und sich nicht gegen Seine Majestät verfehlt hat, wodurch sie eine solche Strafe verdient hätte.
Ich habe meinen Töchtern durch Vermittlung des Paters Prior de las Cuevas einen Brief gesandt, den er ihnen übergeben sollte. Ich möchte gerne wissen, ob Seine Paternität diesen sowie den an ihn selbst gerichteten Brief erhalten und wem er ihn zur Besorgung übergeben hat; falls er nicht in Ihre Hände gelangt ist, werde ich von neuem schreiben. Als Pater Nikolaus erfuhr, was mit dem Briefe seines Bruders geschah, zerriß er ihn. Euere Ehrwürden verdanken ihm sehr viel; Sie haben mehr Glück gehabt, seine Achtung zu gewinnen als jene des Paters García Alvarez. Daß letzterer in Ihrem Kloster nicht mehr Messe liest, tut mir sehr leid, aber auch sonst ist sein Fernbleiben für das Kloster ein Verlust. Ihm selber bleibt freilich eine große Mühe erspart. Wir sind ihm offenbar zu großem Danke verpflichtet, allein ich weiß kein Mittel für Sie, um ihn wieder zurückzuführen; denn da ihn der hochwürdigste Herr Erzbischof nicht einmal auf Ansuchen des Paters Prior de las Cuevas und des Paters Mariano in seinem Amte beließ, so weiß ich nicht, wer ihn dazu bewegen könnte. Diese bewußten Schriftstücke des Paters Mariano haben mich zum Teil verdrossen; denn ich begreife nicht, wie er sich denken konnte, eine solche Neuerung in Ihrem Kloster einzuführen, noch weniger, daß er sie in Ausführung gebracht hat. Offenbar ist der Teufel voll Wut gegen uns; er hat uns auf alle mögliche Weise bedrängen wollen, besonders in dem, was wir leiden müssen ... und das ist die allergrößte Marter.
Nun aber hat es den Anschein, daß ihm unser Herr nicht so ganz volle Freiheit gewährt, und ich hoffe zu Seiner Majestät, sie werde es so ordnen, daß die Wahrheit an den Tag kommt. In Ihrem Kloster wurde auf die Wahrheit wenig Rücksicht genommen, und das ist es, was mich so sehr schmerzte, als ich von den im Prozesse gemachten Aussagen Kenntnis erhielt; einige Behauptungen waren durchaus falsch. Ich weiß das, weil ich mich zu der Zeit, als sie vorgefallen sein sollten, in Sevilla befand. Jetzt aber, da ich erfahren habe, wie sich jene Schwestern verhielten, danke ich unserem Herrn aus tiefstem Herzen, daß er ihnen nicht gestattete, noch weitere Verleumdungen zu erfinden.
Über jene zwei Seelen bin ich bekümmert, und wir alle müssen recht innig zu Gott flehen, daß er sie erleuchte. Seitdem Pater García Alvarez sich in der bekannten Weise benahm, befürchtete ich immer, was ich jetzt vor Augen sehe, und ich habe Ihnen, wenn Euere Ehrwürden sich erinnern, zweimal geschrieben, daß nach meinem Dafürhalten die ganze Schuld am Kloster liegt. Ich nannte Ihnen nur eine dieser beiden Schwestern — an Margareta hatte ich nie gedacht — und mahnte Sie, mit ihr vorsichtig zu sein; ich war mit ihrem Geiste nie recht zufrieden, obwohl ich dies manchmal nur für eine Versuchung oder für eine Folge meiner Armseligkeit hielt. Ich habe mich mit Pater Magister Gracián, der sehr viel mit ihr verkehrte, darüber besprochen, damit er auf sie acht habe. Nun wundere ich mich nicht gar sehr über das, was vorgefallen ist. Ich halte sie indessen nicht für böswillig, sondern für eine Betrogene, für eine Person von schwacher Einbildungskraft, die für teuflische Vorspiegelungen empfänglich ist, wie wir es gesehen haben; denn der böse Feind versteht es gut, das Naturell und die geringe Einsicht einer Person zu seinem Vorteile auszunützen. Darum darf man dieser Nonne nicht so viel Schuld beimessen, sondern muß innigstes Mitleid mit ihr haben. Deshalb bitte ich nun Euere Ehrwürden und alle Nonnen, aus Liebe zu mir sich genau nach dem zu richten, was ich Ihnen sagen werde; es ist dies, glauben Sie es mir, nach meiner Ansicht das beste.
Preisen Sie unseren Herrn von ganzem Herzen dafür, daß er dem Teufel nicht gestattet hat, eine von Ihnen so heftig zu versuchen; denn wir müßten, wie der heilige Augustin bemerkt, denken, daß wir in diesem Falle noch Schlimmeres getan hätten. Wollen Sie, meine Töchter, nicht wieder verlieren, was Sie in dieser Leidenszeit gewonnen haben! Erinnern Sie sich an die heilige Katharina von Siena und an ihr Verhalten gegen jene Person, die von ihr ausgesagt hatte, sie sei ein schlechtes Weib. Fürchten wir, meine Töchter, fürchten wir, Gott könnte seine Hand von uns zurückziehen, und zu welchen Schlechtigkeiten wären wir dann nicht fähig! Glauben Sie mir, daß diese Nonne weder so viel Einsicht noch auch Fähigkeit besitzt, um selbst solche Verleumdungen zu erfinden. Darum hat der Teufel es zuwege gebracht, daß sie auch eine Gefährtin fand, und er hat sie gewiß beeinflußt. Gott sei mit ihr!
In erster Linie lege ich darum Ihnen, meine Töchter, ans Herz,
Sie möchten es sich recht angelegen sein lassen, in all Ihren Gebeten, und wenn es Ihnen möglich ist, diese Seele jeden Augenblick Seiner Majestät zu empfehlen. Auch wir in diesem Kloster werden dies tun, damit uns Gott die Gnade verleihe, sie zu erleuchten, und der Teufel sie aus diesem Zauberschlaf, in dem er sie gefangen hält, erwachen lasse. Ich betrachte sie als eine Person, die teilweise ihrer selbst nicht mächtig ist. Wie Sie wissen, gibt es ja, wenn auch nicht in unseren Klöstern, Personen von so schwacher Einbildungskraft, daß sie alles, was ihnen einfällt, wirklich zu schauen vermeinen; dabei muß wohl auch der Teufel mit im Spiele sein. So wird er auch, was ich befürchte, auf diese Nonne eingewirkt haben, daß sie zu sehen glaubte, was nach seinem Ermessen geeignet gewesen wäre, das Kloster zugrunde zu richten. Vielleicht hat sie keine so große Schuld, als wir meinen. Es ist ja auch ein Narr nicht strafbar, der sich einbildet, er sei in Wahrheit Gott der Vater; niemand wird ihm wohl diese Idee aus dem Kopfe schlagen können. Hierin, meine Schwestern, müssen Sie Ihre Liebe zu Gott zeigen und mit ihr innigstes Mitleid haben, wie wenn sie die Tochter Ihres Vaters wäre. Sie ist ja auch in der Tat die Tochter dieses wahren Vaters, dem wir so vieles verdanken und dem dieses arme Wesen ihr ganzes Leben lang zu dienen verlangt hat. Beten wir, meine Schwestern, beten wir für sie! Viele Heilige sind gefallen und haben sich doch wieder vom Falle erhoben. Vielleicht war diese Täuschung notwendig, um sie zu demütigen. Wenn uns Gott die Gnade erweisen würde, daß sie wieder zur besseren Einsicht käme und widerriefe, was sie gesagt, so hätten wir alle aus diesem Leiden Gewinn gezogen; dasselbe könnte auch bei ihr der Fall sein; denn der Herr weiß auch aus Bösem Gutes zu ziehen.
An zweiter Stelle verlange ich von meinen Schwestern, sie möchten für jetzt den Gedanken aufgeben, daß diese Nonne das Kloster verlassen müsse; denn dies wäre die größte Torheit und in keiner Weise schicklich. Sie meinen auf diese Weise der Gefahr zu entgehen, allein Sie würden sich nur in eine noch größere stürzen. Lassen Sie die Zeit vorübergehen! Die gegenwärtige Stunde ist zu einer solchen Änderung nicht geeignet, und zwar aus vielen Gründen, die ich angeben könnte.
Es wundert mich, daß Euere Ehrwürden sie nicht einsehen. Denken Sie selber darüber nach, und Gott wird Sie diese Gründe erkennen lassen! Vertrauen Sie auf Seine Majestät und auf uns alle, die wir noch reiflicher überlegen müssen, was Ihrem Kloster am zuträglichsten ist! Für jetzt aber sollen sich die Schwestern hüten, von der Entfernung dieser Unglücklichen zu reden, und womöglich nicht einmal daran denken.
Drittens ermahne ich die Schwestern, in keiner Weise gegen sie Groll zu hegen; vielmehr sollte jene, die an der Spitze des Klosters steht, gegen sie sowie auch gegen jene andere überaus liebevoll sein, und auch alle Schwestern sollten ihr gegenüber Entgegenkommen und schwesterliche Liebe an den Tag legen. Sie müssen das Geschehene vergessen, und eine jede aus Ihnen sollte bedenken, welche Behandlung sie wünschen würde, wenn sie in einer ähnlichen Lage sich befände. Glauben Sie mir, daß diese Seele sehr gequält wird, wenn auch in ihrem Äußeren nichts davon zu bemerken ist. Denn der Teufel wird sich an ihr noch rächen wollen, weil er nicht mehr erreicht hat. Er könnte sie dazu veranlassen, sich selbst ein Übel zuzufügen, wodurch sie ihre Seele und ihren Verstand verlieren würde; denn um den Verstand zu verlieren, wäre vielleicht gar nicht viel nötig. Dies müssen wir jetzt alle im Auge behalten und nicht, was sie getan hat. Vielleicht hat ihr der Teufel eingegeben, sie rette dadurch ihre Seele und erweise Gott einen überaus großen Dienst. Auch in Gegenwart ihrer Mutter, die mich recht gedauert hat, soll man kein Wort von diesen Dingen reden. Warum schreiben Sie mir denn keine Silbe darüber, wie sie alle diese Dinge erträgt und was sie dazu gesagt hat? Ich hätte dies gern erfahren wollen sowie auch, ob sie von dem Komplott ihrer Tochter Kenntnis gehabt. Ich fürchte, der Teufel werde jetzt diese armen Schwestern aufs neue in andere Versuchungen stürzen und ihnen vorspiegeln, man habe keine Liebe zu ihnen und behandle sie schlecht. Es würde mich daher sehr verdrießen, wenn Sie dazu auch nur den geringsten Anlaß gäben. Man hat mich hier schon benachrichtigt, daß die Väter der Gesellschaft es mißbilligten, wenn man die beiden nicht gut behandelte. Gehen Sie daher sehr vorsichtig zu Werke!
Das Vierte, worauf ich dringen muß, besteht darin, daß man dieser Schwester und auch einer anderen nicht gestatte, mit auswärtigen Personen über diese Vorkommnisse zu sprechen außer in Gegenwart einer anderen Nonne, die diesem Gespräche zuhöre. Auch lasse man sie nur bei einem unbeschuhten Karmeliten, den sie sich jedoch von allen auswählen wolle, die Beichte ablegen; denn der Pater Generalvikar hat verordnet, daß die Unbeschuhten die Beichten der Nonnen des dortigen Klosters entgegennehmen sollten. Man sorge auch dafür, ohne es sie jedoch merken zu lassen, daß diese beiden Nonnen nicht viel im geheimen miteinander reden, und behandle sie in keiner Weise mit Strenge, da wir auch schwache Frauenspersonen sind, sondern man warte zu, bis der Herr selbst sie allmählich heilt. Auch wäre es gar nicht gefehlt, der ersteren, um sie zu beschäftigen, irgendein Amt zu übertragen, wenn dieses nur nicht von der Art ist, daß sie mit auswärtigen Personen verkehren muß, sondern sich nur auf die Tätigkeit im Innern des Hauses bezieht; denn die Abgeschiedenheit von allen und das Hinbrüten für sich allein könnte ihr großen Schaden bringen. Darum sollten die Schwestern, die ihr behilflich sein zu können glauben, von Zeit zu Zeit sich mit ihr unterhalten.
Ich rechne damit, den Pater Nikolaus noch zu sehen, bevor er nach Sevilla reist. Ich wünschte, daß dies bald geschehen möchte; wir werden uns dann über alles des näheren besprechen. Halten Sie sich einstweilen um der Liebe willen an das, was ich Ihnen angeraten habe! Auf keinen Fall werden die, die in Wahrheit nach Leiden Verlangen tragen, Groll gegen jene hegen, die ihnen Übles zugefügt, sie werden sie vielmehr nur noch mehr lieben. Daran werden alle erkennen, ob ihnen die Leidenszeit Nutzen gebracht hat. Ich hoffe von der Güte unseres Herrn, daß er in Bälde alles in Ordnung bringen werde und daß das Kloster die frühere Blüte wieder erlangen, ja in noch höherem Glanze dastehen werde wie zuvor; denn Seine Majestät zahlt immer Hundert für Eins.
Ich bitte Sie alle nochmal recht inständig, ja nie mehr miteinander über die vergangenen Ereignisse zu sprechen; dies kann durchaus keinen Nutzen, sondern nur vielfachen Schaden bringen. In der Zukunft müssen Sie sehr sorgfältig zu Werke gehen; denn ich bin, wie schon erwähnt, in Furcht, es möchte der Teufel diese kleine arme Beatrix zum Äußersten treiben und sie veranlassen, aus dem Kloster zu entfliehen. Um die andere bin ich weniger in Sorge, da sie etwas verständiger ist. Auf Beatrix aber müssen Sie besonders während der Nacht wohl achtgeben; denn der Teufel hat es ganz darauf abgesehen, diese Klöster in üblen Ruf zu bringen, und da macht er zuweilen das scheinbar Unmögliche möglich.
Würde das innige Band, das diese zwei Schwestern miteinander verbindet, getrennt und gäbe es eine Gelegenheit, daß die eine mit der anderen sich entzweite, dann würde man den Grund der Vorkommnisse besser erkennen, und dies wäre dann für sie ein Mittel, um den Irrtum einzusehen. Euere Ehrwürden werden es begreiflich finden, daß diese beiden Nonnen um so mehr einander unterstützen werden, um neue Ränke zu schmieden, je innigere Freundschaft sie miteinander
verbindet. Das Gebet vermag indessen viel, und darum hoffe ich zu unserem Herrn, er werde diese armen Nonnen noch erleuchten. Ich habe inniges Mitleid mit ihnen.
Würde es den Schwestern Trost bereiten, alle Vorkommnisse aufzuschreiben, so wäre das nicht zu verurteilen; denn wir könnten dann aus der traurigen Erfahrung, die wir um meiner Sünden willen, d. h. nicht auf fremde, sondern auf eigene Kosten gemacht haben, eine heilsame Lehre ziehen. Sollte sich die Schwester vom heiligen Franziskus mit der Auszeichnung dieser Tatsachen befassen, so möge sie ja nichts übertreiben, sondern alle Vorkommnisse ganz schlicht und aufrichtig erzählen. Meine Tochter Gabriele könnte diesen Bericht dann abschreiben.
Ich möchte gerne an jede einzelne von Ihnen schreiben, allein die Ermüdung meines Kopfes erlaubt es nicht; ich habe alle vielmals gesegnet. Der Segen der seligsten Jungfrau, unserer Lieben Frau, und der ganzen heiligsten Dreifaltigkeit komme über Sie alle herab! Sie haben sich den ganzen Orden verbindlich gemacht, insbesondere gilt dies von jenen, die ihre heiligen Gelübde noch nicht abgelegt haben; denn diese haben sich als wahre Töchter der seligsten Jungfrau erwiesen. Damit sie es aber auch fernerhin bleiben, so bitte ich die anderen Schwestern, sie möchten sie Gott empfehlen. Jene, die mir geschrieben haben, mögen diesen Brief auch als an sie gerichtet betrachten, obwohl er zunächst an die Mutter Maria vom heiligen Joseph und an die Mutter Vikarin adressiert ist; denn ich hatte die Absicht, er möge für jede einzelne von Ihnen Geltung haben.
An meine liebe Schwester Hieronyma hätte ich auch gerne schreiben wollen. Sagen Sie ihr, sie habe mehr Ursache, den Verlust des guten Namens, den das Kloster durch die Entfernung des Paters García Alvarez auf sich nehmen muß, als ihn selbst zu bedauern; denn er ist in Sevilla wohlbekannt. Allein die armen Nonnen aus der Fremde trifft alles. Offenbar können die Nonnen, wenn man dem Pater García Alvarez irgendeine Schuld zuschreibt, nicht ohne Schuld bleiben; denn ich bin, wie gesagt, überzeugt, daß seine Tugend allgemein bekannt ist. Übrigens wird er von einer großen Last befreit; denn was er bei uns ausgestanden und was wir ihm schulden,
kann offenbar nicht hoch genug angeschlagen werden; nur Gott allein vermag ihn dafür gebührend zu belohnen. Übermitteln Sie ihm meine besten Empfehlungen! Ich habe ihm einen langen Brief schreiben wollen, allein mein Kopf gestattet es nicht; auch kann man nicht gut einem Briefe anvertrauen, was ich ihm gerne sagen möchte. Ich werde ihm also gar nicht schreiben, weil immerhin einige Klagen mit unterlaufen könnten. Denn da andere die großen Übelstände kannten, die nach Aussage jener guten Nonnen im Kloster geherrscht haben sollten, so hätte er mich doch einmal davon benachrichtigen können; es wäre das nicht zuviel gewesen, zumal er diese Übelstände am meisten bedauern mußte. Er hätte nicht warten sollen, bis jene Abhilfe schaffen würden, die, wie alle Welt weiß, so wenig Liebe zu uns tragen. Kurzum, die Wahrheit kann leiden, aber sie geht nicht unter; und so hoffe ich denn, der Herr werde sie noch mehr ans Licht bringen.
Meine Empfehlungen an den guten Serrano. Ich wünschte, es möchte die Zeit kommen, in der wir ihm all das Gute, das wir ihm schulden, vergelten können. An meinen heiligmäßigen Prior de las Cuevas meinen freundlichsten Gruß! O könnte ich mich doch einen ganzen Tag lang mit ihm unterhalten! Gott beschütze Sie alle und mache Sie so heilig, wie ich ihn darum bitte! Amen.
Die Schwestern des St.JosephsKlosters haben über Ihre Leiden mehr Tränen vergossen als ich; sie empfehlen sich Ihnen vielmals. Ich werde Ihnen bald wieder schreiben. Die Angelegenheit der Mutter Maria vom heiligen Joseph, die Sie mir anempfohlen haben, ist vielleicht schon erledigt, bis dieser Brief zu Ihnen gelangt. Sie können jetzt zufrieden sein und brauchen nicht zu eilen. Es ist auch kein Grund vorhanden, die Wahl eher vorzunehmen, als bis es Ihnen von hier aus befohlen wird; man wird mit der Erledigung dieser Angelegenheit nicht säumen.
Wenn Pater Mariano sich in Sevilla befinden sollte, so übergeben Sie ihm diesen Brief mit der Bitte, Ihnen denselben wieder zurückzustellen; denn da ihn, wie ich glaube, ein Brief von mir in Sevilla nicht antreffen wird, so schreibe ich auch jetzt nicht. An Pater Gregor entrichten Sie, bitte, meine besten Grüße; ich sehne mich nach einem Briefe von ihm.
In betreff der Messe weiß ich nicht, was ich Ihnen sagen soll; indessen brauchen Sie sich nicht zu beeilen. Wenn sich niemand findet, der sie Ihnen täglich liest, so grämen Sie sich nicht und seien Sie zufrieden mit der Sonntagsmesse, bis der Herr weiter sorgen wird! Sie haben da Gelegenheit, sich Verdienste zu sammeln. Meine Gesundheit ist ziemlich gut.
Dem Pater Julian de Ávila gingen Ihre Leiden sehr zu Herzen.
Ich glaube, er würde sich gerne nach Sevilla begeben, wenn er hoffen könnte, Sie davon zu befreien. Er empfiehlt sich Ihnen vielmals. Gott verleihe Ihnen Kraft, immer mehr zu leiden! Denn bis jetzt hat noch keine von Ihnen ihr Blut für den vergossen, der sein Blut bis auf den letzten Tropfen für Sie hingegeben hat. Ich versichere Sie, daß wir hier nicht untätig gewesen sind.
Heute ist das Fest des [heiligen] Kreuzes.
Euerer Ehrwürden unwürdige Dienerin.
Theresia von Jesu
O welches Mitleid empfand nicht mein Bruder mit Ihren Prüfungen! Wir mußten ihn trösten. Empfehlen Sie ihn Gott! Denn Sie sind es ihm wohl schuldig. Der Mutter Vikarin, Elisabeth vom heiligen Hieronymus, sagen Sie, daß mir alle ihre Ratschläge, die sie in ihrem Briefe erwähnt, als sehr klug erschienen und von größerer Seelenstärke Zeugnis ablegen, als sie bei der Mutter Maria vom heiligen Joseph zu finden ist. Empfehlen Sie mich der Schwester Beatrix von der Mutter Gottes und sagen Sie ihr, daß ich sehr darüber erfreut sei, sie frei von ihrer Bürde zu wissen. Denn in einem ihrer Briefe schrieb sie mir, welch große Last man ihr durch das ihr übertragene Amt auferlegte. Viele Grüße an die Schwester Johanna vom Kreuze!
Anschrift: An die Mutter Elisabeth vom heiligen Hieronymus und an die Mutter Maria vom heiligen Joseph, bei den unbeschuhten Karmelitinnen zum heiligen Joseph in Sevilla.
