337. Brief — An Pater Hieronymus Gracián in Medina
Valladolid, am 4. Oktober 1580
Das Erbe des Don Laurentius. Leiden der Heiligen. Petrus de Ahumada und ihr Neffe. Der Beruf des Don Franz. Das kleine Maultier des Paters Grarián.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit meinem Vater! Amen.
Heute, am Feste des heiligen Franziskus, habe ich zwei Briefe von Euerer Paternität erhalten. Diese haben mir große Freude gemacht, da ich daraus erfuhr, daß es mit Ihrer Genesung vorwärtsgeht. Gebe Gott, daß es immer so bleibe, wie ich ihn darum bitte!
Über den Vergleich habe ich mich sehr gefreut, da er überaus vorteilhaft ist; und wäre er auch weniger günstig, so würde ich mich doch glücklich schätzen, weil sich eben Prozesse für uns nicht schicken.
Man kann sagen, daß es mit meiner Gesundheit gut steht und der Appetit besser ist als vorher. Auch die Schwäche ist nicht mehr groß, da ich allmählich wieder etwas zu Kräften komme; aber eigenhändig zu schreiben, wage ich noch nicht. Nach und nach werde ich mich schon wieder erholen; haben darum Euere Paternität wegen meines Übelbefindens keinen Kummer! Der bisherige genügt hinreichend. O wie bekümmert war ich doch, daß die Mutter Priorin in ihrem Briefe keine Nachricht gab über Don Ludwig und auch nicht berichtete, ob Doña Johanna wieder gesund ist. Unsere Maria vom heiligen Joseph erhebt sich schon wieder vom Bette und ist fieberfrei; sie ist so heiter, daß man meinen sollte, sie sei gar nicht krank gewesen.
Was den Brief des Petrus de Ahumada betrifft, so soll man kein Gewicht darauf legen; ich dachte mir, er wäre noch schlimmer; es war sehr unrecht, daß er das nicht sandte, um was man ihn ersuchte. Don Franz wird mit ihm nicht zurechtkommen, wenn er seine Angelegenheiten nicht mir überläßt; vor mir hat er wenigstens noch einige Achtung. Man wird wohl viel an jenem Besitztum verlieren; da aber der Hauptsache nach doch ein Gewinn daraus erzielt wird, so ist wenig daran gelegen. Wenn mein Gesundheitszustand wieder besser ist, werden mir diese Angelegenheiten nicht mehr so viele Beschwerden machen. Die Krankheit muß wohl den Mut sehr schwächen, besonders wenn man ein Herz hat wie ich; denken Sie indessen nicht, daß ich unter dieser Last erliege!
Der Brief der kleinen Theresia hat mich sehr erfreut wie auch die Nachricht von der Zufriedenheit und Gesundheit des Don Franz. Möge sie Gott an seiner Hand halten! Falls Petrus de Ahumada sich auf einem schlechten Reitpferd nach Serna begeben will, so möge es Don Franz bei sich behalten und seinem Onkel ein gemietetes Maultier auf die Reise mitgeben. Allein er ist so empfindlich, daß er nach meinem Dafürhalten sich nicht damit zufrieden geben wird, obwohl er ein Pferd, das ihm nur Unkosten bereitet, nicht nötig hat. Don Franz soll ihm kurzweg erklären, daß er in Serna nicht Wohnung nehmen könne und ihm dort Ein und Ausgang verwehrt sei. Er soll sich von ihm losmachen, so gut er kann, und ihm weder Geld noch irgendeine Unterschrift geben. Überdies möge er ihm bedeuten, daß ihm die Rente, die mein Bruder für ihn bestimmt und die gerichtlich sehr gut geregelt ist, jederzeit zu Gebot stehe. Ich begreife nicht, wie er sagen kann, man habe ihm nichts gegeben, nachdem ihm doch die Leute in Serna auf Verwenden der Priorin hundert Realen zukommen ließen. Diese seine Melancholie ist doch etwas recht Peinliches für uns.
Obwohl ich diesen Brief nicht mit eigener Hand schreibe — denn ich vermag es nicht —, so macht mir doch mein Kopf so viel zu schaffen, daß ich mich nicht so lange mit Ihnen unterhalten kann, wie ich es gerne wünschte. Gott behüte Sie und mache Sie so heilig, wie ich ihn darum bitte! Grüßen Sie mir, bitte, die dortigen Herrschaften sowie die Mutter Priorin, Agnes von Jesu! Die Schwester vom heiligen Bartholomäus empfiehlt sich in Ihre Gebete. Es gereicht ihr zu großem Troste, daß Euere Paternität gesund sind. Ich wünschte sehr, daß Don Franz sich gegen Petrus de Ahumada strenge zeigen und ihn tadeln möge, da er sich mit Perálvarez bezüglich der Verwaltung des Gutes nicht verständigte. Einer verläßt sich auf den anderen, und so tut keiner etwas; wenn auch Petrus de Ahumada vorgibt, er nehme sich darum an, so ist dies in der Tat nicht der Fall. Es muß sowohl für dieses Besitztum als auch für die fromme Stiftung, die Franz de Salcedo den Nonnen vermacht hat, ein Verwalter aufgestellt werden. So können wir uns dieser Sorgen einigermaßen entschlagen.
Don Franz soll dem Petrus de Ahumada gegenüber keine Nachgiebigkeit zeigen, sondern ihm offen erklären, und zwar womöglich mit allem Nachdruck, daß er im Sinne habe, seinen Stand zu ändern. Die Sache läßt sich, wie Euere Paternität mit Recht bemerken, nicht mehr verheimlichen, da jener kleine Page es in Valladolid schon jedem, der es hören wollte, gesagt hat und es in Ávila noch weiter verbreiten wird; er versteht es ja zu übertreiben. Mir sagte es hier der Lizentiat Godoy; er hat es von dem ehemaligen Bürgermeister von Ávila gehört. Auch noch andere Leute berichten mir davon. Somit ist die Sache schon offenkundig, und wozu soll dann, was doch geschehen muß, noch geheimgehalten werden? Und weiß man einmal, daß sich die Sache wirklich so verhält, dann redet kein Mensch mehr davon. Übrigens scheint mir Don Franz von solcher Gemütsart zu sein, daß er auf derartiges Gerede kein Gewicht legt. Mir schrieb er einen Brief, der mich zum Lobpreise Gottes gestimmt hat. Der Herr sei mit Euerer Paternität!
Ich fürchte, jenes kleine Maultier passe nicht für Sie; und es wird nach meinem Dafürhalten gut sein, wenn Sie sich ein besseres kaufen. Verstehen Sie sich dazu, so wird sich gewiß jemand finden, der Ihnen zu diesem Zwecke Geld vorstreckt; wenn ich hier Geld erhalte, werde ich es Ihnen zusenden. Man kann auch das alte Reitpferd des Petrus de Ahumada an Sie verkaufen, vorausgesetzt, daß er es zugibt. Ich fürchte nur, daß man ein Tier kauft, das meinen Vater abwirft; von diesem kleinen Maultier fürchtete ich weniger für Sie. Ich halte es auch nicht für gut, daß Don Franz, wenn er in den Orden eintritt, die Reise mit einem Reitpferd macht, das er dem Kloster nicht überlassen kann. Handeln Euere Paternität in allem, wie es Ihnen am besten erscheint, und seien Sie nicht so zurückhaltend! Dadurch martern Sie mich zu Tode.
Euerer Paternität unwürdige Tochter
Theresia von Jesu
Lesen Euere Paternität dem Don Franz vor, was ich über Petrus de Ahumada gesagt habe! Glauben Sie mir, es wird das beste sein, diesen Mann zu mir zu senden; hier werden wir uns dann schon verständigen!
