169. Brief — An die Mutter Maria vom heiligen Joseph, Priorin in Sevilla
Toledo, am 26. Januar 1577
Dank für einige ihr zugesandte Geschenke.
Jhs
Der Heilige Geist sei mit Euerer Ehrwürden, meine Tochter!
Ich gestehe Ihnen, daß auch ich den Lobeserhebungen, die Sie und Ihre Nonnen unserem Vater, und zwar mit Recht, spenden, noch einige beifügen könnte. Ich weiß nicht, welche Versuchung über mich gekommen ist, daß ich für Sie eine überaus große Liebe trage. Ich glaube, daß Sie mir diese durch Ihre Gegenliebe vergelten. Der Herr gebe, daß wir diese gegenseitige Liebe durch inständige Gebete an den Tag legen, die wir füreinander zur göttlichen Majestät emporsenden!
Gestern, am Tage der Bekehrung des heiligen Paulus, brachte mir der Maultiertreiber Ihre Briefe samt dem Gelde und allem übrigen. Die Verpackung war so geschickt, daß es eine Freude war, sie zu sehen; auch kam alles sehr gut an. Gott vergelte Ihnen die Freude, die Sie mir durch die Sendung an die Mutter unseres Vaters bereitet haben.
Noch keine von den Priorinnen hat soviel getan. Unser Vater hat darüber große Freude. Wie sollte ich Sie darum nicht recht innig lieben, da Sie nicht aufhören, mich zu erfreuen? Nur nach dem Agnus Dei hatte ich dieser Tage ein kleines Verlangen, da ich etwas zu haben wünschte, um damit dem Administrator ein Geschenk zu machen. Dieser Mann ist bereit zu jedem Dienste, den er mir erweisen kann, und er besorgt alles aufs beste. Insbesondere hat er für das Kloster in Malagón viel getan und wird sich dafür noch mehr kosten lassen. Dieses Kloster befindet sich jetzt in solcher Armut und so ohne alle Hilfe, daß ich darüber infolge meiner Gemütsart großes Leid empfinde. Ein kleines Kreuz hat zwar jedes unserer Klöster zu tragen, allein daran liegt wenig.
Gott erweist mir dadurch, daß die Prüfungen Ihres Klosters vorüber sind, eine große Gnade, und ich weiß nicht, worüber ich mich noch beklagen soll. Insbesondere bereitet es mir großen Trost, daß alles so gut steht und Hoffnung vorhanden ist, es werde ein Teil der Schuld, die auf dem Hause ruht, abgezahlt werden können. Denn solange ich mir denken muß, daß Sie jeden Tag mehr als einen Dukaten zu zahlen haben, kann ich nicht ohne Sorge sein. Das ist ein Grund für mich, Gott zu bitten, er möge die Schwestern von dieser Last befreien. Möge es Seiner Majestät gefallen, sie wenigstens zu vermindern! Amen.
Ich komme nochmals auf das Agnus Dei zurück. Da es seine Bestimmung schon hatte, so wollte ich dessen Übersendung nicht unterlassen; denn es verlieh den übrigen Dingen des Pakets, das sehr gut ankam, ein größeres Ansehen. Von dem Balsam nahm man hier ein wenig weg, da Elisabeth sagt, man habe bei ihr zu Hause einen größeren Vorrat. Auch drei Stücke vom Zuckergebäck behielt ich zurück, damit Sie nicht meinen, meine kleine Elisabeth sei das Kind einer Stiefmutter, so daß ich ihr nichts geben dürfte; das übrige wird übersandt, und es reicht hin. Gott vergelte Ihnen alles, meine Tochter! Amen. Amen, Amen. Er belohne Sie auch für die Kartoffeln, die ganz gut und zu einer Zeit angekommen sind, in der ich sehr wenig Appetit zum Essen habe, ebenso auch für die Orangen, die einigen Schwestern Freude machten, die zwar nicht schwer krank sind, aber sich doch unwohl fühlen! Alles übrige ist sehr gut; auch die Bonbons, von denen Sie eine ganze Menge gesendet haben, sind gut angekommen und munden vorzüglich. Ich habe von diesen auch einige der Doña Luise gegeben, die heute bei mir war. Hätte ich gedacht, daß sie diese so hochschätzte, so würde ich sie ihr in Ihrem Namen zugesendet haben; denn alles, was von uns kommt, macht ihr große Freude, und wir halten es darum auch für billig, solch hohen Damen etwas Weniges anzubieten. Mein Bruder hat mir die bessere Bonbonsschachtel zurückgesendet, die Sie an ihn geschickt haben. Es war für mich ein Trost, daß Sie dies alles nichts gekostet hat. Wo Sie es für gut finden, können Sie nach Belieben für eine bestimmte Person um etwas bitten, oder wenn man Ihnen etwas schenkt, können Sie sagen, daß sie es für irgend jemand oder für eine bestimmte Person annehmen; das sind dann keine Ausgaben, die vom Kloster gemacht werden.
Der Priorin von Malagón habe ich von den Bonbons, die mein Bruder mir zusandte, nichts geschickt. Da sie nämlich starkes Fieber hatte, so würden sie für sie schädlich gewesen sein. Es wäre auch mein Wunsch, daß Sie ihr nichts zum Geschenke machen, was die Fieberhitze vermehrt; schicken Sie ihr andere Dinge, etwa süße Orangen oder was sonst für Kranke geeignet ist; denn sie hat großen Ekel vor allen Speisen. Ich wünschte recht sehr, daß sie hieher nach Toledo gebracht würde. Jetzt habe ich Hoffnung auf das Wasser von Loja. Unserem Vater habe ich schon geschrieben, er möchte uns Nachricht geben, ob er sich an jenem Orte aufhalten werde; ich würde dann die nötigen Maßnahmen treffen, um etwas von diesem Wasser zu bekommen; denn ich glaube, die Kranke werde dadurch gesunden. Deshalb rate ich ihr auch den Gebrauch dieses Wassers recht dringend an. Das, woran sie jetzt am meisten Geschmack findet, sind kleine Butterbrezeln.
Auf Ihre Briefe, die ich alle erhalten habe, möchte ich gerne recht ausführlich antworten; allein der Maultiertreiber geht morgen schon wieder ab, und Sie sehen selbst, was ich hier an unseren Vater absenden muß. Entschuldigen Sie das Porto; die Sache ist nämlich so wichtig, daß man sich auch ein höheres gefallen lassen müßte. Suchen Sie doch in Bälde mit Pater Gregor sich zu besprechen und bitten Sie ihn in meinem Namen, er möge einen zuverlässigen Menschen, vielleicht den Didakus, wenn er dort ist, senden, damit er unserem Vater diese Briefe schleunigst überbringe. Er wird es aus Liebe zu mir gerne tun. Finden Sie aber keinen ganz zuverlässigen Menschen, der sich sogleich auf den Weg begibt, so übergeben Sie gar niemandem die Briefe. Denn es befinden sich unter ihnen einige, die ich gar nicht abzusenden gewagt hätte, wenn nicht der Maultiertreiber so zuverlässig wäre.
Man kennt auch hier schon den Erlaß des Paters General, den er mir bei meiner Anwesenheit in Sevilla zugestellt hatte. Diesem Erlasse gemäß ist es nicht bloß mir, sondern auch allen Nonnen überhaupt verboten, je ihr Kloster zu verlassen. Man kann sie darum in kein anderes Kloster senden, sei es nun, um das Amt einer Priorin zu verwalten, oder einer anderen Ursache wegen. Dieses Verbot wird den vollständigen Ruin unseres Ordens herbeiführen, wenn einmal das Kommissariat unseres Paters Gracián zu Ende geht. Wenn wir auch unter der Jurisdiktion der unbeschuhten Väter stehen, so ist dies doch nicht genügend; unser Vater muß darum, solange er noch apostolischer Kommissar ist, ausdrücklich erklären, daß wir auch wie vorher in andere Klöster gesendet werden können. Für die Nonnen und für mich genügt diese Erklärung. Doch wir können jede Stunde erfahren, daß sein Kommissariat zu Ende ist. Lassen Sie sich darum die Übersendung dieser Briefe angelegen sein. Ihr Überbringer kann auf die Erklärung unseres Vaters, die nur wenig Zeit erfordert, warten und sie Ihnen zurückbringen. Senden Sie mir aber diese nicht anders zu als durch den Maultiertreiber, und legen Sie ein gutes Porto bei! Sagen Sie unserem Vater, daß ich Ihnen geschrieben habe, er möge seine Erklärung Ihnen übersenden.
Es ist wahrhaft zum Erstaunen, wie einfältig wir gewesen sind! Der Administrator, ein tüchtiger Rechtsgelehrter, und Doktor Velásquez haben alles genau erwogen und behaupten, die Sache lasse sich so machen. Sie übersenden eine diesbezügliche Weisung. Möge Gott alles so lenken, daß es zu seiner größeren Ehre gereicht! Mich hat man beauftragt, die Angelegenheit ohne Verzug ins reine zu bringen, und darum beeile ich mich auch.
Es ist ein großes Glück, daß man das Geld dem Anton Ruiz noch nicht übergeben hat, da der Alkalde, der es erheben sollte, hier ist. Den Mann, der zur Bezahlung meiner Portogebühren Geld in Verwahrung hat, habe ich beauftragt, die zwanzig Realen zu bezahlen, um nicht so kleine Schulden hängen zu lassen. Indessen soll jetzt geschehen, was Euere Ehrwürden anordnen.
Von dem indischen Harz hat man hier auch einen kleinen Teil zurückbehalten; denn ich wollte Sie schon vorher um diesen Gegenstand bitten. Die Schwestern bereiten nämlich daraus Pastillen mit Rosenzucker vermischt, die mir bei meinem rheumatischen Leiden sehr gut bekommen. Es bleibt zur Sendung noch genug übrig. Am nächsten Donnerstag wird alles sicher an seinen Bestimmungsort befördert werden. Es war für mich eine große Freude, als ich von Ihnen die Nachricht erhielt, daß Sie wieder gesund sind. Beachten Sie jedoch, daß Sie sich nicht wie eine ganz gesunde Person benehmen, damit Sie den Rückfall vermeiden; denn Ihre Krankheit hat mir schon traurige Stunden bereitet. Der Subpriorin und allen empfehle ich mich. Durch den Boten werde ich Ihnen bald wieder Briefe senden; deshalb füge ich hier nur noch bei, daß Casilda bereits Profeß abgelegt hat. Gott erhalte Sie mir, meine Tochter, und mache Sie heilig! Amen.
Euerer Ehrwürden Dienerin
Theresia von Jesu
Alles Gute an Herrn García Alvarez, an seine Base und an alle!
Anschrift: An meine Tochter, die Mutter Priorin vom heiligen Joseph in Sevilla.
