275. Brief — An Pater Hieronymus Gracián in Alcalá oder in Madrid
Ávila, am 21. April 1579
Das Ende der Verfolgung und die Profeß der Schwester des Paters Gracián. Die Nonnen in Sevilla und Pater García Alvarez.
Jesus sei mit Euerer Paternität, mein Vater!
Den hier beiliegenden Brief hatte ich schon geschrieben, als ich Ihre Briefe erhielt. Unser Herr wird Ihnen wohl so freudige Osterfeiertage geschenkt haben, wie ich es wünsche und wie alle Ihre geistlichen Töchter des hiesigen Klosters ihn darum gebeten haben. Gott sei gepriesen, der unsere Angelegenheiten in einer Weise lenkt, daß dieses Fernsein zwischen uns doch einmal ein Ende nimmt und die arme Angela sich wieder über die Angelegenheiten ihrer Seele besprechen kann! Denn seit Ihrer Abwesenheit konnte sie sich nie so darüber besprechen, daß sie einen Trost empfunden hätte. Nachdem wir Leiden jeglicher Art erduldet haben, wird es uns gewiß an Stoff zur Unterhaltung nicht fehlen. Mir scheint aber, daß Euere Paternität durch diese Prüfungen am meisten gewonnen haben, da unser Herr Sie sobald belohnt hat, indem er Ihnen Gelegenheit gab, so vielen Seelen nützlich zu sein.
Doña Johanna schrieb mir in betreff unserer Schwester Maria vom heiligen Joseph einen Brief, ohne auch nur Ihren Namen zu nennen. Wenn sie auch, wie sie gesteht, in Eile schrieb, so kann ich mich doch nicht so beruhigen, daß ich mich nicht beklagen müßte. Der Priorin von Valladolid schrieb ich, daß Ihre Schwester sogleich Profeß ablegen sollte, sobald das Probejahr vorüber sei. Sie gab mir zur Antwort, daß ihr nie ein anderer Gedanke gekommen sei, als noch zuzuwarten, bis ich ihr den Auftrag gegeben hätte. Ich hatte auch wirklich gemeint, es komme wenig darauf an, weil dann auch Euere Paternität daran teilnehmen könnten. Allein es ist so besser; denn da wir so sichere Hoffnung haben, eine eigene Provinz zu erhalten, so rechne ich gewiß darauf, daß auch alles andere gut ausgehen wird.
Mein Bruder läßt sich Euerer Paternität empfehlen. Die kleine
Theresia ist sehr vergnügt und ein [gutes] Kind wie immer.
In bezug auf die Angelegenheit in Sevilla bin ich jetzt ein wenig ruhiger, weil die Nonnen dortselbst mit den Beschuhten nichts mehr zu tun haben. Der Erzbischof schrieb mir, die unbeschuhten Väter seien sehr betrübt gewesen, als die Beschlüsse ankamen; jetzt aber freuten sie sich um so mehr. Sie sind Beichtväter der Nonnen, und der Pater Vikar Angelus de Salazar schreibt mir, daß Pater Nikolaus innerhalb eines Monats nach Sevilla kommen werde, um der Mutter Maria vom heiligen Joseph wieder Sitz und Stimme zu geben und die Wahl vorzunehmen. Aus den Briefen des Paters Nikolaus ersehe ich, daß diese Nonnen große Klugheit an den Tag legen müssen und ihr Betragen dem ganzen Orden zum Vorbild dienen soll. Vor seiner Abreise muß er zu mir kommen. Es ist dies notwendig, damit wir die Vorgänge in Sevilla besser verstehen und damit ich ihm für die Mutter Maria vom heiligen Joseph gewisse Verhaltungsmaßregeln gebe, wenn man sie wieder wählen sollte. García Alvarez kommt nicht mehr ins Kloster, weil es ihm, wie er sagt, der Erzbischof verboten hat. Möge Gott in allem Abhilfe schaffen und mir die Gnade gewähren, mit Ihnen längere Zeit verschiedene Angelegenheiten besprechen zu können! Wie ich merke, müssen Sie beim Vater Joseph sehr gut stehen; daran ist alles gelegen.
Ich habe lachen müssen, als ich vernahm, daß Sie jetzt schon wieder nach Leiden Verlangen tragen. Lassen Sie uns doch um der Liebe Gottes willen ein wenig von den Leiden ausruhen, da Sie diese ja nicht allein zu tragen haben, [wenn uns solche aufs neue treffen]. Wer einmal von dieser Nahrung gekostet hat, der wird, wie ich weiß, wohl einsehen, daß es keine bessere Nahrung für die Seele gibt. Allein da ich nicht weiß, ob nicht vielleicht auch andere Personen diese Prüfungen treffen als nur jene, die darnach Verlangen trägt, darum kann ich sie nicht herbeiwünschen. Ich will damit sagen, daß es ganz verschieden ist, ob man allein für sich leidet oder ob man auch den Nächsten leiden sieht. Dies ist eine Frage, die mir Euere Paternität beantworten wollen, wenn wir uns wiedersehen. Möge unser Herr uns die Gnade verleihen, ihm in rechter Weise in dem zu dienen, was auch immer sein Wille sein mag! Möge er Euere Paternität noch viele Jahre erhalten und Ihnen jene Heiligkeit verleihen, um die ich ihn für Sie bitte! Amen.
Ich habe der Priorin von Valladolid aufgetragen, sie möge nicht schreiben, um von Doña Johanna das Geld zu verlangen; es würde doch erst nach der Profeß übergeben werden, und auch dann wäre ich noch im Zweifel, ob es geschehe. Da nämlich Ihre Schwester ohne Aussteuer aufgenommen wurde, so könnten die Nonnen gar nichts sagen, wenn sie keine Mitgift bringen würde. Sie sollten es machen wie die anderen Klöster und auf Gott ihr ganzes Vertrauen setzen. Ich wollte sonst nichts berühren und sandte der Priorin nur den Brief, den Euere Paternität an Doña Johanna adressiert hatten. Die Angelegenheit wird also auf diese Weise in Ordnung sein.
Ich wünschte auch nicht, daß Doña Johanna hierüber ein Wort mit Pater Angelus redete; denn es ist kein Grund dazu vorhanden und ist auch nicht notwendig, wenn er auch mit ihr sehr befreundet ist. Zudem wissen Euere Paternität, daß solche Freundschaften gar bald wieder ein Ende nehmen. Die Welt ist nun einmal so. Meines Wissens haben Sie mir das schon einmal in einem Briefe zu verstehen gegeben; es kann aber auch sein, daß Sie damals noch nicht an das dachten, wovon ich spreche. Teilen Sie dies in jedem Fall der Doña Johanna mit, und Gott sei mit Ihnen! Vergessen Sie nicht bei Ihren Sorgen für so viele Seelen, mich der göttlichen Majestät zu empfehlen; denn Sie wissen ja, daß Sie Gott für meine Seele Rechenschaft geben müssen.
Heute ist der letzte Osterfeiertag.
Euerer Paternität unwürdige Dienerin und Tochter
Theresia von Jesu
Teilen Euere Paternität der Doña Johanna den Tag mit, an dem die Profeß stattfindet; denn ich habe jetzt keine Zeit, ihr einen Brief zu senden. Ich schreibe an sie immer mit großer Furcht über die Angelegenheit, von der die Rede ist, und ich werde dies, obwohl ich ihr ohnehin selten schreibe, noch seltener tun. Meiner Tochter Maria vom heiligen Joseph habe ich schon geantwortet. Es wäre für mich ein großer Trost, sie in meiner Nähe zu haben, allein unser Herr will mir in keiner Weise einen Trost zukommen lassen.
Anschrift: An meinen Paulus in der Höhle des Elias.
