151. Brief — An Pater Hieronymus Gracián in Andalusien
Toledo, Mitte Dezember 1576
Reform der beschuhten Karmelitinnen zu Paterna und einige Angelegenheiten des Klosters in Sevilla.
Jesus sei mit Euerer Paternität, mein Vater!
O welch einen guten Tag habe ich heute gehabt, da Pater Mariano mir alle Briefe geschickt hat, die Euere Paternität an ihn geschrieben! Es ist nicht notwendig, daß Sie ihm hierzu einen Auftrag geben; er tut es jetzt schon selber, nachdem ich ihn darum gebeten. Kommen diese Briefe auch spät an mich, so gewähren sie mir doch großen Trost.
Indessen erweisen Sie mir dadurch einen großen Liebesdienst, daß Sie mir das Wesentliche der Vorkommnisse selber schreiben. Denn die Briefe, die Sie an Pater Mariano richten, kommen, wie gesagt, erst nach langer Zeit an mich, während jeder andere, den Sie durch seine Hand an mich gelangen lassen, sogleich von ihm befördert wird. Denn wir sind ganz gute Freunde.
Was mich zum Lobpreise unseres Herrn veranlaßte, das ist die Art und Weise, die Anmut und vor allem die Vollkommenheit, die in Ihren Briefen zutage treten. O mein Vater, welch eine Majestät enthalten die Worte, die sich auf die Heiligkeit unseres Standes beziehen, und welch einen Trost verschaffen sie meiner Seele! Würden wir uns gegen Gott auch nicht um des Heiles willen getreu erweisen — denn daraus erwächst es uns ja —, sondern nur um des Ansehens willen, das er seinen Stellvertretern verleiht, so hätten wir schon den größten Gewinn davon. Da sehen Euere Paternität deutlich, daß Sie bei Seiner Majestät gut stehen. Der Herr sei gepriesen für alles, daß er mir so große Gnaden erweist und Ihnen so viel Licht und Kraft sendet! Ich weiß nicht, wie ich ihm das genügend ersetzen kann.
Der Brief, den Sie in betreff des Paters Tostado von Trigueros aus schrieben, war, ich muß es gestehen, vortrefflich. Sie haben gut gehandelt, daß Sie die Briefe zerrissen haben, in denen man wegen der bewußten Angelegenheit bei Ihnen Fürbitte einlegte. Kurz, mein Vater, Gott steht Ihnen bei und unterweist Sie, wie man sagt, klar, was Sie in allem zu tun haben. Seien Sie ohne Furcht, Ihr großes Werk wird segensreichen Erfolg haben. O welchen Neid habe ich darüber, daß Euere Paternität und Pater Anton so viele Sünden verhüten! Und ich habe dahier nur fromme Regungen.
Sagen Sie mir doch, worauf sich die Anklage gründet, die gegen die Ehre jener Jungfrau im Kloster erhoben wurde. Es scheint mir der größte Unsinn zu sein, eine solche Verleumdung auszusprechen. Aber das, was Sie mir tags darauf schrieben, geht doch über alles. O halten Sie es ja für keine kleine Gnade von Gott, daß Sie solche Prüfungen mit so vollkommener Ergebung zu ertragen vermögen. Ich versichere Sie, daß Ihnen der Herr auf diese Weise die Dienste bezahlt, die Sie ihm dort erweisen. Dies wird indessen nicht die einzige Gnade sein.
Ich bin erschrocken über jenes große Unglück, besonders insoferne es jene Messen betrifft. Ich begab mich sogleich in den Chor, um Gott für diese Seelen um Hilfe anzuflehen. Unmöglich kann die göttliche Majestät ein solch frevelhaftes Beginnen weiter um sich greifen lassen, nachdem schon die Wege zu dessen Aufdeckung eingeleitet sind.
Alle Tage lerne ich die Kraft des Gebetes mehr kennen und welch einen Wert eine Seele vor Gott haben muß, die einzig zu seiner Verherrlichung für andere betet. Ich bin überzeugt, und auch Sie, mein Vater, dürfen es glauben, daß mein Wunsch, weswegen diese Klöster gestiftet wurden, wirklich in Erfüllung geht, nämlich daß man unablässig zu Gott bete, er wolle denen beistehen, die zu seiner Ehre und in seinem Dienste arbeiten, da wir Frauenspersonen zu sonst nichts tauglich sind. Wenn ich das vollkommene Leben dieser Nonnen betrachte, so wundere ich mich nicht, daß sie so vieles vom Herrn erlangen. Es hat mich gefreut, den Brief zu lesen, den die Priorin in Paterna an Sie geschrieben, und daraus zu ersehen, welch große Geschicklichkeit Ihnen Gott zu allem verleiht. Ich hoffe zu ihm, daß diese Schwestern großen Nutzen schaffen werden, und es ist in mir ein inniges Verlangen erwacht, diese Stiftungen weiterzuführen.
Ich habe Euerer Paternität schon von dem Projekt einer Stiftung geschrieben. Nun schreibt mir die Priorin von Medina in betreff jener Stiftung beiliegenden Brief. Was die Stifterin geben will, sind nicht tausend Dukaten, sondern nur sechshundert. Es wäre schon möglich, daß jene Person, die die Stiftung wünscht, den Rest für jetzt zurückbehält. Ich habe diese Angelegenheit mit Doktor Velásquez besprochen, denn ich hatte noch Gewissenszweifel, ob ich in dieser Sache gegen den Willen des Generals handeln dürfe. Er hat mir sehr zugeredet, Doña Luise zu veranlassen, daß sie an den Gesandten schreibe, damit dieser die Erlaubnis vom General erwirke. Er sagt, der Gesandte werde dem General schon die nötige Aufklärung geben; sollte aber dieser die Erlaubnis verweigern, so möge man das Bittgesuch an den Papst selbst richten und darin hervorheben, daß diese Klöster Spiegel der Vollkommenheit für Spanien seien. So gedenke ich auch zu handeln, wenn Euere Paternität nicht etwas anderes für gut halten.
Ich habe geantwortet, daß ich warten werde, bis hinreichende Erkundigungen über das Projekt dieser Stiftung eingezogen wären; ich habe deshalb auch bereits an meinen guten Freund, Magister Ripalda, der sein Amt als Rektor des Jesuitenkollegiums zu Burgos beendigt, geschrieben, er möge sich erkundigen und mir dann Nachricht geben. Wenn das Projekt passend wäre, schrieb ich, dann würde ich Vertrauensmänner senden, um alles in Augenschein zu nehmen und über die Stiftung zu verhandeln. Wenn also Euere Paternität damit einverstanden sind, so könnten wohl Anton Gaytán und Julian de Ávila sich auf den Weg begeben, sobald die bessere Jahreszeit kommt. Euere Paternität müßten ihnen aber eine Vollmacht ausfertigen, damit sie alles in Ordnung bringen, wie es in Caravaca geschehen ist. Dann müßte ich nicht zur Stiftung hinreisen. Werden auch noch mehrere Nonnen zur Reformierung irgendeines Klosters gesendet, so reichen sie doch überall hin, wenn in den Klöstern wie in Sevilla nur wenige zurückbleiben. Ich bin auch der Ansicht, daß von den anderen Klöstern, in denen mehr Nonnen sich befinden als in Paterna, nicht bloß zwei gesendet werden, und ich hätte nichts dagegen, wenn in Paterna auch eine Laienschwester wäre, da wir ja so vortreffliche haben.
Ich habe die Überzeugung gewonnen, daß es für Nonnenklöster kein Heil gibt, wenn nicht die Obern für Wahrung der Klausur im Innern sorgen. In dieser Beziehung steht das Kloster der Menschwerdung als Muster da, so daß man Gott dafür preisen muß. O wie sehr würde ich wünschen, daß alle diese Nonnen befreit wären von der Unterwürfigkeit unter die Beschuhten! Bilden wir einmal eine eigene Provinz, dann werde ich für die Aufrechterhaltung einer strengen Klausur mein Leben einsetzen; denn von dieser Seite kommt alles Unheil in diesen Klöstern, und da hilft nichts dagegen. Wenn auch in anderen Klöstern, die den Ordensobern unterstehen, die strenge Zucht erschlafft, so tritt dies doch nicht in so erschreckender Weise zutage wie in jenen, die den Bischöfen unterworfen sind; daß dies in letzteren der Fall ist, setzt mich in Staunen. Würden die Vorgesetzten bedenken, welch schwere Verantwortung auf ihnen lastet, und würden sie jene Sorgfalt anwenden wie Euere Paternität, dann stünde es um diese Klöster ganz anders. Es wäre gewiß kein geringer Erweis der göttlichen Barmherzigkeit, wenn von heiligen Seelen unaufhörlich Gebete für die Kirche Gottes zum Himmel emporstiegen.
Was Sie in betreff der Änderung des Habits sagen, scheint mir sehr gut zu sein. Innerhalb eines Jahres kann man den neuen Habit allen Schwestern des Klosters geben. Ist es einmal geschehen, so bleibt es geschehen, und gibt es auch Unruhe, so dauert es nur kurze Zeit. Werden einige bestraft, so werden alle anderen schweigen; denn Frauenspersonen sind zum großen Teil furchtsam. Um der Liebe willen bitte ich Sie, nicht zu gestatten, daß jene Novizinnen im Kloster verbleiben, da sie so schlecht das Ordensleben beginnen. Es muß uns viel daran gelegen sein, daß die Reform dieses Klosters gelingt, da es das erste ist, bei dem der Versuch gemacht wird. Ich versichere Sie, daß diese Nonnen Ihnen ihren Dank durch die Tat beweisen würden, wenn sie Ihre Freundinnen wären.
Die Strenge unseres Paters Antonius hat mir gefallen. Für einige Nonnen war sie, wie ich weiß, nicht unnütz. An einem strengen Verfahren ist außerordentlich viel gelegen; denn ich kenne die Frauennatur. Strenge hätte bisher vielleicht manches sündige Wort verhindert, und diese Nonnen wären auch gefügiger geworden. Strenge und Milde muß man anwenden; denn so tritt uns auch unser Herr vor Augen. Halsstarrigen Leuten gegenüber gibt es kein anderes Mittel als Strenge.
Ich wiederhole, daß unsere armen Nonnen in Paterna zu vereinsamt sind. Erkrankt eine von ihnen, so ist das Elend groß; doch Gott wird ihnen die Gesundheit erhalten, da er weiß, wie sehr sie ihrer bedürfen. Alle Ihre Töchter hierzulande befinden sich wohl. Nur die in Veas martert man mit Prozessen fast bis zu Tode. Man darf sich jedoch nicht wundern, wenn sie jetzt etwas zu leiden haben, nachdem die Gründung dortselbst ohne jede Schwierigkeit vor sich gegangen ist. Nie werde ich mehr so glückliche Tage haben als jene, die ich dort bei meinem Paulus verlebte. Es hat mir gefallen, daß er sich »Ihr geliebter Sohn« unterschrieben hat. Und als ich allein war, rief ich sogleich aus: »Er hat recht!« Es war eine große Freude für mich, als ich diesen Ausdruck las; noch mehr aber würde ich erfreut sein, wenn er seine Geschäfte so glücklich zu Ende gebracht hätte, daß er wieder zu uns käme. Ich hoffe zu Gott, daß dies in seiner Macht liegen wird.
Die Krankheit der Priorin in Sevilla macht mir großen Kummer; denn man würde nicht leicht eine andere finden, die so gut für dieses Land paßt. Sorgen doch Euere Paternität dafür, daß sie gut gepflegt wird und daß sie Mittel gegen dieses andauernde Fieber anwendet.
O wie gut geht es mir mit meinem Beichtvater! Als Buße gibt er mir auf, daß ich alle Tage ein wenig mehr esse als gewöhnlich und daß ich mich gut pflege.
Meine Tochter Elisabeth ist eben bei mir und beklagt sich darüber, daß Euere Paternität sie so zum besten haben und ihr keine Antwort geben. Ich gab ihr dieser Tage ein Stück einer Melone; sie sagte mir, daß diese sehr kalt sei und sie sich damit die Kehle erfroren habe. Ich versichere Sie, dieses Kind ist so anmutig in seinen Reden, allezeit so heiter und freundlich, daß es mich sehr an meinen Vater erinnert. Möge Gott es weit mehr als mich behüten! Amen, Amen.
Es diene Ihnen zur Kenntnis, daß die Schwestern in Sevilla eine übermäßige Furcht vor ihrer Priorin und dennoch die Gewohnheit haben, ihr manches zu sagen, was Vorgesetzten gegenüber unpassend ist. Was die Studierenden betrifft, die ihnen Dienste leisten, so muß man achthaben.
Die Tochter Euerer Paternität
Theresia von Jesu
