187. Brief — An die Mutter Anna vom heiligen Albert, Priorin in Caravaca
Toledo, am 2. Juli 1577
Besondere Angelegenheiten dieses Klosters und einige Mitteilungen über den Orden überhaupt.
Jesus sei mit Euerer Ehrwürden, meine Tochter!
Es ist für mich ein großer Trost, zu erfahren, daß Ihr Haus so kühl ist und die Schwestern nicht mehr das auszustehen haben wie im letzten Jahre um diese Zeit. Es würde mich sehr freuen, einige Tage bei Ihnen zubringen zu können, wenn es Gottes Wille wäre. Da fänden mich die Geschäfte und Briefe nicht so leicht, und ich könnte dann bei meinen kleinen Enten und am Wasser wohnen, wo Sie allem Anschein nach ein wahres Einsiedlerleben führen müssen. Ich verdiene dieses Glück freilich nicht; allein es freut mich sehr, daß Euere Ehrwürden es statt meiner genießen. Ich versichere Sie, ich dachte nicht, daß ich Sie so innig liebe; ich habe wirklich eine große Sehnsucht, Sie zu sehen. Vielleicht fügt es Gott doch noch so, daß es geschieht. Ich bete viel für Sie und gebe mich der sicheren Hoffnung hin, der Herr werde Ihnen in allem beistehen.
Ich glaube recht gerne, daß Sie die Ihnen anvertrauten Seelen zu recht hoher Vollkommenheit führen werden; allein bedenken Sie wohl, daß Sie nicht alle auf gleiche Weise leiten dürfen. Jene Schwester, die unser Vater eingekleidet hat, müssen Sie als eine Kranke behandeln. Machen Sie sich keine Sorge, wenn sich an ihr noch keine besondere Vollkommenheit zeigt. Es reicht hin, daß sie, wie man zu sagen pflegt, mit gutem Willen ihr Möglichstes tut und Gott nicht beleidigt.
In jedem Kloster gibt es, besonders im Anfang, viele Schwierigkeiten; solange ein Haus noch keinen festen Bestand hat, nehmen wir eben Leute auf, wie wir sie bekommen, wenn sie nur Vermögen besitzen, und auf diese Weise haben wir etwas, wovon die anderen leben können. Was jene arme Kranke betrifft, die als die erste zum Unterhalte Ihres Klosters beitrug, so haben Sie einen ganz besonderen Grund, ihr entgegenzukommen; leiten Sie, meine Tochter, diese mit aller nur möglichen Geduld! Wenn sie eine gute Seele hat, so bedenken Sie, daß diese eine Wohnstätte Gottes ist. Ich lobpreise jedesmal den Herrn, so oft ich daran denke, welch innige Freude Sie unserem Vater bereitet haben. Um Sie zu ermutigen, Ihr Amt würdig zu verwalten, wiederhole ich, was unser Vater mir gesagt hat; er versicherte mich, daß Sie eine der besten Priorinnen seien, die wir haben. Da Sie so ganz allein stehen, wird Seine Majestät Ihnen behilflich sein.
Haben Sie keine Sorge betreffs jener Angelegenheit des Klosters zu Malagón! Es genügt, den Betrag zu schicken, wenn Sie in der Lage sind.
Unser Vater befindet sich, Gott sei Dank, wohl, allein er ist in einer sehr schwierigen Lage; denn Sie müssen wissen, daß der Nuntius gestorben ist und Tostado, der von unserem wohlehrwürdigen Pater General zum Generalvikar ernannt worden ist, in Madrid weilt. Zwar hat ihm der König bisher noch nicht gestattet, eine Visitation vorzunehmen; allein wir wissen nicht, welchen Ausgang die Sache nehmen wird. Die Vollmachten unseres Vaters (als apostolischer Kommissär) sind noch nicht erloschen, obgleich der Nuntius gestorben ist; und darum ist er, ich weiß es bestimmt, noch Visitator wie zuvor. Soviel ich meine, befindet er sich jetzt in Pastrana. Wir müssen jetzt eifrig beten, damit geschehe, was zur größeren Ehre Gottes gereicht. Wir dahier lassen es daran nicht fehlen und haben auch schon Prozessionen gehalten. Mögen die Schwestern in Caravaca ja nicht sorglos sein; denn wir sind jetzt in großer Bedrängnis, wenn es auch den Anschein hat, daß alles einen guten Ausgang nimmt.
Trotz seiner vielfachen Arbeiten hat unser Vater doch nicht unterlassen, dem Kloster in Caravaca seine besondere Sorgfalt zuzuwenden; er hat in dieser Angelegenheit zweimal mit dem Bischof gesprochen. Dieser zeigte sich sehr gnädig gegen ihn und versprach ihm, den Wunsch sehr gerne erfüllen zu wollen. Er schrieb darum selbst an jene Dame, und in der vorigen Woche sandte er auch an mich einen Brief, worin er bemerkt, daß er nur noch auf etwas, ich weiß nicht auf was, warte, um die Angelegenheit in Ordnung zu bringen. Unser Vater ist darüber sehr zufrieden und versichert, daß die Sache einen sehr guten Ausgang nehme. Seien Sie ganz unbesorgt, wenn sich auch die Angelegenheit etwas verzögert; ich kann Sie versichern, daß man große Sorgfalt darauf verwendet hat. Der Bischof ist bezüglich des Einkommens nunmehr befriedigt, und darum hat man sich weiter nicht mehr zu kümmern; es wird in Bälde alles abgeschlossen sein.
Wenn Sie mit den Novizinnen, ich meine mit den Töchtern jener alten Frau, zufrieden sind, so dürfen Sie diese zur Profeß zulassen, sollten sie auch noch einige Mängel an sich haben; denn ganz fehlerfrei ist keine Frauensperson.
Mein Kopfleiden hat etwas nachgelassen, doch noch nicht so, daß ich längere Zeit mit eigener Hand schreiben könnte. Ich lasse nämlich an alle Klöster nur durch fremde Hand schreiben, außer es handelt sich um eine ganz besondere Angelegenheit; und so will ich auch jetzt mit diesem Brief Schluß machen.
Was soll ich Ihnen denn von meiner Besorgnis über den schlechten Gesundheitszustand der hiesigen Schwestern und besonders jener von Sevilla schreiben? Man wird Ihnen im beiliegenden Brief mehreres darüber berichten. Der Zustand der Schwester Anna von der Menschwerdung macht mir Sorge, wenn auch diese Leiden sich mit den Jahren allmählich verlieren. Empfehlen Sie mich ihr und allen Schwestern recht angelegentlich, besonders der Subpriorin und den Stifterinnen!
Die Vorsteherin von Malagón ist Anna von der Mutter Gottes; sie ist eine ausgezeichnete Nonne, die ihr Amt sehr gut verwaltet, ohne im geringsten von den Satzungen abzuweichen. Die Schwestern von Sevilla werden von großen Prüfungen heimgesucht. Die Subpriorin hat schon die Letzte Ölung empfangen, und die Priorin ist beständig fieberkrank; man kann darum jetzt von ihnen gar nichts verlangen. Behalten Sie im Gedächtnis, daß die Schwestern von Sevilla die Reisekosten bezahlen müssen. Sie werden jetzt Nonnen aufnehmen, und dann kann beglichen werden, was sie Ihnen schulden.
Was die Übersendung von Fischen betrifft, so war dies wohl nur ein Scherz, außer Sie lassen sie durch einen eigenen Boten überbringen. Denn die Übersendung hierher würde zu teuer kommen.
Die Tuchhabite, von denen unser Vater spricht, sollen Sie allmählich ablegen, wenn Sie nicht so viel Geld haben, um für alle Schwestern auf einmal anderen Stoff anzuschaffen; keine darf eine Ausnahme machen. Verkaufen Sie dieselben, so gut Sie können! Benehmen Sie sich ja jederzeit recht freundlich gegen Doña Katharina de Otálora und suchen Sie diese in allem zufriedenzustellen! Sie wissen selbst, wieviel wir ihr verdanken, und Undank wäre nicht zu entschuldigen. Wenn sie an eine Nonne schreibt, so übergeben Sie ihr den Brief und tragen Sie Sorge, daß sie ihn beantwortet. Unser Herr mache Sie recht heilig!
Die Mutter Brianda empfiehlt sich Ihren Gebeten! Es steht mit ihr sehr schlimm.
Heute ist der 2. Juli.
Ihre Mutter und Ihre Schwester befinden sich wohl.
Euerer Ehrwürden unwürdige Dienerin
Theresia von Jesu
Anschrift: An die Mutter Anna vom heiligen Albert.
