398. Brief — An Pater Hieronymus Gracián in Salamanka
Ávila, am 29. November 1581
Abreise der Gründerinnen nach Granada. Die acht Taler des Anton Ruiz und die Versuchung der Heiligen. Die Gründung in Burgos. Befürchtungen bezüglich ihrer Nichten Theresia und Beatrix.
Jesus sei mit Euerer Hochwürden!
Die Schwestern haben uns heute verlassen. Die Trennung fiel mir sehr schwer, und ich fühle mich recht einsam. Den Abreisenden ist nicht so zumute, vor allem nicht der Schwester Maria von Christus, die am meisten darauf drang, zur Gründung [nach Granada] gehen zu dürfen. Es war schon allgemein kund geworden, und die andere Schwester wäre, wie Sie wissen, nicht geeignet gewesen zu diesem Werke. Da Sie mir jedoch geschrieben hatten, ich solle sie dorthin senden, so hatte ich große Gewissensängste, sie zurückzubehalten. Aber Doktor Castro hat mich wieder davon befreit.
Pater Johannes vom Kreuz hätte Ihnen gerne Geld gegeben; er
hat sicher darauf gerechnet, einiges von dem, was ihm für seine Reise gegeben worden war, zu erübrigen; allein es war ihm nicht möglich. Er wird, wie ich denke, alles aufbieten, um Ihnen später Geld senden zu können.
Don Anton Ruiz ist vor drei oder vier Tagen hier angekommen und dachte sehr ernstlich daran, mich nach Burgos zu begleiten. Er hatte ein großes Verlangen, Euere Hochwürden hier zu treffen, und er will Ihnen selbst schreiben. Ich habe von ihm zwei Geldstücke erhalten, um sie Ihnen zu geben; und nach meiner Ansicht besitzt jedes von ihnen einen Wert von vier Talern. Ich behalte sie, bis ich einen zuverlässigen Boten finde, um sie Ihnen zu senden. Es fällt mir schwer, sie abzugeben; denn bei der jetzigen Lage der Dinge wäre es nicht zu verwundern, wenn ich der Versuchung, sie zu stehlen, unterliegen würde.
Beiliegenden Brief nebst anderen, die sie selbst schrieb, sandte mir Agnes von Jesu; unsere Abreise wird frühestens nach den Weihnachtsfeiertagen stattfinden. Ich habe ihr dies schon geschrieben und zugleich Ihre Ankunft in Palencia mitgeteilt, damit sich die Damen dort gedulden. Diese gute Mutter muß allem Anscheine nach deshalb so drängen, weil sie sieht, wie sehr die Damen für die Gründung begeistert sind. Verpflichten sich darum Euere Hochwürden nach Ablauf des Advents keineswegs, anderswo zu predigen, da Sie hier ein Feld finden werden, wo Sie Ihren Eifer betätigen können!
Doktor Castro wünscht sehr, daß Sie während der Weihnachtsfeiertage zu ihm kommen; auch ich erwarte Sie, aber meine Wünsche werden sich kaum erfüllen.
Ich kann jetzt wohl nicht umhin, die kleine Theresia mit mir zu nehmen. Es ist dies auch die Meinung des Doktors Castro, der meine Ansicht in hohem Grade billigt. Meine Abreise geht ihr so zu Herzen, besonders seit die anderen Schwestern fort sind, daß dies notwendig sein dürfte. Sie ist sehr traurig, und ich weiß nicht, was sie tun würde, wenn sich irgendeine Gelegenheit ergäbe. Ich hielt es darum für gut, ihr einige Hoffnung zu machen, trotzdem es mir sehr schwerfällt. Gott sei die Ehre, der will, daß alle Unwetter auf mich einstürmen!
Ich prüfe mit der größten Sorgfalt, welche Schwester ich hier als meine Stellvertreterin zurücklassen soll, und ich kann keine bestimmte Wahl treffen. Wenn ich bedenke, wie weit sich das Verlangen der Schwester Anna vom heiligen Petrus, uns zu verlassen, schon verbreitet hat, so kann ich mich, obgleich sie gegenwärtig die vorzüglichste ist, nicht entschließen, ihr dieses Amt zu übertragen; es ist dies etwas Schreckliches. Die Schwester Marianna wäre meiner Ansicht nach zu diesem Amte geeignet, wenn man die vielen Fähigkeiten in Betracht zieht, die sie besitzt; aber Pater Julian dürfte nicht hier sein. Er zieht sich indessen jetzt mehr zurück und mischt sich in nichts mehr ein. Gott wird Euere Hochwürden erleuchten, und wir werden dann über dies alles bei Ihrer Ankunft sprechen.
Gestern war das Schleierfest. Mutter und Tochter sind ganz außer sich vor Freude. Dies alles hat mich sehr ermüdet, und zudem konnte ich erst um zwei Uhr mich zur Ruhe begeben. Von den Schwestern, die ich für Granada bestimmt habe, sind drei von hier, drei sowie die Mutter Anna von Jesu, die das Amt der Priorin bekleiden wird, sind von Veas, zwei Schwestern von Sevilla und zwei Laienschwestern von Villanueva de la Jara; alle sind vorzügliche Nonnen. Die Mutter Priorin des letztgenannten Klosters schrieb mir, daß es passend sei, diese zu nehmen, da sie fünf Laienschwestern habe. Sie hat recht gehabt, und es dient dies zur Entlastung dieses Klosters; auch setzt man auf Granada große Hoffnungen. Anna von Jesu wird wohl etwas dagegen sein, da sie selbst alle Anordnungen hätte treffen wollen. Wenn Ihnen diese Ergebnisse meiner Wahl zusagen, dann dringen Sie darauf, daß man sich füge, da man keine besseren Schwestern finden wird; im anderen Falle aber treffen Sie, bitte, selbst die Wahl! Gott sei mit Ihnen! Weil ich mich erst um zwei Uhr nach Mitternacht zur Ruhe begab und in aller Frühe wieder aufstand, ist mein Kopf in schlimmer Verfassung.
Es kommt mir eben in den Sinn, daß es vielleicht Unannehmlichkeiten mit sich bringen könnte, wenn ich Theresia und Beatrix zugleich mit nach Burgos nehmen würde; es ist durchaus nicht möglich, daß beide mitsammen mich begleiten, da mir dies beschwerlich fallen würde. Andererseits könnte mir Theresia etwas behilflich sein, da sie das Breviergebet sehr gut verrichten kann. Darum werde ich ihr gar nichts sagen; und Beatrix wird sich hüten, mich in diese Verlegenheit zu bringen. Es schickt sich meiner Ansicht nach nicht, daß Sie mit Mutter Thomasina kommen.
Euerer Hochwürden unwürdige Dienerin und
Untergebene
Theresia von Jesu
