273. Brief — An Pater Hieronymus Gracián in Madrid
Ávila, anfangs April 1579
Abschluß der Verfolgungen. Pater Angelus de Salazar zum Generalvikar der Reform ernannt. Vorbereitung zur Absendung zweier Patres nach Rom.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Euerer Hochwürden, mein Vater, und er vergelte Ihnen den Trost, den Sie mir durch die Hoffnung, Sie zu sehen, bereitet haben! Dies wäre wahrhaftig eine sehr große Freude für mich. Darum bitte ich Sie um der Liebe unseres Herrn willen, Ihre Reise so einzurichten, daß dies möglich ist; denn wie der Verzicht auf eine Freude, auf die man nicht mehr hofft, schon peinlich ist, so ist es noch schmerzlicher, auf eine Freude verzichten zu müssen, mit der man rechnet. Ich bin überzeugt, daß unsere Zusammenkunft Seiner Majestät zur Ehre gereichen wird. Da mich der Gedanke, Sie bald wieder zu sehen, so sehr erfreute, habe ich die Wahl des neuen Vorgesetzten gerne hingenommen. Möge es unserem Herrn gefallen, daß er nur kurze Zeit dieses Amt zu verwalten hat! Ich meine jedoch damit nicht, daß er bald sterben soll; er hat offenbar unter den Beschuhten die meiste Befähigung und wird rücksichtsvoll gegen uns verfahren, da er Einsicht und Klugheit besitzt und wohl erkennt, wie weit er gehen darf. In gewisser Beziehung ist den Beschuhten diese Wahl ebenso unlieb als uns. Denn als Personen, die nach Vollkommenheit streben, können wir uns nichts Besseres wünschen, als den Herrn Nuntius zum Oberen zu haben, da er uns allen Gelegenheit gegeben hat, Verdienste zu sammeln.
Daß Pater Gregor schon in seinem Kloster ist, dafür preise ich unseren Herrn, und ich werde dasselbe tun, wenn Sie es dahinbringen, daß die Priorin in Sevilla wieder in ihr Amt eingesetzt wird; denn das ist notwendig. Sollte dies nicht geschehen, so wäre Elisabeth vom heiligen Franziskus die geeignete Person. Denn jene, die jetzt dem Kloster vorsteht, ist eine lächerliche Figur, die das Kloster zugrunde richten kann. Der Herr leite diese Angelegenheit, wie es ihm am wohlgefälligsten ist, und vergelte Euerer Hochwürden die Sorgfalt, die Sie diesen armen Fremden zuwenden! Wenn ihnen nur der Provinzial der Beschuhten nichts zu befehlen hat, so ist dies schon ein großer Trost für sie; sie können dann wenigstens wieder Briefe schreiben und empfangen. Durch Vermittlung des Priors de las Cuevas habe ich ihnen einen Brief gesandt, und ich werde mich keineswegs aufregen, wenn er in die Hände des Provinzials fällt. Ich habe mit dieser Möglichkeit schon beim Schreiben gerechnet.
Unser Bote hat schon alles in Ordnung gebracht; je öfter ich mich mit ihm bespreche, desto mehr Hoffnung gewinne ich, daß er sich seines Auftrages mit bestem Erfolg entledigen werde. Hier waren indessen unsere Ansichten geteilt; ich wünschte nämlich, daß man von dem Briefe des Königs eine Abschrift nehme und sie sogleich mit dem ersten Eilboten an den Kanonikus Montoya sende, sowie auch einen Brief von mir, den ich an seine Mutter adressiere. Dem Kanonikus schreibe ich, daß ihm dieser Brief des Königs direkt oder durch die zwei Patres zugesandt werde, die nach Rom reisen, um unserem Pater Generalvikar den Gehorsam zu leisten. Da es sich um eine so wichtige Sache handelt, ist es nach meinem Dafürhalten besser, sie auf zwei verschiedenen Wegen zu betreiben. Denn wir haben keine Gewißheit darüber, ob unsere Deputation guten Erfolg erzielen wird; es wäre nämlich für uns bei unseren gegenwärtigen Verhältnissen peinlich, auf eine weitere Absendung von Patres zu warten. Da der Kanonikus uns schon seine Vermittlung in dieser Angelegenheit zugesichert hat, so wäre es auch nicht gut, ihn ganz beiseite zu setzen; denn er könnte uns als guter Freund im Laufe der Zeit noch viele Dienste erweisen. Auch wird sich die Sache gerade nicht so leicht machen lassen, und die Vermittlung des Kanonikus kann nie schaden. Ich würde es sogar vorziehen, wenn er die Angelegenheit für sich allein betriebe und die beiden Patres sich direkt zum Generalvikar begäben, da ich wenig Vertrauen habe, daß alles geheim bleiben wird. Wenn die beiden Patres mit diesem oder jenem verhandeln, so könnte der Pater Generalvikar es erfahren und sich vielleicht beleidigt fühlen, daß sie sich nicht sogleich an ihn wandten, was beim Kanonikus nicht zu befürchten ist.
Pater Johannes behauptet, es sei für ihn nicht mehr nötig, nach Rom zu reisen, wenn der Kanonikus sich um die Angelegenheiten annimmt. Aber es gibt so viele Gründe zur Reise, daß man wohl die beiden angegebenen Wege einschlagen muß. Wollte Gott, daß dieser Pater bei seiner Ankunft in Rom schon alles in Ordnung fände! Er und sein Gefährte werden dort durch ihre Anwesenheit nicht wenig Nutzen schaffen, wenn die Ordensobern in Rom sehen, daß diese unbeschuhten Väter mehr klösterliche Zucht an den Tag legen und achtenswerter sind als jene, die sie dort kennenzulernen Gelegenheit hatten. Überdies könnten diese beiden Ordensmänner dem Pater Generalvikar über alles Rechenschaft geben...
