58. Brief — An die Mutter Maria Baptista, Priorin in Valladolid
Segovia, nach dem 11. Juni 1574
Heiliger Tod der Elisabeth von den Engeln. Spezielle Empfehlungen.
Jhs
Der Heilige Geist sei mit Euerer Ehrwürden, meine Tochter!
Da Sie so lange nicht schreiben, so würde mich der Gedanke, ein Übelbefinden sei die Ursache davon, mit Kummer erfüllen, hätte mir nicht die Priorin von Medina Nachricht gegeben, daß Sie sich wohl befinden. Gott sei dafür gepriesen! Denn ich wünsche von ganzem Herzen, daß Sie gesund sind. Die anderen Schwestern mögen immerhin krank sein, wenn es zum Dienste Gottes ist; denn so werden sie Gelegenheit haben, sich Verdienste zu sammeln.
Es diene Ihnen zur Kenntnis, daß der Herr Elisabeth von den Engeln, um derentwillen es in Medina Streitigkeiten gegeben, zu sich berufen hat. Sie starb eines so lieblichen Todes, daß man eine, die in solcher Weise stirbt, für eine Heilige halten möchte. Ganz gewiß ist sie zu Gott gelangt, und ich unnützes Geschöpf bleibe hier. Ich litt drei Wochen lang an einem fürchterlichen Schnupfen mit vielen anderen Unpäßlichkeiten. Jetzt befinde ich mich besser, obgleich mich das Übel noch nicht ganz verlassen hat; ich bin voll Freude über die Neuigkeiten, die ich an Pater Dominikus schreiben kann. Danken Sie alle miteinander unserem Herrn, wie wir es hier schon getan haben. Er sei gepriesen für alles!
Den beiliegenden Brief wollen Sie an die Priorin [des Klosters] von der Mutter Gottes schicken. Ich sende ihr hier eine Arznei, die mir, wie ich glaube, geholfen hat. An ihrer Krankheit nehme ich innigen Anteil; denn ich kenne sie, da auch ich diese Jahre hindurch an demselben Übel so sehr gelitten habe. Es ist dies ein Schmerz zum Erbarmen. — Was fällt denn der A. ein, daß sie mir Schwarzwurzel schickt? Kaum hatte ich davon gekostet, da befiel mich ein entsetzlicher Ekel vor solchen Süßigkeiten. Trotzdem habe ich ihre Sorge um mich hochgeschätzt; das Übersandte paßt für die anderen, besonders für Elisabeth. Diese scheint die Artigkeit und Liebe selbst geworden zu sein.
Wie ungeschickt sind Sie doch, daß Sie mir Entschuldigungen vorbringen lassen wegen der Handarbeiten und des übrigen! Bis wir uns persönlich sehen, getraue ich mir nicht, Ihnen meine Meinung über das Ganze zu sagen. Sie sollen wissen, daß ich bezüglich jener Seele von Tag zu Tag immer freier werde und keine weiteren Befürchtungen hege, wenn ich nur sicher bin, daß sie vor der Beleidigung Gottes geschützt ist; denn in dieser Beziehung habe ich schon entsetzliche Fälle und Gefahren erlebt. Ich liebe diese Seele gar sehr und glaube, Gott habe mir diese liebende Sorge für sie eingegeben; allein je argloser sie ist, desto mehr bin ich in Furcht, und darum ist es mein innigster Wunsch, daß es ihr da, wo sie geborgen ist, gefallen möge. Übrigens ist es gewiß, daß es in diesem Leben nirgends eine volle Sicherheit gibt, und nie dürfen wir uns für sicher halten; denn wir stehen unablässig im Krieg und sind umringt von vielen Feinden.
Sehen Sie, meine Tochter, wenn ich frei bin von einem so großen Leiden, wie es mich hier betroffen hat, so setzt mich selbst eine kleine erste Regung über einen Vorfall in großen Schrecken. Dies sei jedoch nur für Sie allein gesagt; denn eine Seele, die mich noch nicht begreift, muß nach ihrer Gemütsart geleitet werden. Und gibt es je eine Person, die diese kleine erste Regung in mir hervorzubringen vermag, so ist es jene, an die ich schreibe. Aber dies Wenige geht einer freien Seele tief zu Herzen, und vielleicht will Gott, daß ich es so sehr empfinde, damit gesichert werde, was zu seinem Dienste notwendig ist. O meine Tochter, was ist dies doch für eine Welt, in der wir leben! Hätten Sie auch meine Jahre, so würden Sie diese doch immer noch zu wenig kennen. Ich weiß nicht, wozu ich dies schreibe, da ich doch zur Beförderung dieses Briefes keinen verlässigen Boten habe; ich würde einem solchen eine gute Entlohnung geben.
Was immer Sie für Doña Guiomar tun, ist wohlgetan; denn sie ist heiliger, als man weiß, und voll Leiden. Es heißt viel, daß die Bewußte so in Frieden gegangen ist. Gott gebe, daß es uns mit jener, die wir aufgenommen haben, besser ergehe! Meinerseits ist dies mit großer Furcht geschehen; denn solche, die von anderen Klöstern kommen, werden sich nicht so leicht in den unsrigen zurechtfinden. Übrigens scheint es bis jetzt nicht übel zu gehen. Elisabeth wird Ihnen darüber schreiben ...
Bis hieher hatte ich schon geschrieben und noch keinen Boten ausfindig gemacht; jetzt sagt man mir, daß einer da sei und ich ihm die Briefe sogleich schicken sollte ...
