261. Brief — An Rochus de Huerta in Madrid
Ávila, gegen Ende Dezember 1578
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Ihnen!
Anbei folgt ein Brief an den Pater Magister Chaves. Darin teile ich ihm mit, daß Sie ihm sagen werden, wie es gegenwärtig mit unseren Angelegenheiten steht. Suchen Sie eine Gelegenheit, mit ihm zu sprechen und ihm diesen Brief persönlich zu übergeben! Geben Sie ihm Aufschluß über die Art und Weise, wie diese guten [beschuhten] Väter mit uns verfahren! Ich glaube, daß dieser Brief guten Erfolg haben wird. Ich bitte ihn darin inständig, mit dem König zu sprechen und ihm einige Ungerechtigkeiten zu erzählen, die wir unbeschuhte Nonnen von ihnen zu erdulden hatten, seitdem wir ihnen unterworfen waren. Gott verzeihe ihnen!
Auch Ihnen machen diese Männer so viele Arbeit, daß ich nicht weiß, woher Sie die Kraft dazu nehmen. Ich begreife es wohl, daß die Kosten für Sie sehr groß sind, und es fällt mir schwer, daß ich nicht leisten kann, was ich so gerne wollte, weil ich hier schon so viele Auflagen habe. So gern ich jene Väter für ihre Reise nach Rom mit Geld unterstützen möchte, sehe ich doch keine Möglichkeit dazu, da unsere Klöster den Boten bezahlen müssen, den ich sende. Es wird dies, wenn es einmal ein Ende nimmt, nicht wenig ausmachen, und ich werde alles für gut angewendet halten, wenn wir einmal in Ruhe sind. Wir werden dann meinen Wunsch dem gegenüber erfüllen können, dem wir so vieles schulden.
Aus beiliegendem Berichte werden Sie ersehen, wie wenig uns das königliche Dekret gegen die beschuhten Väter schützte. Ich weiß nicht, ob sie noch vor dem König selbst Achtung haben. Da sie daran gewöhnt sind, alles zu tun, was sie wollen — und dabei geht es ihnen hier sehr gut —, so halte ich den gegenwärtigen Zeitpunkt für überaus gefährlich, mit diesen Männern zu unterhandeln. Weil Sie mir berichten, daß die Nonnen in Pastrana und Alcalá Gehorsam geleistet haben, und ich nicht weiß, ob sie dieselbe Antwort geben wie wir, so bitte ich Sie um der Liebe willen, mir darüber Nachricht zu geben; denn unser Vater schreibt mir hierüber nichts. Ohne Zweifel war er noch nicht abgereist.
Alle Ihre Aktenstücke habe ich empfangen; für die anderen Klöster sind sie zu spät gekommen. Sagen Sie uns doch, wozu sie uns dienen können, da die Gerichtsbeamten nicht den Auftrag erhalten, diese Väter zu verbannen oder eine andere strenge Maßregel zu ergreifen. War das heute morgen eine Verhandlung! Alle, sowohl die Gerichtsbeamten als die Gelehrten und Edelleute, die sich dabei einfanden, waren entsetzt darüber, daß sie so wenig Gottesfurcht an den Tag legten. Mir hat es recht wehe getan, und ich hätte gerne gewollt, die ganze Welt möchte diese Väter hören,... aber keine von uns wagte ein Wort zu sagen. Glauben Sie, daß diese nicht in Wahrheit sagen können, sie hätten gesehen, daß wir etwas tun, was es auch immer sei. Es war nämlich Peter an der Pforte, und sobald er sie bemerkte, sagte er es meinem Bruder; als dieser mit dem Bürgermeister kam, schmerzte es mich sehr. Allein dies alles nützt uns wenig; denn man wird ohne Zweifel den Erfindungen ihrer Einbildungskraft mehr Glauben schenken als der Wahrheit unserer Worte. Teilen Sie um der Liebe willen unserem Vater alles mit; denn ich habe keine Zeit, ihm zu schreiben. Geben Sie mir Nachricht, wie es mit Ihrer und seiner Gesundheit steht!
Der Brief, den Sie, wie ich Ihnen neulich schrieb, lesen und an
unseren Vater senden sollten, ist irrtümlicherweise verwechselt worden. Jener, den ich hätte fortschicken sollen, ist hiergeblieben. Darin fragte ich unseren Vater, wie es ihm bei der Visitation der Beschuhten ergangen sei, und erzählte ihm alles, was vorgefallen. Aber ich habe geschrieben, daß man Sie davon benachrichtigen solle; auch nach Medina habe ich geschrieben. Teilen Sie mir doch das Resultat der Besprechung des Paters Balthasar mit dem Nuntius mit, wenn Sie es erfahren können, und ob die Beschuhten die unbeschuhten Patres vor das Gericht fordern; denn nach dem Wortlaut des Breves hat nur der Provinzial die Vollmacht, einen Delegierten aufzustellen. Diese Ansicht hat man wenigstens hier; aber ich weiß nicht, ob sie richtig ist.
Es diene Ihnen zur Kenntnis, daß mich die Beschuhten, wie man sagt, in ein anderes Kloster versetzen wollen. Müßte ich in eines der ihrigen, dann würden sie mir das Leben noch weit mehr verbittern als dem Pater Johannes vom Kreuz. Ich habe mir heute gedacht, daß man irgendeine Exkommunikation über mich verhängt habe, als man mir ein kleines Schriftstück zugleich mit einem anderen größeren überbrachte. Aber ich habe nicht die Verdienste des Paters Johannes vom Kreuz, um so viel zu leiden wie er. Indessen war es eine sehr große Freude für mich, daß dieser Pater … so schnell abgereist ist …
